Als Mitte Juni 2017 die Deutsche Bahn und OB Erik Pauly mit einem symbolischen Spatenstich die Sanierung und Modernisierung des Donaueschinger Bahnhofs einläuteten, da war es für diese Maßnahme längst höchste Eisenbahn geworden – weil der Bahnhof optisch schon viele Jahre lang keine Visitenkarte der Stadt mehr war, er vor allem aber für gehbehinderte Menschen weitgehend eine Tabuzone darstellte: Ohne fremde Hilfe war es für Rollstuhl- oder Rolltorfahrer so gut wie unmöglich, an die Gleise zwei bis fünf und von dort in einen Zug zu kommen. Denn von der Unterführung zu den Gleisen gab es nur Treppen und die Bahnsteige waren so niedrig, dass das Ein- und Aussteigen auch für Menschen ohne Handicap wenig komfortabel war. Allerdings: Inklusion hört in Donaueschingen nur noch für wenige Monate am Bahnhof auf.

Manfred Kempter, ehrenamtlicher Behindertenbeauftragter der Stadt Donaueschingen, begleitete die Planungen für den neuen Bahnhof seit 2013. Er hat an acht Sitzungen beziehungsweise Vor-Ort-Terminen teilgenommen und sein Know-how eingebracht. Er zeigt sich auf Anfrage des SÜDKURIER mit dem Erreichten weitgehend zufrieden. Zwei der drei Bahnsteige sind auf ihrer gesamten Länge schon angehoben worden, damit Fahrgäste – und davon profitieren nicht nur Gehbehinderte – komfortabel und sicher in Züge ein- und aussteigen können, der dritte befindet sich noch in Arbeit.

Daneben wird in Zukunft ein neuer Aufzug direkt am Bahnhofsgebäude die Unterführung erschließen und zwei weitere neue Aufzüge werden von der Unterführung zu zwei Bahnsteigen und damit den Gleisen zwei bis fünf führen. In dieser Angelegenheit hatte Kempter den härtesten Kampf zu führen, denn die Deutsche Bahn plante zunächst, den städtischen Aufzug jenseits der Bahnhofstraße mitzubenutzen und sich so die Kosten für einen Aufzug zu sparen. Doch da machte Kempter nicht mit. Denn angenommen der städtische Aufzug ginge defekt, dann wären die Gleise zwei bis fünf für Gehbehinderte wieder unerreichbar gewesen. Und das gleich zwei Aufzüge gleichzeitig den Dienst einstellen, ist wenig wahrscheinlich.

Positiv sei auch, dass es auf dem Bahnhof jetzt ein Blindenleitsystem gibt. Dafür sind weiße Noppen- und Rippenplatten in den Belag eingearbeitet worden. Mit deren Hilfe und unter Einsatz des Blindenstocks können sich Sehbehinderte so zurechtfinden. Außerdem haben die Treppenauf- und -abgänge jetzt an jeder Seite Handläufe. Hätten die nicht auch nur an einer Seite gereicht? „Denken sie doch mal an Menschen, die einen Schlaganfall hatten und halbseitig gelähmt sind“, entgegnet Kempter.

Was gibt‘s für Manfred Kempter noch zu tun? Der Behindertenbeauftragte wünscht sich, dass die Strecke vom Busbahnhof zum Bahnhof ein Blindenleitsystem erhält. Außerdem sieht er eine Rampe am Haupteingang des Bahnhofs beziehungsweise dem Empfangsgebäude als dringend notwendig an. Die soll aber noch kommen.
Grundwasser sorgte für Probleme und höhere Kosten
Während der Baumaßnahmen kam es zu mehreren Herausforderungen. Beispielsweise waren aufgrund der hohen Grundwasserstände spezielle Bauverfahren zur Herstellung der Aufzüge und der Entwässerungsanlagen der Mittelbahnsteige erforderlich, die die Gruben dauerhaft trocken halten und die Funktionstüchtigkeit gewährleisten. Damit erklärt ein Bahnsprecher auch die der Stadt Donaueschingen mitgeteilte Kostensteigerung (siehe Infokasten). Zudem seien bei den Bauarbeiten „unplanbare Ereignisse im Bestand“ aufgetreten, die ebenfalls zur Verteuerung beigetragen hätten.
Restarbeiten schränken Zugverkehr nicht ein
Und was wurde sonst noch gemacht? Die Bahn erneuerte die Beleuchtungsanlage, die Bahnsteigdächer und die Bahnsteigausstattung, teilweise laufen diese Arbeiten auch noch. Der Bahnsteigbereich an Gleis drei bleibt bis zum Ende der Arbeiten gesperrt. Im Bereich von Gleis zwei wird nach Abschluss des Umbaus auf der südlichen Seite der Halt dorthin verlegt, um auch die zweite Hälfte des Bahnsteigs zu errichten. Diese Maßnahmen beeinträchtigen aber in keiner Weise den Zugverkehr, es werden nach wie vor alle Züge fahren.
Fahrplanwechsel im Dezember bringt neue Zugverbindungen
Die Sanierung des Bahnhofs wird laut eines Bahnsprechers planmäßig im Oktober abgeschlossen sein, im November will die Bahn zu einem Einweihungsfest einladen. Zugfahren wird dann für die rund 3000 Reisenden, die jeden Tag am Donaueschinger Bahnhof abfahren oder ankommen, komfortabler werden: nicht nur für Rollstuhlfahrer, sondern für alle gehbehinderte Menschen sowie für Sehbehinderte und Frauen und Männer mit Kinderwagen oder schwerem Koffer. Die Modernisierung kommt gerade noch rechtzeitig, denn mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2019 wird der Bahnknoten Donaueschingen durch mehrere zusätzliche Zugverbindungen gestärkt.
Kosten
Laut Bahn kostet die Modernisierung des Bahnhofs 9,4 Millionen Euro (ohne Aufzüge, die finanziert die Bahn selbst), das sind 1,4 Millionen Euro mehr als zunächst geplant waren. 5,8 Millionen Euro tragen Bahn und Bund, 2,4 Millionen Euro übernimmt die Stadt und das Land schießt 1,2 Millionen Euro zu. Die Bahn habe die Stadt Ende April über die Mehrkosten informiert, so ein Bahnsprecher. (hon)