Jeder Dreh am Gasgriff erzeugt Wohlbefinden: Nach einem harten Arbeitstag steht vielen Bikern der Sinn nach einer entspannten Tour. Besonders bei den älteren Fahrern kommt noch ein Hauch an Exklusivvergnügen und Nostalgie dazu. Motorradfahren ist eine der faszinierendsten und außergewöhnlichsten Fortbewegungen: Schräglage erfahren, Natur und das Gefühl von Freiheit erleben. Gleichzeitig müssen sich Motorradfahrer häufig vorwerfen lassen, leichtsinnig oder gar lebensmüde zu sein.

Und wer ein Supersportmotorrad sein Eigen nennt, der ist sowieso ein wilder Raser, wegen dem an Wochenenden manche landschaftlich besonders reizvollen Strecken gesperrt werden, damit die Anwohner ohne Lärm aus offenen Auspufftüten ihren Sonntagskaffee genießen können. Und Frauen auf Motorrädern werden von manchen Zeitgenossen immer noch belächelt, können die ihre Maschine mangels Kraft doch nicht einmal aufheben, sollte sie mal umgefallen sein. Motorradfahrer sind laut und ungehobelt. Sie haben keine Manieren, sind gefährlich und gewalttätig. Soweit die gängigen Vorurteile.

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Der SÜDKURIER hat mit zwei Blumberger Motorradfahrern gesprochen, die dem Klischee des hirnlosen Motorrad-Heizers so gar nicht entsprechen: mit Cornelia Rösch-Hewer, Leiterin des Kindergarten Epfenhofen, und mit dem Unternehmer Robert Eby, der dem Blumberger Skiclub vorsteht.

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Bei Eby stehen zwei Motorräder in der Garage, die jeden sportlich angehauchten Motorradfreund mit der Zunge schnalzen lassen: eine KTM Superduke 1290 und eine Ducati Panigale, zwei leichte und leistungsstarke Motorräder, die ohne große Umbaumaßnahmen auf einer Rennstrecke bewegt werden können. Und genau dort tobt sich Eby regelmäßig auch aus und genau deswegen kennt er auch seine Grenzen und die seiner beiden Maschinen. Auf der Straße, so erzählt er auf Nachfrage, habe er noch nie einen Unfall gebaut.

Ganz wichtig sei es für Motorradfahrer, für andere Verkehrsteilnehmer mitzudenken, sobald das Helmvisier heruntergeklappt wird. Ein Motorradfahrer muss brenzlige Situation antizipieren können. Eby hat beobachtet, dass vor allem ältere Biker, die ihre in jungen Jahren ausgelebte Leidenschaft wiederbeleben, besonders unfallgefährdet seien. Da werde sich gerne selbst überschätzt. Eby hat an Fahrsicherheitstrainings auf der Nordschleife des Nürburgrings teilgenommen und berichtet, dabei viel gelernt zu haben, vor allem, wie man brenzlige Situation meistert.

Außerdem sei es für einen Motorradfahrer auch immer von Vorteil, ein wenig sportlich zu sein. Als Blumberger Skiclub-Chef ist Eby im Winter häufig auf zwei Brettern unterwegs: „Das schult die Koordinierungsfähigkeit.“ Und noch einen Rat gibt er mit auf den Weg: „Wenn Du Dich auf Dein Motorrad setzt, dann sollte der Kopf frei sein. Und wenn Du Dich unwohl fühlst, dann solltest Du sofort umdrehen.“

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Cornelia Höwer-Rösch steht auf komplett andere Motorradtypen als Eby: Sie nimmt auf der äußerst komfortablen Sitzbank einer Harley Davidson Fat Boy Platz. Schon als 15-Jährige düste sie auf einem Mofa durch die Gegend und arbeitete sich im Laufe der Jahre über kleinere Geländemotorräder und Japan-Chopper bis zu dem „American Iron“ aus Milwaukee hoch. „Wenn ich mit meiner Clique unterwegs bin, dann fahren wir immer so zwischen 80 und 90 Stundenkilometer“, plaudert sie aus dem Nähkästchen. Sobald die Erzieherin den Zündschlüssel umdreht und der dicke Zweizylinder unter ihr zu beben beginnt, will sie Entspannung vom Alltag finden. Das sei ihre Motivation, eine schwere Maschine zu bewegen.

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Gar nicht gut zu sprechen ist Rösch-Höwer auf die Selbstdarsteller, die den Randenaufstieg zu ihrer privaten Rennstrecke machen. Erst am vergangenen Wochenende sei sie dort wieder von drei Motorrädern mit Schweizer Kennzeichen überholt worden, die Knie der Piloten kratzten dabei über den Asphalt. Sie kann durchaus verstehen, dass manche Biker den Randenaufstieg zwei Mal hintereinander unter die Räder nehmen, weil das Kurvenfahren ja besonders viel Spaß mache. Doch dass da einige verkappte Rennfahrer den ganzen Nachmittag hoch- und wieder runter jagen, dafür hat sie absolut kein Verständnis.

Auch wenn der Motorradunfall vom Wochenende dies nicht bestätigt: „Über die Jahre hinweg hat sich gezeigt, dass bei zwei Dritteln aller Unfälle, die sich außerhalb geschlossener Ortschaften zwischen Autos und Motorrädern abspielen, Autofahrer die Alleinschuld tragen“, sagt André Vallese, Leiter Kommunikation des Instituts für Zweiradsicherheit. Allerdings: Dem Biker, der schwer verletzt oder tot im Straßengraben liegt, hilft diese Erkenntnis auch nicht weiter.