Seit gut vier Wochen ist Donaueschingen Corona-frei: Für OB Erik Pauly auf der einen Seite eine gute Nachricht, denn die Maßnahmen haben seiner Meinung nach gegriffen. Auf der anderen Seite hält er es für viel zu früh, um Entwarnung zu geben und findet deshalb deutliche Worte: „Wir müssen weiter aufpassen, denn es ist eine trügerische Sicherheit“, sagt das Stadtoberhaupt und appelliert an seine Bürger, sich weiterhin an die Hygienevorschriften und die Sicherheitsabstände zu halten.

„Der Sommer beginnt jetzt zwar, aber wir sind noch nicht durch die Krise hindurch.“
Erik Pauly

Gerade jetzt mit der anstehenden Urlaubszeit sei Vorsicht geboten, von Reisen in Risikogebiete sei abzuraten. „Man sollte sich nicht zu fahrlässig in Urlaubsgebiete begeben“, sagt Pauly und fügt hinzu: „Der Sommer beginnt jetzt zwar, aber wir sind noch nicht durch die Krise hindurch.“ Das sagt er vor allem vor dem Hintergrund, dass er eine veränderte Stimmung wahrnimmt. Wären im März das Drama und die Angst im Vordergrund gestanden, würden nun die zurückgehenden Fallzahlen zu einer gewissen Sorglosigkeit führen: „Wir sind hier eine Insel der Glückseligkeit. Man muss nur in andere Regionen von Europa und der Welt schauen, um das zu sehen“, erklärt Erik Pauly.

Vieles wurde richtig gemacht

Gerade der Blick über den eigenen Kirchturm hinaus zeige auch, dass hier „vieles richtig gemacht“ wurde. „Wir wären auch schnell ans Limit gekommen“, blickt Pauly auf die Zeit zurück, als das gesellschaftliche Leben genau aus diesem Grund heruntergefahren worden ist. Auch wenn so manch einer aktuell vielleicht darüber nachdenkt, ob die Entscheidungen im März nicht übertrieben gewesen seien, ist der OB klar anderer Meinung: „Mir wird das aus meiner Sicht heute ein bisschen klein geredet. Es ist nicht so schlimm, weil wir richtig reagiert haben.“

Ein Bild aus Zeiten, als das gesellschaftliche Leben in Donaueschingen still gestanden ist.
Ein Bild aus Zeiten, als das gesellschaftliche Leben in Donaueschingen still gestanden ist. | Bild: Roger Müller

In anderen Teilen der Welt, wo es nicht gelungen sei, die Infektionsketten zu unterbrechen, biete sich daher ein ganz anderes Bild mit hohen Todeszahlen. Kritische Worte findet der OB auch dafür, dass Leute, die die Maßnahmen mitentschieden haben, nun auch noch dafür kritisiert werden. Aber das sei auch das Wesen einer Pandemie: Wenn die Maßnahmen greifen würden, würden viele sie als zu hart ansehen.

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Zwar wurde der letzte genesene Corona-Fall für Donaueschingen am 25. Juni vermeldet. In der offiziellen Statistik des Landratsamtes wird Donaueschingen aktuell immer noch mit einem Fall aufgeführt. Das liegt an der Darstellung: Auf der einen Seite die Erkrankten, auf der anderen Seite die Genesenen – dazwischen liegt die traurige Nachricht, dass eben nicht alle Erkrankten auch genesen. „Es gibt aber nicht nur den Tod oder gar nichts bei Corona: Es gibt auch viele Zwischentöne“, erklärt das Stadtoberhaupt. Wie beispielsweise die Erkrankten, die lange beatmet werden mussten oder sich nur schwer von der Krankheit erholt haben.

Für manchen stellt sich auch die Existenzfrage

Neben den gesundheitlichen Aspekten hat die Pandemie auch große Auswirkungen auf die Wirtschaft: „Dass Geschäftstreibende einmal vom Staat gesagt bekommen, dass sie ihrer Tätigkeit für ein viertel oder ein halbes Jahr nicht mehr nachgehen dürfen, hätte sich wohl Anfang des Jahres niemand vorstellen können.“ Wenn auch nötig, sei dadurch eine unglaubliche wirtschaftliche Herausforderung entstanden, die für manchen am Ende sogar mit der Existenzfrage verbunden sei.

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Viele Fragen in der Anfangszeit

Geld vom Bund und vom Land und viel Beratung von der Stadt: „Wir haben versucht, schnell und unbürokratisch zu helfen“, blickt der OB zurück. Kämmerei, Wirtschaftsförderung und das Amt für Tourismus und Marketing bildeten zusammen ein Team, um möglichst alle Fragen beantworten zu können. Gerade am Anfang seien es viele gewesen. Doch nicht alle wollen die Hilfe annehmen. „Von der IHK und der Sparkasse habe ich die Rückmeldung, dass viele die Hilfen nicht aktiv nutzen“, erklärt Pauly. Seiner Meinung nach ein Fehler: Denn wenn Staat und Land Hilfsprogramme ins Leben rufen und diese nachher nicht genutzt werden, könnte leicht der Eindruck entstehen, dass die Programme nicht nötig seien. „Und das, wo noch gar nicht absehbar ist, wie lange die Corona-Phase dauert.“

Stolz auf das eigene Team

Einiges hat das Rathaus-Team in den vergangenen Monaten auf die Beine gestellt: Von der Kinderbetreuung über die Beratungsstelle bis hin zum Netzwerk „Südbaar hilft“, das mit Blumberg, Bräunlingen und Hüfingen entstanden ist. „Viele haben im Hintergrund sehr viel bewerkstelligt und mehr als den Regeldienst absolviert“, sagt Pauly, der sich stolz zeigt, dass seine Mitarbeiter in „so einer Krisenzeit“ für die Bürger da sein wollen und lieber einmal den Feierabend verschieben.

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Für das Donaueschinger Stadtoberhaupt „steht und fällt“ in den kommenden Monaten alles mit den Entwicklungen der Infektionszahlen und da sei jeder einzelne gefragt: „Sich selbst zu schützen, bedeutet auch, andere zu schützen und deshalb sollten dringend die Corona-Regeln befolgt werden“, sagt der Oberbürgermeister. Das fordere aber das Mitwirken aller: „Die Solidarität, die am Anfang gelebt wurde, nimmt ab, weil sich viele zu sicher fühlen.“ Diese Sicherheit sei allerdings eine trügerische: „Das kann sich auch schnell wieder ändern.“

So sieht es bei der Stadt finanziell aus

Während andere Städte auf Sparkurs sind, präsentiert Donaueschingen ganz andere Zahlen.

  • Ergebnishaushalt: „Stand heute werden wir ein Defizit von 4,7 Millionen Euro haben“, sagt OB Erik Pauly. Mit einer großen Kraftanstrengung sei es der Verwaltung aber gelungen, 2,3 Millionen Euro einzusparen und die restliche Summe könne voraussichtlich mit Bundes- und Landesmitteln ausgeglichen werden.
  • Finanzhaushalt: Bei den Investitionsprojekten habe sich die Stadt um 900 000 Euro verschlechtert. Allerdings stehen dem Verbesserungen in Höhe von 9,6 Millionen Euro gegenüber. So werden aktuell fünf Millionen, die für den Neubau der Realschule eingeplant waren, nicht benötigt. Ein Grund ist auch, dass sich die Stadt einfach einmal wieder zu viel vorgenommen hat: 23,8 Millionen Euro sollten dieses Jahr verbaut werden – 11,6 Millionen stammen noch aus dem Vorjahr.
  • Ausblick: Entwarnung gibt es von Pauly allerdings nicht: „Was wir nicht aus dem Blick verlieren dürfen, ist die Tatsache, dass sich die Einnahmen in den kommenden Jahren anders entwickeln werden, als wir es gewohnt sind.“ (jak)