Gabi Lendle

Die Jugendlichen früher hatten es schwerer, jemanden kennenzulernen, als die heutige Jugend in Zeiten von Facebook und Co. Denn jedes Wochenende auf Partys, in Clubs oder Bars zu gehen – das gab es vor einem halben Jahrhundert schlichtweg nicht. Da war die Fasnet eine willkommene Ausnahme, um gut gelaunt und in bester Stimmung auszugehen und dem oft strengen Elternhaus zu entkommen. An den närrischen Tagen durfte an Bällen und bei anderen Veranstaltungen gefeiert werden und es kam nicht selten vor, dass sich am Fasnetball künftige Ehepartner kennen lernten.

Vor 56 Jahren begann im Café Schorp ihre Liebe

Günter und Jutta Bastian zum Beispiel ist es vor 56 Jahren im Café Schorp in Döggingen so ergangen. Im Februar 1963 lernte sich das Paar dort an einer Fasnetsveranstaltung kennen. Die 21-jährige Jutta kam aus Freiburg nach Döggingen, weil ihre Eltern schon lange dorthin eine Verbindung pflegten und Günter begleitete als 20-Jähriger seinen Arbeitskollegen auf diese Veranstaltung. "Wir waren damals nicht verkleidet, wir sind einfach ganz normal hingegangen, um Fasnet zu feiern", erinnert sich Jutta Bastian heute, die erst später angefangen hat, Kostüme dafür selber zu nähen. "Als wir uns das erste Mal gesehen haben, hat es gleich zwischen uns gefunkt", gesteht Günter Bastian. Die örtliche Musik hat gespielt und man hat zusammen getanzt. Das war’s fürs erste. Heimgegangen ist man damals gegen Mitternacht, also zu einer Zeit, wo die Jugendlichen heutzutage erst mal losziehen, um zu feiern.

Die Bastians verraten ihr Rezept für eine lange Ehe

Doch auch ohne Handy, Internet und gemeinsamer Adresse haben sich die beiden nicht aus den Augen verloren. Die weiteren Treffen fanden an den Wochenenden statt. Man ging zusammen zum Tanz oder ins Kino und freute sich aufs nächste Wiedersehen. Jutta Bastian absolvierte ihre Ausbildung in der Textilbranche in unterschiedlichen Städten, Günter Bastian war als Heizungsbauer in Donaueschingen tätig. "Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden", so Jutta Bastian. Bald wussten die beiden, dass sie den richtigen Partner gefunden hatten und dass sie zusammen gehören. Dennoch ging alles nicht so schnell wie heute, man wollte sich erst richtig kennenlernen. Nach fünf Jahren wurde geheiratet. Und die Ehe hat Bestand. Im vergangenen Jahr konnte das Paar die Goldene Hochzeit mit ihrer Tochter und ihrem Enkel sowie Freunden und Verwandten feiern. Das Rezept für die dauerhafte Ehe ohne ernsthafte Krisen beschreibt das Paar heute so: "Jeden akzeptieren und annehmen wie er ist, das hat uns durch Höhen und Tiefen getragen."

Die Fasnet war früher ganz anders

"Als Jugendliche haben wir jedes Jahr Fasnet gefeiert, aber nicht so wie heute. Die Zeiten waren einfach ruhiger und strenger. Wir mussten immer zu Hause sagen, wo wir hingehen, und mussten stets pünktlich zurück sein", erinnert sie sich. Familie Bastian hat dem Café Schorp die Treue gehalten, ist immer wieder dort eingekehrt und hat diverse Familien-Feste in Döggingen gefeiert. "Wir haben unsere freundschaftliche Verbindung zur Familie Schorp und ihrem Café bis heute erhalten, sorgen uns allerdings um dessen Zukunft."

Ein Zunftball ohne die Bastians? Gibt's nicht

Später ist die Familie Bastian an Fasnet in die Berge gefahren, um dort den Schnee zu genießen. Doch den Zunftball haben sie stets gerne besucht und auch dieser Veranstaltung halten die Bastians bis heute die Treue.