Ferdinand Harich

Früher gabe es sie in jedem Ort: Die Sirenen, die die Bevölkerung vor Gefahren warnten. Noch vielen ist der schrille, heulende Ton in Erinnerung, wenn beispielsweise die Sirenen getestet wurden oder wirklich Gefahr drohte. Doch heute funktionieren viele Sirenen nicht mehr oder sie wurden abgebaut. Es gibt schließlich andere Möglichkeiten. Doch reichen die? Der Donaueschinger Patrick Jamnikar setzt sich im Schwarzwald-Baar-Kreis für die Wiederbelebung der Sirenen und den Ausbau des Netzes ein.

Patrick Jamnikar setzt sich für den Wiederaufbau des Sirenennetzes im Schwarzwald-Baar-Kreis ein.
Patrick Jamnikar setzt sich für den Wiederaufbau des Sirenennetzes im Schwarzwald-Baar-Kreis ein. | Bild: privat

„Es fehlen sehr viele Sirenen„, berichtet Patrick Jamnikar, der im Rettungsdienst tätig ist. Im Falle einer Katastrophe müsse die Bevölkerung unverzüglich gewarnt werden, so der Gründer eine Initiative, die sich für den Ausbau des Sirenennetzwerkes im Schwarzwald-Baar-Kreis einsetzt. Auf anderem Wege als mit der Sirene sei eine effektive Warnung einfach nicht zu gewährleisten.

Nur ein Bruchteil der Bevölkerung hat die Warnapp

Es gebe beispielsweise die Smartphone-App Nina, die die Nutzer im Katastrophenfall alarmiert. Jedoch verfüge nur ein Bruchteil der Bevölkerung über diese App. „Vor allem im ländlichen Raum gibt es viele ältere Menschen, die sich nicht mit der modernen Technik auskennen und somit nicht alarmiert werden würden“, kritisiert der Rettungssanitäter. Zudem müsse das Smartphone geladen, eingeschaltet und mit dem Internet verbunden sein, damit die Warn-App funktioniere.

Die Warn App NINA kann von jedermann kostenlos auf sein Smartphone geladen werden.
Die Warn App NINA kann von jedermann kostenlos auf sein Smartphone geladen werden. | Bild: Ernst Zimmermann

Ein weiterer Vorteil der Sirenen gegenüber dem Smartphone sei der Weckeffekt. „Wenn mein Handy nachts vibriert, wache ich nicht auf, bei einer heulenden Sirene allerdings schon“, so der 27-Jährige.

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Sieben Atomkraftwerke gibt es in der Nähe, die der Bevölkerung auf der Baar bei einem Reaktorunfall gefährlich werden könnten. Insbesondere das rund 50 Kilometer Luftlinie entfernte Kernkraftwerk Leibstadt in der Schweiz, macht in letzter Zeit negative Schlagzeilen. „Dort gab es in den letzten drei Monaten zwei Störfälle, wegen denen das Kraftwerk abgeschaltet werden musste“, erzählt Jamnikar. Das Risiko eines nuklearen Unglücks sei also nicht zu unterschätzen. „Sollte in Leibstadt etwas Ernsthaftes schiefgehen, müsste die Bevölkerung auf der Baar evakuiert werden.“

Sirenenwarnung ist auch ohne Strom und Mobilfunknetz möglich

Dann sollten die Menschen so schnell wie möglich informiert werden. Wenn das Strom- und Mobilfunknetz bei einer Katastrophe nicht mehr funktioniere, sei das ohne Sirenen einfach noch nicht möglich. „Man hört immer wieder, dass die Bevölkerung doch durch Autos mit Lautsprechern bei einer atomaren Katastrophe informiert werden könnte. Doch durch meine Erfahrung als Rettungssanitäter kann ich sagen: Das Personal wird woanders dringender benötigt.“

Die elektronische Sirene vom Typ „ECN 2400“ hat eine Leistung von 2400 Watt in 180°-Abstrahlung.
Die elektronische Sirene vom Typ „ECN 2400“ hat eine Leistung von 2400 Watt in 180°-Abstrahlung. | Bild: privat

Auch bei Bränden sind die Sirenen von großer Hilfe. „Beim kürzlichen Großbrand in Mundelfingen wurde die Feuerwehr auch per Sirene alarmiert.“ Auch deshalb müssten die fehlenden Sirenen dringend nachgerüstet werden.

„Bei einem lauten Heulton weiß jeder, dass Gefahr droht.“

Die modernen elektrischen Sirenen verfügen über einen Akku, der bis zu 28 Tage lang hält. Auch vorprogrammierte Durchsagen und Liveübertragungen seien jederzeit möglich. Jedoch hätten sich die drei Signale Feueralarm, Warnung und Entwarnung bewährt. Durchsagen seien vor allem für Leute, die nicht so gut deutsch oder englisch sprechen würden problematisch. „Bei einem lauten Heulton weiß jeder, dass Gefahr droht“, meint Jamnikar. Deshalb würde er sich auch wünschen, dass die verschiedenen Alarmsignale in den Schulen thematisiert würden, um die Bevölkerung dafür zu sensibilisieren.

Im Kalten Krieg gab es ein flächendeckendes Sirenennetz

„In Deutschland gab es schon einmal ein flächendeckendes Sirenennetz.“ Nach dem Ende des Kalten Krieges sei die Sicherheitslage in der Bundesrepublik allerdings neu bewertet worden. Das führte zur Abrüstung zahlreicher Sirenen. Dabei seien die Sirenen den Städten und Gemeinden kostenlos überlassen worden. „Nur für die Wartung sind die Städte selbst zuständig“, so der Rettungssanitäter.

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Ein positives Beispiel sei die Stadt Trossingen. Diese rüste Stück für Stück die Sirenen nach. Als Hauptgrund für die Aufrüstung gebe die Stadt an, dass sich die Bevölkerung im Bereich des erweiterten Strahlenschutzes vom Atomkraftwerk Leibholz befände. „Wenn Trossingen in der gefährlichen Strahlenzone ist, sind wir das im Städtedreieck auf jeden Fall auch“, warnt Jamnikar.