Bad Dürrheim Erneut überzeugte das Sommertheater wieder mit seinem Programm und sorgte für eine gut gefüllte Tribüne am malerischen Salinensee. Mit dem Stück „Die drei Muske(l)tiere“ haben Andreas Jendrusch und sein Team wieder einmal bewiesen, wie viel Herzblut und Verstand sie in ihre Darstellung einfließen lassen. Von „Don Quichotte“ über „Romeo und Julia“ oder auch „Huckleberry Finn“ hat man sich schon einiger bekannter Stücke angenommen.
Der kulturelle Kern steht bei allen Aufführungen im Vordergrund. Komödie und Humor mit einfließen zu lassen dient eher als Stilmittel, statt das ursprüngliche Thema zu verwässern. Dieses Mischen aus Klassik und Moderne verleiht jeder Darbietung seinen eigenen Charme und motiviert auch jüngeres Publikum, sich mit eben dieser Kultur auseinanderzusetzen beziehungsweise darin einzutauchen. So auch bei den Muskeltieren.
Ursprünglich sei ein komplett anderes Thema geplant gewesen, so Andreas Jendrusch. Aus dem Buch „Lichtenstein“ von Wilhelm Hauff habe er eigentlich eine Geschichte über den Bauernkrieg erzählen wollen. Man habe diese Idee allerdings wieder verworfen, da man das Bad Dürrheimer Publikum kenne und das Thema nicht die gewünschte Botschaft transportiert hätte. Dann kam der Vorschlag zu den Musketieren auf. Nachdem die kreativen Säfte in Wallung gerieten und man mit dem Ergebnis sehr zufrieden war, wurde grünes Licht für die Umsetzung gegeben.
Die Geschichte startet unerwartet in der heutigen Zeit mit dem jungen Noah, der von Krankheit gebeutelt zu Hause gelangweilt im Bett beziehungsweise auf der Couch liegt. Er ruft nach seiner Mutter, die schnell herbeieilt, um sich um ihren kranken Sohn zu kümmern. Wie kaum anders zu erwarten, findet sie ihn mit dem Handy in der Hand vor. Sie ermahnt ihn, das Handy beiseite zu legen, da es der Genesung nicht diene und es nicht gut sei, den ganzen Tag auf den Bildschirm zu starren. Also unterbreitet sie ihm das Angebot, ein Buch vorzulesen. Anfangs widerwillig, lässt sich der Sohn aber doch auf das Angebot ein und die Geschichte der drei Muske(l)tiere beginnt.
Anais, Paulette und Amelie sind drei Frauen im Frankreich des 17. Jahrhunderts, deren Schicksal sich unverhofft verknüpft, als sie sich eines Tages im Wald begegnen, jede in einer brenzligen Situation mit einem Mann. Gegenseitig helfen sie sich aus der Patsche. Paulette ist stark wie ein Bär, allerdings auch impulsiv und aufbrausend; Amelie wortgewandt und etwas geschwätzig; Anais eher ruhig und überlegt. Sie erkennen schnell, dass sie zusammen ein gutes Gespann bilden und sind überzeugt, es mit jedem aufnehmen zu können, da sie ohnehin alles genauso gut oder noch besser können als das männliche Geschlecht.
Eines Tages fällt ihnen ein Flugblatt in die Hände, in dem steht, dass in der Garde des Königs nach neuen Männern gesucht wird. Die Damen beschließen kurzerhand, sich als Männer getarnt dort zu bewerben – mit Erfolg. Als Athos, Porthos und Aramis erleben die drei Reckinnen dann so manches Abenteuer und werden bald vom Kardinal zu den drei Muske(l)tieren ernannt. Ihre Tarnung scheint perfekt, bis sie dem jungen D‘Artagnan über den Weg laufen, der ihre Maskerade durchschaut. Als fähiger Fechter wird er ebenfalls zum Muske(l)tier, auch weil die Angst zu groß ist, dass er die Wahrheit ans Licht bringen könnte.
Als auch noch ein Stallbursche die Nachricht überbringt, dass eine Intrige im Gange ist, um den König zu stürzen, angeleiert von Hauptmann Rochefort und Lady Winter, fackeln die Helden nicht lange und vereiteln deren finstere Pläne in letzter Minute. D‘Artagnan wird daraufhin zur persönlichen Leibgarde befördert, und die verbleibende Truppe trägt dafür Sorge, die Werte der Muskeltiere an die nächste Generation weiterzugeben.
Die Inszenierung ist eine wunderschöne Geschichte über Freundschaft und Gemeinschaft. Ein Beispiel für jeden Menschen, der nicht sein darf, wie er ist. Das Stück bietet einen tiefen Einblick in die Welt und ebenso einen Blick in sich selbst – das Ganze mit so viel Humor gepaart, wie man es von Regisseur und Intendant Jendrusch kennt, immer mit einem etwas ungewohnten Blick auf das eigentlich Offensichtliche. Das Bad Dürrheimer Publikum zeigte sich begeistert.
Die Akteure
Regie und Aushilfe:Andreas Jendrusch