Ein Freitag gegen 9.40 Uhr: Im Eingangsbereich der Gewerblichen Schulen stehen auf einem kleinen Tisch zwei Flaschen Desinfektionsmittel bereit. Auf sämtlichen Bodenflächen weisen Klebestreifen jede Person darauf hin, wo in welche Richtung gelaufen werden soll. An diesem Morgen ist es ruhig im Haus. Und nur wenige Schüler kommen mir auf den Gängen entgegen.

Im geräumigen Klassenzimmer angekommen, nehme ich – direkt in der ersten Stuhlreihe und direkt an einem offenen Fenster – meinen Platz ein. Dort verbringe ich die nächsten 45 Minuten. Gemeinsam mit sechs Schülern und zwei Schülerinnen einer Bautechnikerklasse, die allesamt eine berufliche Weiterbildung machen. Ein weiterer Schüler und eine weitere Schülerin sind per Video zugeschaltet.

Auf dem Lehrerpult von Daniel Hohe stehen Dokumentenkamera, Laptop, Mikrofon, Tablet und Desinfektionsmittel bereit.
Auf dem Lehrerpult von Daniel Hohe stehen Dokumentenkamera, Laptop, Mikrofon, Tablet und Desinfektionsmittel bereit. | Bild: Singler, Julian

Auf dem Stundenplan steht Englischunterricht. Lehrer ist der 35 Jahre alte Daniel Hohe, der bis auf kleine Ausnahmen durchweg Englisch spricht. Er nutzt eine elektronische Tafel, die mit einem Laptop gekoppelt ist. Seit 2017 stehen Hohe und seinen Kollegen Laptops zur Verfügung. Digital waren die Gewerblichen Schulen also schon vor Corona recht gut aufgestellt. Aber durch die Pandemie hat das Ganze eine andere Dynamik bekommen.

Effizient lernen trotz Pandemie: So läuft das an den Gewerblichen Schulen

Norbert Kias-Kümpers, Rektor der Gewerblichen Schulen, stellt das hausinterne Lernkonzept vor. Er sagt: „Die Belastung für das Kollegium ist nicht unerheblich gestiegen.“

In dieser Unterrichtsstunde sollen die Schüler ihre Kompetenzen für das tägliche Arbeitsleben verbessern. Um möglichst authentisch eine Prüfungssituation nachzustellen, wird jeweils zu zweit in Gruppenarbeit ein Dialog auf einer Baustelle simuliert. Dabei schlüpft eine Person in die Rolle eines neuen Kollegen, der kein Deutsch spricht und aus England kommt. Die andere Person wiederum arbeitet bereits seit längerer Zeit in einer Firma aus der Region und nimmt den internationalen Mitarbeiter in Empfang.

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Es ist kalt am Fensterplatz

Kaum sind zehn Minuten vergangenen, spüre ich zum ersten Mal die klirrende Kälte. Ein kurzer Blick zu den anderen zeigt: Kein Schüler trägt eine Jacke. Also wird der Gedanke, sich selbst eine überzuziehen, schnell verworfen. Weil der zugeschaltete Schüler früher gehen muss, übernimmt Hohe selbst den Part eines Neuankömmlings. Und führt ohne Probleme einen virtuellen Dialog per Video mit einer Schülerin.

Lehrer Daniel Hohe (links) und Norbert Kias-Kümpers, Schulleiter der Gewerblichen Schulen, stehen vor einer digitalen Tafel.
Lehrer Daniel Hohe (links) und Norbert Kias-Kümpers, Schulleiter der Gewerblichen Schulen, stehen vor einer digitalen Tafel. | Bild: Singler, Julian

Als jede Gruppe mit ihrem Dialog fertig ist, steht die Feedback-Runde an. Anfangs ist das Gesagte für die Schüler im Homeoffice nur schwierig zu verstehen. Doch Daniel Hohe hat nicht nur diejenigen im Präsenzunterricht im Blick. Der Lehrer richtet das Mikrofon neu aus, und schon ist es besser. Trotzdem kommt es im Alltag mit etwas unter 1100 Schülern vor, dass aufgrund der Internet-Signalstärke der Ton ab und an stockt – durchaus eine Herausforderung für die insgesamt 65 Lehrkräfte an den Gewerblichen Schulen. Und eine zusätzliche Druck-Situation für Schüler. In den 28 Klassenzimmern sowie zahlreichen Fachräumen, verteilt auf zwei Bauteile, herrschen teilweise unterschiedliche Bedingungen vor.