Ralf Baumgart ist seit 40 Jahren Mitglied der Narrenzunft Frohsinn und damit bereits über die Hälfte seines Lebens ein Teil der Fasnet in Donaueschingen. Wie begeistert der 69-Jährige von der fünften Jahreszeit ist, merkt man schnell beim ersten Betreten seiner Wohnung. Die Hansel-Scheme an der Wand, das Häs hängt schon im Wohnzimmer bereit und im Hintergrund läuft ein Fasnetprogramm im Fernsehen.

Baumgart war es, der mit dieser Leidenschaft etwas erschaffen hat, das noch heute an allen Blauhemden des Frohsinns zu sehen ist: Er war vor 30 Jahren für die Entstehung des heutigen Blauhemdenaufnähers verantwortlich.

Zeichnen ist Ralf Baumgarts Leidenschaft

Das Zeichnen war schon seit Kindesalter eine seiner großen Leidenschaften und dadurch kam es schließlich zur Entstehung des Blauhemdaufnähers, der nun seinen 30. Geburtstag feiert.

Als Baumgart für seinen Sohn und sich selbst Hansel von Hand malte, wurde sein zeichnerisches Talent von der Zunft schnell erkannt. Dort kann man fähige Leute für das Zeichnen neuer Häser brauchen. So wurde er mit der Aufgabe betraut, neue Hansel für zukünftige Hästräger zu gestalten.

60 Stunden für ein Häs

Er und die Zeichner, die bereits im Einsatz waren, hatten so einiges an Produktionsbedarf. Ganze 80 Hansel-Häser waren bestellt und mussten fertig werden. Mit circa 60 Stunden Arbeitsaufwand pro Hansel gab es also einiges an Arbeit für Baumgart. Auch hier wird die Leidenschaft deutlich. Bis heute erkennt er, von wem einzelne Hansel gemalt wurden und aus welcher Zeit diese vermutlich stammen.

Doch wie kam es zum Aufnäher?

Nachdem Hansel- und Gretle-Träger ihr Häs nach Umzügen abnahmen und nur noch mit ihren Blauhemden bekleidet waren, unterschieden sie sich äußerlich nicht mehr von anderen Zünften, ein Erkennungsmerkmal fehlte. Diese Erkenntnis kam Baumgart und so machte er sich an die Arbeit und gestaltete selbst einen solchen Aufnäher, welcher ursprünglich für eben diese zwei Narrenfiguren gedacht war.

Der erste von Baumgart gezeichnete Entwurf und die angepasste Version für die ganze Zunft.
Der erste von Baumgart gezeichnete Entwurf und die angepasste Version für die ganze Zunft. | Bild: Johannes Haug

Nachdem er seinen Entwurf 1993 bei der damaligen Hauptversammlung vorstellte, kam vonseiten des damaligen Zunftmeisters Adolf Huchler der Vorschlag, den Aufnäher doch für alle Blauhemden, also für alle Mitglieder der Zunft einzuführen. Lediglich der äußere Rahmen des Aufnäherentwurfs musste so vom Schriftzug „Hansel und Gretle Donaueschingen“, zu „Narrenzunft Frohsinn 1853 e. V. Donaueschingen“ geändert werden.

Eine außergewöhnliche Größe

In den folgenden Monaten einigte man sich auf den Vorschlag Baumgarts, auf eine Durchmessergröße von zwölf Zentimetern zu setzen, was für einen solchen Aufnäher außergewöhnlich groß ist. Baumgart betont diese Größe: „Der Aufnäher sollte zu einem Erkennungsmerkmal und keinem Detail werden.“

Außerdem legte man damals einen großen Wert auf das Material des Aufnähers. So würde das Blau der Baumwollhemden schnell bei Waschvorgängen auf den Aufnäher abfärben, sollte dieser ebenfalls aus Baumwolle bestehen. Um dieses Abfärben zu verhindern, entschied man sich für Kunstfaser als Material für die Aufnäher.

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Der Aufnäher auf Baumgarts Blauhemd, welcher der Erste der Zunft überhaupt war, sieht noch aus wie neu, die Wahl des Materials scheint die Richtige gewesen zu sein.

Der Gewinn kommt Kindern zugute

Nachdem man sich auf Motiv, Größe und Material geeinigt hatte, ging es nun an die Produktion und an erste Probeentwürfe. Mit Kosten von damals 11,50 DM einigte man sich auf einen späteren Verkaufspreis von 15 DM. „Der Gewinn sollte dazu verwendet werden, Kinderhanselhäser anzuschaffen, das war mir wichtig“, sagt Baumgart heute. Laut ihm konnten so bis heute einige hundert Häser an Kinder abgegeben werden.

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Ab Januar 1994 wurden die Aufnäher dann in Umlauf gebracht, die 200 Stück, die hergestellt wurden, waren innerhalb von zwei Wochen bereits an einzelne Mitglieder verkauft. Daraufhin musste zügig nachproduziert werden.

Aufnäher werden immer begehrter

Die Aufnäher wurden schließlich so begehrt, dass selbst bei seiner Arbeit Zunftmitglieder auf Baumgart zukamen und sie kaufen wollten. Mittlerweile seien 500 bis 600 der Aufnäher im Umlauf, sie haben sich als Erkennungsmerkmal auf jeden Fall durchgesetzt.

Der pensionierte Ralf Baumgart blickt mit Stolz auf die Geschichte der Blauhemdaufnäher zurück und freut sich jedes Jahr erneut auf die Fasnet. Dies merkt man nicht nur beim Betreten seiner fastnächtlich geschmückten Wohnung, sondern auch, wenn er leidenschaftlich über die Entwicklung der Narrenzunft Frohsinn erzählt. Und jedes Jahr freut er sich erneut, wenn er auf Blauhemden den großen Aufnäher sieht, den er 1993 entworfen hatte.