Die Schwenningerin Hanna Durda ist gebürtige Ukrainerin. Im Januar 2015 kam sie nach Deutschland, um sich hier ein neues Leben aufzubauen.

“Bereits als Schülerin war ich einmal auf einer Klassenfahrt in Deutschland. Damals war mir klar, dass ich eines Tages in Deutschland leben möchte. Das Land und die strukturierte Mentalität der Menschen haben mir sehr gut gefallen“, erinnert sich die gebürtige Ukrainerin.

Willkommen in Deutschland Video: Andrea Wieland

Mittlerweile hat sich die Lehrerin für Deutsch, Englisch, Biologie, Musik, Sport und Ethik sehr gut eingelebt und fühlt sich in der neuen Heimat sehr wohl. Aber jetzt ist Krieg und die Familie ist 1400 Kilometer entfernt.

Wurzeln im Westen der Ukraine

Nun lebt sie bereits seit sieben Jahren in Schwenningen und muss aktuell die wahrscheinlich schwerste Zeit durchstehen: “Meine Familie sowie sehr viele Freunde und Bekannte sind aktuell noch in der Ukraine. Viele von ihnen möchten auch aktuell das Land trotz des Krieges nicht verlassen“, so Hanna Durda.

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Das Verständnis von ihrer Seite dafür ist sehr groß: Durda wurde im Gebiet Zakarpatska geboren und lebte dort bis zu ihrer Auswanderung. Das Gebiet befindet sich im äußersten Westen der Ukraine. Das Gebiet grenzt im Westen an die Slowakei und Ungarn, im Süden an Rumänien und im Norden an Polen. Aktuell scheint dieses Gebiet noch verhältnismäßig sicher zu sein.

Schwester darf nicht ausreisen

“Ich verstehe es sehr gut, dass meine Familie und Freunde das Land nicht verlassen wollen. Einerseits befinden sie sich in einem noch wenig umkämpften Gebiet, andererseits wollen viele Frauen ihre Männer nicht zurücklassen“, erzählt Durda. Dies sei wohl einer der wichtigsten Gründe.

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Es gebe auch Frauen, welche das Land nicht verlassen dürfen, wie ihre Schwester: “Sie ist Krankenschwester und hat eine Zusatzausbildung zur Militär-Krankenschwester. Solchen Fachkräften ist es zum Beispiel nicht erlaubt, auszureisen. Im Bedarfsfall kann sie auch verpflichtet werden, in einem Militärkrankenhaus zu arbeiten.“

Kontaktaufnahme zu festen Uhrzeiten

Dies macht die Situation für sie selbst nicht einfacher. “Jeden Morgen ist das Erste, an was ich denke, meine Familie und Freunde in der Ukraine und abends ist es ebenso das Letzte an was ich denke“, erklärt Durda.

Ihr Handy hat sie dabei immer griffbereit: “Mit meiner Schwester habe ich feste Uhrzeiten vereinbart, zu welchen sie sich bei mir meldet. Teilweise telefonieren wir dann kurz, teilweise sendet sie mir nur ganz knapp Smileys, die mich wissen lassen, dass es der Familie gut geht“, so die Lehrerin.

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Als Übersetzerin Hilfe leisten

Nicht nur die gebürtige Ukrainerin ist in Sorge, sondern auch ihre beiden Kinder wollten bereits helfen: “Ich selbst versuche, so gut es geht zu helfen und bin sehr viel auf Achse. Das heißt, ich unterstütze beim Packen von Hilfspaketen oder unterstütze als Dolmetscherin, wenn meine geflüchteten Landsleute hier ankommen“, erklärt Durda.

Worte an Landsleute in Deutsch Video: Andrea Wieland

Besonders freut sie sich darüber, dass sie beim Dolmetschen direkt im Kontakt mit den Landsleuten steht: “Es ist so schön zu sehen, wie man den Menschen dabei direkt helfen kann. Man kann ihnen Wärme geben, sie umarmen und dabei die eigene Kraft und positive Einstellung an die Menschen weitergeben“, beschreibt Durda das Gefühl.

Worte an Landsleute in Ukrainisch Video: Andrea Wieland

Viele Sprachen im Land

Dass Durda die ukrainische Sprache spricht, hilft ihr dabei, den ersten Schritt auf die Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten, zuzugehen: “In der Ukraine wird außer der Amtssprache Ukrainisch auch sehr viel Russisch, Polnisch und andere slawische Sprachen gesprochen. Der Großteil der Ukrainer spricht nicht nur eine Sprache, sondern beherrscht mehrere der genannten Sprachen“, erklärt die Ukrainerin.

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Jedoch spricht nur ein kleiner Teil der Bevölkerung Deutsch oder Englisch, was dazu führt, dass es für Deutsche oftmals schwer ist, das Eis zu brechen und zum Beispiel den Geflüchteten ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln.

Was Helfenden in dieser schweren Zeit hilft

„Mir persönlich hilft mein Glaube sehr viel. Ich bete jeden Abend für meine Angehörigen und alle Ukrainer“, erklärt Durda. “Bereits meine Großmutter hat mir als Kind erklärt, dass ihr der Glaube im zweiten Weltkrieg sehr gut geholfen hat, die Zeit zu überstehen.“

Es freut die Deutsch-Ukrainerin, dass sie bereits direkte Rückmeldung aus der Ukraine bekommen hat, dass die Hilfspakete ankamen. “Über Facebook wird in den Krisengebieten sehr viel kommuniziert. Wir schreiben auf unsere Pakete immer drauf, woher diese kommen. Wir haben bereits einige Nachrichten und Fotos von den Soldaten erhalten, welche zeigen, dass unsere Pakete dort ankommen und helfen.“

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“Der Krieg zerstört ziemlich vieles in der Ukraine. Dies tut mir sehr weh. Erst recht, da die Ukrainer ein sehr freundliches und hilfsbereites Volk sind. Es freut mich aber umso mehr, zu sehen, wie andere Länder meine Landsleute aufnehmen und sie unterstützen“, so Durda.

Das Erlebte verarbeiten

Welche Möglichkeiten haben die Helfer, ihre eigene seelische Gesundheit aufrecht zu erhalten? “Es ist ganz wichtig, dass Helfer nach den Einsätzen – egal welcher Art – über das Erlebte sprechen, das Geschehene Revue passieren lassen“, erklärt Bertram Krämer, stellvertretender Leiter der psychosozialen Notfallseelsorge im Schwarzwald-Baar-Kreis.

“Es ist auch keinesfalls ein Zeichen von Schwäche, wenn man professionelle Hilfe aufsucht, weil man das Erlebte oder Erzählte ...
“Es ist auch keinesfalls ein Zeichen von Schwäche, wenn man professionelle Hilfe aufsucht, weil man das Erlebte oder Erzählte nicht verkraftet“, sagt Bertram Krämer, Notfallseelsorger. Hier auf einem Foto von 2019. | Bild: Alexander Hämmerling (Archiv)

“Es ist auch sehr wichtig, die Distanz zu dem Geschehenen zu wahren. Sich nicht zu sehr mitreißen zu lassen. Man darf Mitgefühl verspüren, aber kein Mitleid, denn dies ist ein Zeichen dafür, dass man die notwendige Distanz nicht wahren kann“, so der Notfallseelsorger.

“Es ist auch keinesfalls ein Zeichen von Schwäche, wenn man professionelle Hilfe aufsucht, weil man das Erlebte oder Erzählte nicht verkraftet.“ Laut Krämer ist es ebenfalls von Vorteil, wenn man sich in Gruppen, zum Beispiel mit anderen Helfern zusammentut und über das Erlebte spricht.