Etwa fünf Stunden dauerte die Sitzung des Donaueschinger Gemeinderats am Dienstag, 29. April. Und sie endete mit einer Überraschung: Das Gremium lehnte die Baupläne für das ehemalige Fischbach-Areal in der Neuen Wolterdinger Straße ab.
Oberbürgermeister Erik Pauly ist über den Ausgang der Abstimmung ganz und gar nicht amüsiert – und das letzte Wort ist wohl noch nicht gesprochen.
Neuer Wohnraum für die Stadt?
Doch was ist passiert? Seit 2019 befindet sich die Bebauung des etwa ein Hektar großen Geländes in der Planung, 2021 wurde die Thematik im Gemeinderat behandelt. Ein Ingenieur- und Planungsbüro aus Rottweil hatte ein städtebauliches Konzept sowie einen Bebauungsplan erstellt.

So soll vor Ort ein dreistöckiges Haus entstehen, daneben soll ein Bestandsgebäude saniert werden. Außerdem sind laut Sitzungsunterlagen vier weitere Mehrfamilienhäuser auf dem Areal eingeplant. 100 Wohnungen sollen entstehen. Bauherrin ist die Binefeld Immo Bau GmbH, Geschäftsführer ist Alexander Binefeld.
Eine Baugenehmigung wurde vonseiten der Stadt wurde am 6. März erteilt, da die Voraussetzung für eine Genehmigung während der Planaufstellung erfüllt waren. Seit zwei Monaten laufen schon die ersten Erdarbeiten am Gelände.
Wenig Gesprächsbedarf im Rat
Völlig untypisch für den sonst so diskussionsreichen Abend gab es nach den Ausführungen von André Leopold vom Ingenieurbüro vonseiten der Stadträte kaum Wortbeiträge.
Einer, der sich kritisch zeigte, war jedoch GUB-Fraktionssprecher Marcus Milbradt. Er kündigte bereits vor der Abstimmung an, dass er gegen die Baupläne stimmen werde und auch kein Verständnis dafür habe, wie man das Projekt in dieser Form unterstützen könne.
Eine unerwartete Koalition
Was dann bei der Abstimmung über die Billigung des Bebauungsplans am späten Abend passierte, kam dennoch überraschend: Der Gemeinderat stimmte mit einer knappen Mehrheit gegen das Bauvorhaben, das sich seit über fünf Jahren in der Planung befindet.
Unter den Gegenstimmen waren nicht nur GUB-Stadträte, sondern spontan auch die CDU-Fraktion. „Das war ein Kollateralschaden der Entwicklung in der Sitzung“, sagt CDU-Stadtrat Martin Lienhard im Nachgang dem SÜDKURIER. „Es gab aus der Dynamik heraus eine Koalition von CDU und GUB, allerdings aus unterschiedlichen Gründen.“
Während die GUB die Planung städtebaulich kritisch sieht, ist das nicht das Problem der CDU. Laut Lienhard war seine Fraktion vor einigen Jahren bereits gegen eine alte Planung. Danach gab es einen Plan, der den Vorstellungen der CDU entsprach.
Seine Fraktion hätte sich für die jüngste Sitzung dennoch gewünscht, in der Vorlage einen Schnitt zur Straße und eine stärkere Beachtung von Bestandsgebäuden zu sehen. „Bei der jetzigen Sitzungsvorlage wurde keine aktuelle Visualisierung gezeigt, sondern nur nochmals alte Pläne“, so Lienhard.
OB legt Widerspruch ein
Eine fundamentale Opposition zum Projekt pflege die CDU jedoch nicht. Unter anderen Umständen hätte es zu einer Unterbrechung der Sitzung und Klärung kommen können, sagt Lienhard.
Weil die Sitzung aber schon so lange lief und es zur Abstimmung gegen 23 Uhr kommen musste, positionierte sich also auch die CDU gegen die Pläne und wurde damit unerwartet zum Zünglein an der Waage beim Votum. Oberbürgermeister Erik Pauly zeigte sich vom Abstimmungsausgang sichtlich überrascht.
Der OB ließ das Thema jedoch nicht auf sich beruhen und legte am 6. Mai Widerspruch gegen den Beschluss des Gemeinderates ein. Er berief eine außerplanmäßige Gemeinderatssitzung ein, um nochmals über das Bauvorhaben abzustimmen.
„Imageschaden für Donaueschingen“
Seine Sorge: Der Beschluss des Gemeinderats sei vor allem ein immenser Imageschaden für die Stadt Donaueschingen, so Pauly in seiner Begründung. In den vergangenen Jahren habe der Bauherr den Wünschen des Gemeinderats entsprechend mehrmals seine Planung so abgeändert und angepasst, dass sie dem Willen des Gemeinderats entsprach.
Die aktuelle Ablehnung des Vorhabens würde über dieses konkrete Verfahren hinaus das Vertrauen künftiger Investoren in die Zusammenarbeit mit der Stadt Donaueschingen als zuverlässigen Partner nachhaltig beschädigen und das Investitionsklima in der Stadt langfristig negativ beeinflussen, so Pauly.
Mögliche Regressforderungen
Ein Scheitern des Bebauungsplanverfahrens hätte zudem erhebliche negative Folgen für die Stadt Donaueschingen, wie Pauly weiter den Widerspruch gegen den Gemeinderatsbeschluss begründet. Der Bau von etwa 100 neuen Wohneinheiten werde nun nach einem über fünf Jahre dauerndem Planungsverfahren verhindert: Wohnraum, der dringend in der Stadt benötigt werde.

Da der Bauherr bereits mit den Bauarbeiten gestartet und Investitionen bereits getätigt habe, könne die Stadtverwaltung auch nicht ausschließen, dass nach diesem Gemeinderatsbeschluss Schadensersatzforderungen die Folge sein könnten.
Jetzt soll in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung am 20. Mai nochmals über das Bauvorhaben abgestimmt werden.
Dann auch wieder mit dem Wohlwollen der CDU-Fraktion, sagt Martin Lienhard: „Wir wollen, dass investiert wird und dass hier Wohnungen gebaut werden.“