Seit das neue Wasserwerk Schabelwiesen seinen Betrieb aufgenommen hat, türmt sich ein großer Fragenberg rund um die Wasserversorgung von Bad Dürrheim und Brigachtal. Hintergrund sind berechtigte Sorgen um die Qualität des Lebensmittels Nummer eins.
Bislang rann das wertvolle Nass praktisch geruchs- und geschmacksneutral aus den Hähnen. Seit Inbetriebnahme des hochmodernen Wasserwerks in Sichtweite der B27/B33 hat sich dies jedoch geändert.
Zahlreiche Fragen an die beiden Gemeindeverwaltungen ließen bei den beiden Bürgermeistern Jonathan Berggötz von Bad Dürrheim und Michael Schmitt aus Brigachtal den Entschluss reifen, mit einer hochkarätig besetzten Informationsveranstaltung den Bürgern klares Wasser einzuschenken.

Sachliche Stimmung bei der Versammlung
Knapp 100 Interessenten füllten das Haus des Bürgers. Die Stimmung während der Veranstaltung blieb die ganze Zeit ausgesprochen sachlich. Im Laufe des Abends spielten zwei inhaltlich voneinander getrennte Sachverhalte eine wesentliche Rolle.
Wusste man bislang sowohl in Brigachtal als auch in Bad Dürrheim, dass sehr hartes Wasser nicht nur Kaffeemaschinen, sondern auch der Wasserinstallation erheblich zusetzten, war das Thema Chlorung nur zeitlich begrenzt während einer Verunreinigung mit Enterokokken ein Thema.

Nach dem Start des neuen Wasserwerkes war nun allenthalben Chlorgeruch oder gar Chlorgeschmack bei der Verwendung des Trinkwassers wahrnehmbar, was den Unmut der Bürger nach sich zog. Auch der zweimalige Ausfall der neuartigen Clarix-Entkalkungsanlage hinterließ sorgenvolles Stirnrunzeln.
Zunächst ergriff Bad Dürrheims Tiefbauchef Joachim Potelka das Wort und umriss die Geschichte des neuen Wasserwerkes, das als Kooperationsprojekt der benachbarten Kommunen bereits 2018 auf den Weg gebracht wurde.
Riesige Stahltanks, ein Gewirr von Rohrleitungen und eine komplexe elektronische Steuerung sollen für sauberes und vor allem weiches Trinkwasser in beiden Gemeinden sorgen.
Wird das kostbare Nass zunächst rein mechanisch in einer Ultrafiltrationsanlage von feinsten Schwebestoffen befreit, sorgt ultraviolettes Licht dafür, dass vorhandenen Keimen und Bakterien der Garaus gemacht wird.
Dann folgt Zusatz von geringen Mengen Chlor, welches direkt aus Kochsalz (chemisch Natriumchlorid) gewonnen wird. Damit gehört die Chlorung mit ätzenden Chemikalien der Vergangenheit an.

Warum das Wasser jetzt nach Chlor riecht
Das aus den geologischen Schichten des Muschelkalkes gewonnene Tiefbrunnenwasser kommt mit einem Härtewert von 25dH im Wasserwerk an. Aufgabe des neuen Wasserwerkes ist es, Wasser mit einer durchschnittlichen Härte von 8dH an die Verbraucher zu leiten. Geringere Härtegrade führen dazu, dass das Wasser dann Rohrleitungen und Hausinstallationen schädigen kann.
Das Zusammenspiel von weicherem Wasser und der notwendigen Chlorung hat nun spürbare Auswirkungen auf die Verbraucher. Über viele Jahre hat sich ein Schutzfilm in den Verteilerrohren gebildet, der nun wegen des weicheren Wassers abgebaut wird. Die abgelösten Teilchen reagieren mit dem Chlor im Wasser und führen zu den Geruchs- oder Geschmacksauswirkungen.
Herstellerfirma räumt Probleme ein
„Bei der Chlorung fahren wir derzeit 0,1 mg Chlor pro Liter Wasser!“, so Patelka. „Das entspricht einem Tropfen Chlor auf 1000 Liter Wasser.“ Die Trinkwasserverordnung erlaubt maximal 0,3 mg Chlor.
Dass es seit Beginn des Betriebes Ende Februar zu Störungen gekommen ist, stellen die Verantwortlichen nicht in Abrede. „Bei einem so komplexen Prozess kommt es immer wieder zu Kinderkrankheiten, die es zu richten gilt“, erklärte Holger Seifert von der Bayreuther Herstellerfirma Veolia Water Technologies.

Aktuelle Chlorung verteidigt
Die stellvertretende Leiterin des Staatlichen Gesundheitsamtes, Tatjana Ritter, unterstrich die unbedingte Notwendigkeit der gegenwärtigen Transport-Chlorung. „Die Chlormenge liegt am unteren Grenzwert und entspricht den Vorgaben der Trinkwasserverordnung“, so die Ärztin.
Sie möchte mit der Dauerchlorung auch einer bakteriellen Verunreinigung und dem daraus folgenden Abkochgebot wie im Jahr 2020 entgegentreten.

Die anschließende Fragerunde war geprägt von kritischen Anmerkungen und Fragen, die von den Fachleuten auf dem Podium größtenteils zufriedenstellend beantwortet werden konnten.
Allein die Frage nach einem möglichen zeitlichen Ende der Transportchlorung konnte niemand beantworten, überwiegt deren Nutzen doch gegenüber einer nicht vorhersehbaren Verkeimung mit anschließender Notchlorung mit einer wesentlich höheren Chlorbeimischung.
Bürgermeister sieht auch eine „Holschuld“
Auch wurde eine mangelhafte Informationspolitik angeprangert. Bad Dürrheims Bürgermeister Jonathan Berggötz konterte mit den Worten: „Es gibt nicht nur eine Bringschuld, sondern auch eine Holschuld in Sachen Informationen!“. Bad Dürrheim und Brigachtal hätten immer schnell und zuverlässig über die Betriebszustände informiert.
Ebenfalls zu Sprache kamen mögliche Leitungsspülungen, um den Chlorgeruch möglichst schnell zu beseitigen. Bad Dürrheims Wassermeister Sven Teubert nickte bei diesem Vorschlag zustimmend.
Seitens des Podiums wurde auch darauf hingewiesen, dass der Chlorgeruch auch auf verunreinigte Perlatoren oder verschmutzte Feinfilter in der Hausinstallation herrühren können. Wenn diese gereinigt werden, führe das zu einem spürbaren Rückgang des Geruchs.
Chlorgehalt soll alsbald gesenkt werden
Der Brigachtaler Bürgermeister Michael Schmitt unterstrich die eigene Betroffenheit beim Wasserkonsum aus dem Wasserwerk Schabelwiesen: „Es liegt in unser aller Sinn, dass wir als Bürger bestes Trinkwasser geliefert bekommen“. Bad Dürrheims Bürgermeister Berggötz ergänzte: „Wir haben alle das Ziel, gute Arbeit zu leisten und alsbald den Chlorgehalt in unserem Wasser zu senken“. Letztlich zeigten sich die Bürger recht zufrieden mit der Veranstaltung. Am Ende gab es sogar Beifall des Publikums.