So haben viele sich das Jahr 2022 nicht vorgestellt. Selten hat eine Redewendung so gut gepasst, wie in dieser Zeit: Ein Unglück kommt selten allein. Corona, Inflation, Lieferengpässe, Preisanstiege bei Strom und Gas und der Angriffskrieg in der Ukraine. Doch wie gehen fünf große Arbeitgeber rund um Donaueschingen mit der Situation um – und wie bewerten sie ihre Zukunftsaussichten?
Sick AG Weiter lieferfähig: „Zusammen mit den weltweiten Materialengpässen birgt Corona noch immer einige Herausforderungen bezüglich der durchgängigen Lieferfähigkeit“, sagt Mats Gökstorp, Vorstandsvorsitzender der Sick AG. Dabei wirke sich besonders die chinesische Null-Covid Strategie in Form von Lieferverzögerungen auf das Geschäft aus. Trotzdem sei die Firma nach wie vor durchgehend lieferfähig – wenn auch mit Verzögerungen. Russland: „Die spürbarste Konsequenz aus dem Angriffskrieg gegen die Ukraine war die deutliche Reduzierung unseres Vertriebsteams in Russland“, sagt Gökstorp. Die Firma habe nur wenige Lieferanten aus den betroffenen Regionen, sodass die ohnehin angespannte Liefersituation durch den Ukraine-Krieg nicht zusätzlich beeinträchtigt werde.Optimistisch: „Der Umsatzverlust aus dem wegfallenden Russland-, Belarus- und Ukrainegeschäft beträgt rund ein Prozent. Das können wir verkraften“, sagt Gökstorp. Die mittelbaren Folgen würden sich dagegen kaum abschätzen lassen. Auch die Preissteigerung bei Strom und Gas treffe die Firma nicht signifikant: „Unsere Produktion ist im Vergleich zu anderen Industrien weltweit nicht energieintensiv und wir produzieren auf vielen unserer Gebäude durch Photovoltaik erhebliche Mengen an Solarstrom selbst.“ Die Sick AG schaut trotz der Krisenzeit optimistisch in die Zukunft: „Wir rechnen auch in diesem Geschäftsjahr wieder mit steigenden Umsätzen.“IMS Gear Lieferengpässe: „Als Auswirkung von Corona verzeichnen wir temporäre Lieferengpässe, vorrangig im Bereich bestimmter Kunststoffe und bei einigen Stahlsorten“, sagt IMS Gear-Vorstand Dieter Lebzelter. Da die Mehrheit der Lieferanten erwartende Engpässe möglichst früh ankündigen werde, könne IMS Gear gut darauf eingehen, indem etwa das Produktionsvolumina entsprechend variiert werde. Ebenfalls hätten die Lieferpreise erheblich angezogen, welche außergewöhnlich hoch ausfielen. Energiepreise: „Hinzu kommen die ebenfalls deutlich gestiegenen Energiepreise – eine Entwicklung, die sich bereits im vergangenen Jahr abgezeichnet hat und sich mit dem Ukraine-Krieg weiter verschärft hat“, erklärt Lebzelter. Der Krieg habe keine unmittelbare Effekte auf die Firma, da weder Kunden- noch Lieferantenbeziehungen nach Russland und in die Ukraine geführt werden. „Aber natürlich bekommen wir die generellen wirtschaftlichen Auswirkungen, wie konjunkturelle Abkühlung, steigende Energiekosten und Inflation, zu spüren. Ein Unsicherheitsfaktor ist auch die Gasversorgung.“ Positiver Blick: IMS Gear schaut positiv auf das Geschäftsjahr: „Trotz vieler Unwägbarkeiten, die dieses Jahr insbesondere seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs mit sich bringt, peilen wir vorsichtig-optimistisch eine erneute Umsatzsteigerung an, nachdem wir bereits im vergangenen Jahr unsere Umsatz- und Ergebnisziele erreicht haben.“
Straub Verpackungen Preissteigerungen: „Die Nachwehen von Corona sind in gesteigerten Nachfragen nach Produkten zu sehen, welche dann zu Belastungen und somit Schwächungen der Lieferketten führten“, sagt Straub-Geschäftsführer Steffen Würth. Die Folge daraus seien Lieferschwierigkeiten und Preissteigerungen für die Firma in Bräunlingen. Schon vor dem Krieg: Bereits vor dem Kriegsausbruch in 2021 sei eine enorme Steigerung der Energiekosten zu verzeichnen, wie auch die Inflation von über fünf Prozent. „Der Überfall auf die Ukraine hat diese Tatsachen nur noch verstärkt und zusätzlich zu einer dramatisch verschlechterten Liefersicherheit geführt. Wir spüren Verknappungen hauptsächlich im Betriebs- und Hilfsmittel- sowie Logistikbereich.“ Straub habe sämtliche Geschäftsbeziehungen zu russischen Lieferanten eingefroren. Konsequenzen: Welche Konsequenzen die Krisenzeit haben wird? Unsichere Beschäftigung, fehlende Planungssicherheit, dramatische Kostensteigerungen und anhaltend hohe Verkaufspreise, nennt er. „In unserem Unternehmen wurden bislang noch keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen. Wir werden auch zukünftig alles daran setzen, dies zu vermeiden.“Jägerbataillon 292 Lage-Beobachtung: Das Donaueschinger Jägerbataillon erlebt wieder etwas Normalität nach Corona: „Derzeit können wir alle Aufträge durchführen“, sagt Presseoffizier Philipp Riedl. Als Bataillon seien sie vom Ukraine-Krieg nicht direkt betroffen. „Wir beobachten täglich die Lage. Die Aufgaben der Zukunft geben uns der Bundestag und internationale Bündnisse. Sie entscheiden über unsere Aufträge.“ Privat betroffen: Auch Preisanstiege, wie etwa von Strom und Gas treffen das Jägerbataillon als staatliche Organisation nicht direkt. Doch abseits von der Arbeit, im Privatleben seien die Soldaten, wie alle anderen Bürger auch von den Preisanstiegen betroffen, sagt Riedl. Einsatz in der Ukraine? Ob sich die Bundeswehr auf ein Worst-Case-Szenario, einen Einsatz in der Ukraine vorbereitet? „Wir werden auch in Zukunft alle Aufträge, die wir bekommen umsetzen. Zur Zeit steht für uns die Ausbildung unserer Soldaten für den UN-Einsatz Minusma in Mali im Fokus.“
Stadt Donaueschingen Baupreissteigerungen: „Mit Beginn des Krieges in der Ukraine kam es, neben den coronabedingten Lieferengpässen, zu weiteren Materialengpässen bei diversen Bauprodukten und zu enormen Baupreissteigerungen“, sagt Beatrix Grüninger, Pressesprecherin der Stadt Donaueschingen. Finanziell sei Donaueschingen recht gut durch Corona gekommen. Von der allgemeinen Inflation sei die Stadt genauso betroffen wie alle Marktteilnehmer auch. „Vor allem die stark steigenden Baupreise setzen die Stadt unter einen gewissen Druck, weil diese Kostensteigerungen so nicht eingeplant sind und nunmehr finanziell über andere Faktoren ausgeglichen werden müssen.“ Krieg und Tourismus: Doch im Tourismus sei wieder Normalität erreicht. Ob sich der Krieg hier auch widerspiegelt? „Russische Gäste spielten in Donaueschingen bereits vor dem Krieg in der Ukraine lediglich eine untergeordnete Rolle. Der Anteil der Übernachtungen lag kontinuierlich bei weit unter einem Prozent.“ Von einem Stellenabbau sei aktuell eher nicht auszugehen, da den Kommunen tendenziell immer mehr Aufgaben aufgelastet werden. Fachkräfte fehlen: Eher zeige sich der Fachkräftemangel in Bildung, Verwaltung und Technik. Da im Zuge der Preissteigerungen auch die Steuereinnahmen ansteigen würfen und davon auch die Kommunen partizipieren würden, dürfte sich die finanzielle Situation zunächst etwas entspannen, erklärt sie. „Es ist zu befürchten, dass sich die aktuellen Krisen und die Inflation ähnlich auf die Kommunen und damit auch auf die Stadt Donaueschingen auswirken werden wie die Finanzkrise 2008.“