Fasnacht ist vor allem die Faszination des Rollenspiels, der Vermummung, des Ausbrechens aus dem Alltag und der gewohnten Ordnung. Kein Wunder also, dass über die närrischen Tage vom Rügerecht der Narren gern Gebrauch gemacht wird. So wie bei den Verhandlungen des hochlöblichen Pfetzergerichts in Zollhaus. Seit 1993 bereichern die Verantwortlichen der Pfetzerzunft damit den Fasnetdienstag in Blumberg.

Fanfarenzug-Klänge bei einer Gerichtsverhandlung? Das gibt‘s nur bei den Pfetzern. Die Gruppe zählt nur noch fünf Mitglieder, habe ...
Fanfarenzug-Klänge bei einer Gerichtsverhandlung? Das gibt‘s nur bei den Pfetzern. Die Gruppe zählt nur noch fünf Mitglieder, habe über die Fasnacht aber toll durchgehalten, so Ankläger Werner Waimer. | Bild: Niederberger, Holger

Auf der Anklagebank in diesem Jahr: Gemeinderat und Gewerbevereins-Chef Bodo Schreiber, den Ankläger Werner Waimer als „BBB“ bezeichnete –“Bärringer Banausen Bodo„. Waimer nahm zunächst das Ehrenamt von Schreiber beim Blumberger Gewerbeverein aufs Korn beziehungsweise dessen offizielle Bezeichnung, die da lautet: „Blumberger Gewerbevereint. Diesen seltsamen Titel verstehe keine Sau, stellte Waimer fest. Bei Blumberg hoch drei sei das viel einfacher: „Blumberg leben, Blumberg erleben und Blumberg überleben.

Gerichtsdiener Simon Blank passt auf, dass der Angeklagte Bodo Schreiber sich nicht aus dem Staub macht.
Gerichtsdiener Simon Blank passt auf, dass der Angeklagte Bodo Schreiber sich nicht aus dem Staub macht. | Bild: Niederberger, Holger

Schreiber, so Waimer, habe seinen Vorsitzenden-Posten bei der Interessenvertretung von Handel und Gewerbe dazu ausgenutzt, den besten Platz bei der Bandenwerbung der Eisbahn für sich selbst zu sichern. Das erfülle den Straftatbestand der Vorteilsnahme im Amt und sei obendrein ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr. Denn: „Wenn Du auf die Eisbahn zufährst, dann springt Dir der Angeklagte förmlich ins Gesicht. Mit fatalen Folgen: Täglich ereignen sich Fast-Zusammenstöße zwischen schockierten Autofahrern.

Pfetzergericht Zollhaus Urteil Video: Niederberger, Holger

Fürsprecher Silvio Waimer gab sich große Mühe, seinen Mandanten zu entlasten. Der bereite sich stets sehr gewissenhaft auf Gemeinderatssitzungen vor – indem er beim Riedböhringer Kinderfest das Kasperle-Theater übernehme. Zudem könne sich Schreiber seit der letzten Gewerbesteuererhöhung kaum noch eine warme Mahlzeit leisten, weshalb er auf Fotos einen derart erbärmlichen Eindruck hinterlasse. Und überhaupt: Auf die Idee, einen Riedböhringer vors Gericht zu zerren, sei man doch nur gekommen, weil dem Ankläger die Angeklagten ausgingen und weil die Pfetzer – ganz typisch für sie – nur billig zu Freibier und einem Vesper kommen wollten.

Der Pfetzerfrühschoppen mit Gerichtsverhandlung bot den Rahmen, Urkunden und Orden unter die Mitglieder der Zunft zu bringen. Den ...
Der Pfetzerfrühschoppen mit Gerichtsverhandlung bot den Rahmen, Urkunden und Orden unter die Mitglieder der Zunft zu bringen. Den Minipfetzerorden übergab Zunftmeister Oliver Blank an Regina und Jamira Reisinger, Janette Welter und Jakob Prager. Den Pfetzerorden bekam Simone Wenzler, die seit 2010 Mitglied im Fanfarenzug ist. Zum Ehrenmitglied wurde Hilmar Schmid ernannt. Der ist seit vielen Jahrzehnten und in vielen Ämter bei der Zunft aktiv, er ist der Komponist des Zunftmarsches und Hauselektroniker bei allen Festen. | Bild: Niederberger, Holger

Doch alle argumentatorisch-juristischen Winkelzüge des Verteidigers halfen nicht – wie immer: Das Pfetzergericht sprach Schreiber schuldig. Er muss jetzt zur Wiedergutmachung seiner Sünden beim Kinderfest der Pfetzer die Rolle des Karussell-Bremsers übernehmen und für das Grillfest ein ordentliches Fass badisches Bier spendieren.

Das könnte Sie auch interessieren

Und wem droht nächstes Jahr der Prozess vor dem Zollhauser Narrengericht? Es könnte SPD-Gemeinderätin Ursula Pfeiffer treffen. Die fiel während der gestrigen Verhandlung mit einem frechen Zwischenruf auf, worauf Ankläger Werner Waimer meinte: „Es gibt Leute, die betteln regelrecht, hier angeklagt zu werden.“