Seit dem 15. März gilt die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Das bedeutet: Wer etwa in einem Alten- oder Pflegeheim arbeiten möchte, der muss gegen das Coronavirus geimpft sein. Nun gibt es aber Mitarbeiter, die bereits in der Branche angestellt sind, sich aber nicht impfen lassen wollen oder können. Wie wird mit ihnen nun verfahren – und bedeutet das den großen Exodus vieler Pflegender aus den Einrichtungen auf der Baar?

Angst vor der Impfung

„Wir haben 14 Leute gemeldet, die bislang nicht geimpft sind“, erklärt Markus Bonserio, Leiter des Donaueschinger Altenpflegeheimes St. Michael. Seit das neue Gesetz in Kraft ist, hat er eine entsprechende Meldepflicht, „um die ich nicht herumkomme“. Jetzt warte man auf die Rückmeldung des Gesundheitsamtes. Die betroffenen Mitarbeiter werden außerdem dazu aufgefordert, eine Stellungnahme abzugeben. „Viele sind ängstlich. Sie haben Angst vor der Impfung“, sagt Bonserio. Man habe viele Gespräche geführt, um darüber aufzuklären.

Markus Bonserio, Heimleiter des Altenheims St. Michael in Donaueschingen.
Markus Bonserio, Heimleiter des Altenheims St. Michael in Donaueschingen. | Bild: Jarausch, Gerald

Zwei Arbeitsverträge gebe es aktuell im Heim, die jetzt auslaufen. Für eine Verlängerung wäre auch die Impfung notwendig. Die gebe es in diesen Fällen jedoch nicht: „Wenn nichts geschieht, dann werden sie gehen müssen“, sagt der Heimleiter.

Personaldecke ist dünn

Im Vorfeld haben sich doch noch einige Mitarbeiter zur Impfung entschieden. Bonserio selbst ist sogar schon vierfach geimpft: „Ich werde aber niemanden dazu zwingen.“ Für die Heimleiter werde die Situation indes nicht einfacher. Der Mangel an Personal sei schon vor Corona ein Problem gewesen: „Die Personaldecke ist dünn.“

Das könnte Sie auch interessieren

Und was Bonserio besonders extrem empfinde: „Vor zwei Jahren wurde für die Pflegenden applaudiert, jetzt fliegen sie raus.“ Er kenne Heimleiter, die ihre Arbeit gekündigt haben: „Es ist heftig zur Zeit.“ So gebe es Heime, die aufgrund der Situation derzeit keine neuen Bewohner mehr aufnehmen können.

Jeder ist wichtig

Im St. Michael trifft es nicht nur die Pflege, die Ungeimpften verteilen sich auf verschiedene Bereiche: „Wenn schon eine Person fehlt, kann das Probleme bedeuten, in der Pflege, in der Hauswirtschaft, in der Verwaltung. Es gibt bei uns keine wichtigen und unwichtigen Mitarbeiter.“ Eine Mitarbeiterin habe ihn gebeten, ihr doch zu kündigen. Das wird jedoch nicht geschehen: „Das machen wir nicht.“ Besonders schlimm sei alles im Endeffekt für die Bewohner.

Das könnte Sie auch interessieren

Warten auf die Daten

„Spaß ist das keiner“, beschreibt Bianca Beha die aktuelle Situation. Beha ist Geschäftsführerin der Sozialstation St. Elisabeth in Donaueschingen. Was die einrichtungsbezogene Impfpflicht betreffe, so habe man hier noch mit anderen Hürden zu tun: „Wir können die Mitarbeiter noch gar nicht melden.“ Man habe erst das dafür notwendige Elster-Programm erhalten. „Wir haben uns dort registriert, jetzt warte ich auf die Zugangsdaten – dann können wir melden“, erklärt Beha.

Bianca Beha, Leiterin der Sozialstation St. Elisabeth.
Bianca Beha, Leiterin der Sozialstation St. Elisabeth. | Bild: Lionsclub

Pflegenotstand ist bekannt

Dass Mitarbeiter gehen werden, sobald die Impfpflicht umgesetzt werden muss, das haben in der Sozialstation schon einige angedroht: „Sie können und wollen nicht“, so Beha. Jeder habe das Recht, sich entsprechend zu entscheiden. Das sei kein Spaß, immerhin sei man auf sie angewiesen: „Wir versuchen die Leute zu halten. Das Pflegenotstand herrscht, ist bekannt – und so wird es nicht einfacher. Die Leute stehen nicht auf der Straße und schreien: ‚Nehmt mich!‘“ Außerdem befinde man sich in einem grenznahen Gebiet zur Schweiz: „Mit besseren Bedingungen.“

Das könnte Sie auch interessieren

Was die Impfpflicht betrifft hätte sich Beha eine allgemeine gewünscht: „Alle oder keiner. Ich tue mich da schwer, wenn etwa die Patienten auch nicht geimpft sind. Würde es alle betreffen, dann müsste ich das auch niemandem erklären.“

Viele Kollegen in der Sozialstation seien aktuell mit Corona infiziert, daher werde die Meldung – wenn alles eingerichtet ist – erst mal nicht so viele betreffen, weil sie sich im Genesenenstatus befinden: „Wir haben trotzdem weiter Kollegen, die klar sagen: Das mache ich nicht!“

Sieben sind ungeimpft

„Die Realität hat uns eingeholt und es hat sich alles etwas abgemildert“, beschreibt Markus Komp die Lage. Er leitet das Fürstlich Fürstenbergisches Altenpflegeheim in Hüfingen. Auch hier werden die ungeimpften Mitarbeiter gemeldet. Sieben seien es aktuell. „Aufgrund der hohen Infektionszahlen im Kreis haben wir viele, die sich im Genesenenstatus befinden. Und viele überlegen, sich jetzt noch impfen zu lassen“, so Komp.

Markus Komp, Leiter Fürstlich Fürstenbergisches Altenpflegeheim in Hüfingen.
Markus Komp, Leiter Fürstlich Fürstenbergisches Altenpflegeheim in Hüfingen. | Bild: Roland Sigwart

Guten Mutes

Man habe gute Gespräche mit Heimaufsicht und Landratsamt geführt und entsprechende Beratung erhalten: „Wir schauen jetzt, wie sich das am Ende durchsetzt.“ Eine Abwanderung der Mitarbeiter, wie vor Einführung der Impfpflicht habe es jedoch nicht gegeben. Manche haben auch auf den neuen Novavax-Impfstoff gesetzt und sich damit schützen lassen. „Ich sehe das jetzt relativ gelassen. Wir befinden uns permanent in Gesprächen und ich bin guten Mutes“, sagt Komp.

Das könnte Sie auch interessieren

Man werde jetzt schauen, in welcher Form die Gespräche mit den Mitarbeitern stattfinden, wenn sich das Gesundheitsamt wieder meldet. „Die Lage hat sich entspannt. Die Impfpflicht steht und wir haben Brücken gebaut“, so Komp.