Wenn sich von Montag bis einschließlich Donnerstag – immer um jeweils 17 Uhr – eine kleine Menschengruppe vor dem blauen Rathaus in Donaueschingen versammelt, dann wird gegen die von der Regierung beschlossenen Corona-Maßnahmen demonstriert. Bisher ging es bei den Versammlungen, die seit Anfang November stattfinden und von Frank Jäger aus Donaueschingen initiiert werden, um die Themen Impfstoff, US-Wahl sowie die Aussagekraft von Corona-Tests.

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Im Anschluss an unsere Berichterstattung mit der Überschrift „Die Querdenker vom Rathausplatz„, erschienen in der Ausgabe vom 28. November, erreichten den SÜDKURIER folgende Leserzuschriften, die wir allesamt in diesem Artikel bündeln:

Impfung kann den Spuk beenden

Man konnte es fast erwarten, dass die „Querdenker“ nun auch in Donaueschingen ihr fragwürdiges Spiel treiben würden. „Quertreiber“ wäre der passendere Ausdruck für diese Bewegung, da sie durch ihre abstrusen Thesen einen Keil in die Gesellschaft treiben und so zu Spaltung und Hass beitragen. Eine Gruppe, die sich in der Vorweihnachtszeit im Dunkeln trifft und die Nationalhymne singt? Gab es das nicht schon mal? Hat so nicht auch die Organisation Pegida angefangen? Zu Inhalt und Intention dieser Treffen will sich Initiator Jäger gegenüber des SÜDKURIER nicht äußern. Ist auch nicht weiter verwunderlich. Die Zeitung gehört ja auch zur „Lügenpresse“, die „das Gegenteil von dem berichtet, was stimmt“. Da lässt Herr Jäger seine Ansprachen lieber ins Internet übertragen. Sicher ist sicher! Denn nur dort gibt es die „absolute Wahrheit“.

Wessen Geistes Kinder Herr Jäger und seine Mitstreiter sind, sieht man auch an dessen Thesen zur US-Wahl, liegt er doch voll auf der Linie von Donald Trump, der die Wahl als Betrug darstellt. Die Querdenker-Demos in Berlin und Stuttgart werden gelobt, wo Zehntausende ohne Masken und Abstand Seite an Seite mit Neonazis marschieren und wo für ihre abstrusen NS-Vergleiche Sophie Scholl und Anne Frank herhalten müssen. Dies wird vom Grundgesetz gedeckt, während Restaurants schließen müssen, obwohl sie gute Hygiene-Konzepte vorlegen. Und auf den Intensivstationen Covid-19-Patienten um ihr Überleben kämpfen und das Pflegepersonal am Rande der Belastbarkeit arbeitet.

Herr Jäger präsentiert sich als Fachmann, da er die Gefährlichkeit des Coronavirus im Vergleich zu anderen Erregern einordnen kann und sich nicht zum „Impfen jagen lässt“. Dass aber gar keine Impfpflicht geplant ist, klammert er dabei wohlweislich aus. Die Tatsache, dass nur eine Impfung den Corona-Spuk beenden kann, sei dabei nur am Rande erwähnt.

Eigentlich würde man gerne mal einen adventlichen Abendspaziergang durch die Stadt unternehmen und die Einzelhändler unterstützen, wenn man nicht an Leuten wie Herrn Jäger und Seinesgleichen vorbei müsste, die einem den Rest von vorweihnachtlicher Stimmung, die in dieser schweren Zeit noch bleibt, verderben.

Giulio Covella, Donaueschingen

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Zahl der Toten spricht für sich

In Deutschland waren am Dienstagmorgen, 8. Dezember, 1.197.709 Personen mit dem Coronavirus infiziert. Davon sind zu diesem Zeitpunkt 19.342 Personen wegen oder mit dem Virus gestorben. Zuletzt waren es 300 bis 400 Tote pro Tag. Diese Zahlen sind Fakt und nicht wegzudiskutieren. Zum Schutz der Bevölkerung wurden von der Politik unter Einbeziehung anerkannter, qualifizierter Experten die bekannten Abstands- und Hygieneregeln, Mund-Nasen-Schutz und Kontaktbeschränkungen verordnet. Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen wurde in seriösen, wissenschaftlichen Studien mehrfach belegt.

Auch wenn durch diese Einschränkungen viele Bereiche und gewerbliche Betriebe hart getroffen wurden, kam Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern bisher noch relativ glimpflich durch diese Pandemie. Vor diesem Hintergrund erscheint es völlig unverständlich, wenn sich Menschen vor dem Rathausplatz versammeln und die Pandemie abstreiten oder verharmlosen. In welcher Welt leben diese Corona-Leugner eigentlich? Gegenüber den bisher Verstorbenen und ihren Angehörigen stellt dieses Verhalten eine beispiellose Respektlosigkeit dar. Das Zitieren von zweifelhaften pseudowissenschaftlichen Studien, welche die Aussagekraft der PCR-Testverfahren infrage stellen, an der Sinnhaftigkeit des Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes zweifeln, und den Medien die bewusste Verbreitung von Falsch-Nachrichten unterstellen, zeugt von einer gewissen Naivität.

Solange keine wirksamen Medikamente und noch kein Impfschutz gegen eine Corona-Infektion zur Verfügung stehen, stellen die aktuell verordneten Maßnahmen den bisher wirksamsten Schutz gegen eine Corona-Infektion dar. Damit werden Leben gerettet. Es sind ja auch nicht nur die Toten, die Sorge bereiten. Viele Infizierte leiden unter Langzeitfolgen, die bisher in ihrem ganzen Ausmaß noch gar nicht absehbar sind. Die Aussage „Wir sind nicht angewiesen auf die, die uns zum Impfen jagen wollen“ verursacht bei mir nur Kopfschütteln. In Deutschland wird niemand zum Impfen gejagt; Impfungen werden höchstens angeboten und empfohlen.

Als Betreiber eines Fitnessstudios würde ich von dem Organisator dieser Demonstrationen etwas mehr Vorbildfunktion erwarten. Ich als direkt Betroffener hoffe und wünsche, dass alle Querdenker im Falle einer Infektion in der Klinik die gleiche uneingeschränkte Fürsorge und Behandlung erfahren dürfen, die aktuell von dem hoch engagierten Krankenhauspersonal, teilweise bis zur Erschöpfung, täglich geleistet wird.

Dr. Helmut Keller, Donaueschingen

Falscher Ort für solche Botschaften

Der Beitrag macht betroffen und wütend. Bundesweit veranstalten Corona-Leugner und Demokratieverächter höchst unanständige Demonstrationen gegen die Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Zunehmend werden diese Veranstaltungen von Verschwörungstheoretikern, Impfgegnern, Reichsbürgern, Antisemiten und Rechtsradikalen durchsetzt. Dabei werden sogar Kinder instrumentalisiert. Zunehmend werden auch absurde Vergleiche zwischen der NS-Terrorherrschaft und der heutigen Bundesrepublik gezogen. Unverfroren werden Widerstandskämpfer und Opfer der Naziverbrecher in widerlicher Form missbraucht und damit auch verunglimpft.

Von den Donaueschinger Querdenkern hört man zu diesen Auswüchsen weder eine Distanzierung noch ein Zeichen der Empörung. Ganz im Gegenteil: Man stellt sich auf den Rathausplatz, hört sich Mumpitz über das Impfen, die Wahlen in den USA und die vermeintliche Harmlosigkeit des Coronavirus an.

Kaum zehn Meter neben den Querdenkern wurde vor 80 Jahren in einem Schaukasten die NS-Hetzschrift „Der Stürmer“ ausgehängt. Heute erinnert eine Infotafel an die deportierten jüdischen Donaueschinger Bürger. Dieser Platz ist also denkbar ungeeignet als Podium für die sangesfreudigen Querdenker. Vielmehr sollte er für sie Mahnung sein zum Innehalten und eventuell zur Umkehr.

Kurt Egle, Geisingen

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