„Heute haben wir eine historische Situation“, leitet Oberbürgermeister Erik Pauly die außerplanmäßige Gemeinderatssitzung am 20. Mai mit großen Worten ein.
Doch weshalb historisch? Die Räte stimmten in der Sitzung vom 29. April mehrheitlich gegen einen Bebauungsplan am Fischbachareal, obwohl bereits am 6. März eine Baugenehmigung vonseiten der Stadt erteilt wurde. Der Bauträger Alexander Binefeld hat dort mit seiner Firma Immo Bau GmbH bereits die Bauarbeiten für einen Wohnpark gestartet.
Die Vorgeschichte
Daraufhin hat Oberbürgermeister Erik Pauly zum ersten Mal in seiner Amtszeit Widerspruch gegen einen Gemeinderatsbeschluss eingelegt und die Räte erneut zu einer Sitzung zitiert, um nochmals darüber abzustimmen.
Aus seiner Sicht würde die aktuelle Ablehnung des Vorhabens auch das Vertrauen künftiger Investoren in die Zusammenarbeit mit der Stadt Donaueschingen nachhaltig beschädigen und das Investitionsklima in der Stadt langfristig negativ beeinflussen.
Städtebaulicher Vertrag
Erik Pauly schwört die Ratsmitglieder in seinem Vorwort auf die anstehende Abstimmung über den städtebaulichen Vertrag mit dem Bauträger ein: „Sachfremde Erwägungen sollte man aus der Sache herauslassen, diese gehören nicht in diese Entscheidung des Gemeinderates“, so Pauly.
Hintergrund: Die Seriosität des Bauträgers wird infrage gestellt, da er auch in ein gescheitertes Bauprojekt in Villingen verwickelt sein soll. Der SÜDKURIER berichtete darüber kürzlich.
„Hier geht es heute um eine rein bauplanungsrechtliche Frage eines Verfahrens, das bereits seit sechs Jahren in der Planung steckt“, erläutert Pauly. Im städtebaulichen Vertrag ist unter anderem geregelt, innerhalb welcher Fristen der Bauträger das Projekt zu vollenden habe. Wenn der Bauträger gegen Vorgaben verstößt, drohen Vertragsstrafen. Beispielsweise beträgt die Vertragsstrafe 1000 Euro für jeden Monat, der gemäß den Fristvorgaben überschritten wird.
Misstrauen, Unwohlsein, Bauchschmerzen
Michael Blaurock (Grüne) ist dennoch zwiegespalten. „Zwar liegen nun alle Sachen auf dem Tisch, verschiedene Änderungswünsche hinsichtlich des Bauprojekts wurden umgesetzt, doch aus ganz persönlicher Sicht: Ich verspüre ein gewisses Unwohlsein und Misstrauen.“
Für ihn sei zudem überraschend, dass die Stadtverwaltung eine Baugenehmigung erteilt hatte, obwohl der Bebauungsplan noch in Diskussion steht. „Meine Bauchschmerzen werden sich erst bessern, wenn die Baustelle abgeschlossen ist und wir zufriedene Mieter und Käufer haben.“ Dennoch werde seine Fraktion dem städtebaulichen Vertrag zustimmen, kündigt Blaurock an.
Enge Kontrolle gefordert
Niko Reith (FDP) äußert ähnliche Bedenken, doch ist auch der Meinung, dass man heute nicht über die Seriosität des Investors abstimme, sondern über den städtebaulichen Vertrag, welcher die Stadt im Falle des Falles absichert.
Er plädiert dafür, den Bauträger an der kurzen Leine zu halten. „Ich fordere die Stadtverwaltung auf, das Projekt eng zu begleiten und ein Auge darauf zu haben“, so Reith.
Er fordert von der Stadtverwaltung ebenso eine Aufklärung, wie es dazu kommen konnte, dass die Verwaltung eine Baugenehmigung im Vorfeld erteilt hatte.
Der Bauamtsleiter Jochen Amma erläutert, dass eine Verwaltung juristisch befugt sei, Baugenehmigungen in einem laufenden Verfahren zu erteilen. „Zumal hatten wir keine Bedenken, dass sich der Rat nochmals umentscheiden würde.“
„Stimmen nicht über den Investor ab“
Marcus Greiner (CDU) zeigt sich zufrieden, dass mit dieser Sitzung nun alle Visualisierungen und Pläne vorliegen. „Die Bebauung ist sehr eng, doch letztendlich wird hier notwendiger Wohnraum geschaffen.“
Man könne keinen Investor jahrelang planen lassen, um im letzten Moment die Reißleine zu ziehen, so Greiner. „Wir stimmen hier nicht über den Investor ab, das ist eine Sache zwischen ihm und seinen Käufern.“
Auch Jens Reinbolz (SPD) kündigt im Namen seiner Fraktion an, dass man dem städtebaulichen Vertrag zugestimmt werde, da der Investor über die letzten Jahre hinweg auf die Änderungswünsche des Gemeinderates eingegangen sei. „Die Dinge, die wir gefordert haben, sind erfüllt.“
„Kein Vertrauen in das Projekt“
Einzig Markus Milbradt (GUB) stellt sich gegen das Projekt. „Wir waren von Anfang an dagegen. Wir können uns eine solch‘ dichte Bebauung einfach nicht vorstellen.“ Zudem habe der Investor in vergangenen Sitzungen entweder zu spät oder gar keine Pläne geliefert, so seine Kritik. „Wir haben kein Vertrauen in das Projekt und in den Investor.“
Dem städtebaulichen Vertrag stimmt der Rat in der Mehrheit und mit Stimmen der CDU, FDP, Grüne und SPD zu. Die GUB-Fraktion stimmt der Beschlussvorlage nicht zu. In der Sitzung vom 4. Juni soll nun im nächsten Schritt über den endgültigen Bebauungsplan befunden werden.