Fünf Gruppierungen am Ratstisch, acht neue Räte, erneut drei Frauen, die gewählt wurden: Am Tag nach Auszählung bringen sich Gewählte und Verantwortliche mit ihren Einschätzungen zu Gehör.
Entscheidungen sind wichtig, nicht Meinungen
Bürgermeister: Für Michael Kollmeier kam die neue Fünferkonstellation nicht unerwartet. Aber auch in diesem „bunten“ Gremium – mit acht Neuen und zehn Bewährten eine gute Mischung – werden sich Sachpolitik und kommunalpolitischer Grundkonsens durchsetzen. Bei allem Pluralismus der Meinungen sei es die Aufgabe des Gremiums diese Meinungen in demokratischer Weise zu Entscheidungen zu führen. Von der Kindertagesstätte bis zum Straßenbelag.
„Die Sitzungen werden länger dauern“, prognostizierte Kollmeier völlig wertneutral. Das Thema Unechte Teilortswahl habe im Wahlkampf zwar eine Rolle gespielt, doch mehr Zufriedenheit werde nicht durch Wahlrechtsänderung, sondern mit der richtigen Ausrichtung erzielt. Entscheidend sei eine gesamtstädtische Politik, die durch vielfältige Aktionen innerhalb und außerhalb des Gemeinderats zur Entfaltung komme.
Künftig auf Mehrheiten-Suche
CDU: Statt acht nur noch sechs Sitze für die CDU: Der wiedergewählte Gemeinderat und bisheriger Bürgermeisterstellvertreter Harald Weh kann seine Enttäuschung nicht verhehlen. Allerdings sei der Stimmenverlust der CDU kein Hüfinger Spezifikum. Zum anderen habe man den freiwilligen Rückzug von vier der amtierenden Räte nicht ausgleichen können.
Das waren 2015 mehr als 5000 Stimmen“, sagte Weh. „Künftig müssen wir Mehrheiten suchen“ so Weh weiter. Das bedeute, der Rat müsse sich noch intensiver mit den Themen auseinandersetzen. Eventuell werde das Instrument der Klausurtagung zum Einsatz kommen. Angesichts dreier nicht am Ratstisch vertretener Ortsteile dürfte sich das Thema Unechte Teilortswahl nicht verflüchtigen.
Von neun Kandidatinnen kam nur eine durch
SPD: „Ich war total überwältigt“, kommentierte SPD-Rätin Kerstin Skodell ihren neuen Rang als Stimmenkönigin. Schade sei es aber, dass sie es allein neben vier SPD-Männern ins Gremium geschafft hat. Dabei hatte die SPD mit neun Männern und neun Frauen die ausgewogenste Liste.
„Immerhin sind ja jetzt die drei Ratsfrauen auf drei und nicht mehr zwei Fraktionen verteilt.“ Die Gemeinderatsarbeit dürfte spannender werden, weil Kompromisse notwendig werden. Das bringe eine Stadt weiter. Gespräche mit den Grünen wegen einer Fraktionsgemeinschaft könnte sich Skodell gut vorstellen. Es gebe großen Schnittmengen im Programm.
Ortsteilkandidaten haben es schwer
FDP/FW/UWV: „Wir hätten gerne ein Mandat mehr gehabt“, kommentierte Adolf Baumann, bisheriger Sprecher von FW/FDP/UWV, die neue Konstellation im Gremium.
Der Dreibund habe Stimmen zugelegt, aber wegen der höheren Wahlbeteiligung 1,5 Prozentpunkte verloren. Die Wahl habe gezeigt, dass es Ortsteilkandidaten zunehmend schwerer hätten, sich einen Sitz am Ratstisch zu sichern. „Inzwischen hat sich die Kernstadtdominanz eher noch ausgebaut.“ Das Thema Unechte Teilortswahl sei deshalb keineswegs vom Tisch. Nicht gewählt wurde der bisherige Gemeinderat Joachim Seidel. Ohne ihn fehlt aus dem Listenbündnis FW/FDP/UWV eine UWV-Stimme am Ratstisch. „Der Wähler hat das Wort“, zeigte sich Seidel, seit 1989 in der Kommunalpolitik tätig, enttäuscht.
Er habe sich mehr erwartet, doch kontinuierliche Arbeit für die Gemeinde sei nicht geschätzt worden. UWV-Inhalte sieht er trotzdem künftig am Ratstisch vertreten, denn das gemeinsame Wahlprogramm sei die Richtschnur des künftigen Handelns innerhalb der Liste.
Gespräche mit allen Fraktionen
Grüne: Zwei Sitze am Ratstisch: Peter Albert von der Grünen Liste sieht das Ergebnis positiv. „Mich freut es, dass es offenbar ein Umdenken in Richtung Umwelt geben wird“, sagte er. Der Wandel und der Ansatz, etwas zu ändern müsse von unten kommen. Von Hüfingen aus könne man auch viele Dinge im Städtedreieck angehen, wo etwas im Argen liege.
Peter Albert und die ebenfalls gewählte Hannah Miriam Jaag dürfen laut Geschäftsordnung des Gemeinderats keine Fraktion bilden. Deshalb möchten die Grünen mit allen Fraktionen Gespräche in beide Zielrichtungen führen. Denkbar wäre ein Vorstoß, die Geschäftsordnung zu ändern, aber auch die Möglichkeit, mit einer Fraktion eine Fraktionsgemeinschaft zu bilden.
Um 180 Stimmen am zweiten Sitz vorbei geschrammt
BFSO: Persönlich sehr zufrieden und für die Liste ganz ordentlich zufrieden: So wertete der Spitzenkandidat des Bürgerforums Starke Ortsteile (BFSO) das Wahlergebnis. Als einzelner Gemeinderat hat er keine Aussicht auf einen Fraktionsstatus und damit auf manche Info und den Sitz in einem Ausschuss. Deshalb werde man wegen einer Zusammenarbeit auf die Fraktionen zugehen, „aber nicht wegen der Arithmetik, die Inhalte müssen passen“.
Dass keine Fraktion eine Mehrheit habe, sei vom demokratischen Grundverständnis positiv zu sehen. Nicht stattgefunden habe eine Verjüngung am Ratstisch. Mit 32 Jahren der jüngste im Gremium zu sein, gebe ihm ein merkwürdiges Gefühl. Die Wiedereinführung der Unechten Teilortswahl, das Grundanliegen des BFSO sei mit Blick auf die Ergebnisse weiter ein berechtigtes Anliegen. Einen zweiten Sitz habe die BFSO nur um 180 Stimmen verpasst, fügte Steinemann hinzu.
In den Ortsparlamenten geht es spannend zu
Ortschaftsräte: Und die Ortsparlamente? Hier deuten sich interessante Personalien und Konkurrenz für die bisherigen Ortsvorsteher an: Nur Ancilla Batsching in Sumpfohren (126 Stimmen) und Hans-Peter Münzer (186 Stimmen) sind Stimmenkönige. In Mundelfingen überflügelte Kathrin Schwarz mit 297 Stimmen Michael Jerg um eine Stimme, in Behla stellten sich Klemens Götz und Benjamin Schnaitter mit je 139 Stimmen an die Spitze und in Fürstenberg stellte sich Markus Rekla mit 228 Stimmen gegenüber 226 Stimmen knapp vor den bisherigen OV Bernhard Schmid.
Diese Zahlen seien allenfalls „ein Zeichen, aber ohne Bedeutung“, sagte Hauptamtsleiter Horst Vetter. Die Personalie werde im Ortschaftsrat entschieden und im Gemeinderat abgestimmt. Dabei müsse der neue Ortsvorteher nicht einmal dem Gremium angehören. Es bleibt also spannend.
Der Ablauf der Wahl
„Gegen 14 Uhr waren am Montag die Ortschaftsräte ausgezählt, danach ging es an die Formalien.“ Eine reibungslose Wahl bilanzierte Horst Vetter, Vorsitzender des Gemeindewahlausschusses. Die Zahl der Briefwahlanträge war von 2014 auf 2019 um 50 Prozent von 610 auf 920 gestiegen. Dem habe man mit einem mit zehn Helfern stark besetzten Briefwahlbezirk Rechnung getragen. Insgesamt waren 95 Wahlhelfer im Einsatz.