Eigentlich wird der Hüfinger Sozialpreis beim Neujahrsempfang vor großem Publikum verliehen. So war es zumindest die ersten beiden Male. Doch aktuell ist so etwas schließlich nicht möglich, doch das soziale Engagement ruht in Hüfingen auch nicht während der Corona-Pandemie.
Ganz im Gegenteil: Es war am 17. März des vergangenen Jahres, als sich erstmals eine Gruppe am Brunnen vor dem Rathaus getroffen hat. „Das Aquari war damals den zweiten Tag geschlossen, die Kindertagesstätten und die Schulen hatten gerade den ersten Tag zu“, sagt Bürgermeister Michael Kollmeier und fügt hinzu: „An diesem Tag hat sich eine Initiative aus Hüfinger Vereinen heraus gebildet und gesagt: ‚“Wir wollen uns um diejenigen kümmern, die in Corona-Zeiten nicht selbst einkaufen sollten.‘“
Mitglieder der Katholischen Frauengemeinschaft (KFD), der Kolpingsfamilie, der Katholischen jungen Gemeinde (KJG), der Jugendkapelle, des Roten Kreuz und von „Hüfingen hilft“ schlossen sich zu einem Zeitpunkt zusammen, zu dem noch keiner erahnen konnte, wie lange der Ausnahmezustand wirklich andauern wird und auch nicht, was für ein Grundstein gesellschaftlichen Engagements an diesem Tag gelegt wurde. Menschen in diesen ungewissen, angsterfüllten und von Einsamkeit besetzen Zeiten zu unterstützen und begleiten – das war der Plan, den die Gruppe damals bei ihrer ersten und auch letzten persönlichen Sitzung fasste.
„Es ist eine großartige Idee und ein großartiges Engagement“, sagt Kollmeier bei der Preisverleihung, die im Rahmen der ersten Gemeinderatssitzung des Jahres stattgefunden hat. Stellvertretend nahmen Bettina Heinemann, Michael Drumm, Maria Roßhardt, Susan Marder und Simone Stiehl den Sozialpreis der Stadt Hüfingen entgegen. Michael Kollmeier betonte, ihm sei sehr wohl bewusst und darauf sei er als Bürgermeister auch stolz, dass außer den anwesenden Gründungsmitgliedern noch viele andere MitstreiterInnen diese Initiative mit Leben füllten. Und von Kollmeier gab es nicht nur den Preis und die Auszeichnung, das Hüfinger Stadtoberhaupt gab der Gruppe auch gleich einen Namen: Corona-Hilfe Hüfingen.
Und viel ist in den vergangenen Monaten geleistet worden. Gemeinsam haben die Mitglieder in Hüfingen und den Teilorten etwa 60 Haushalte mit Einkäufen versorgt. Er sind langfristige Nachbarschaftshilfen und wunderbare neue Freundschaften entstanden. Schnell zeigte sich, dass in den schweren Zeiten nicht nur Einkäufe nötig sind, sondern auch Gespräche. Und die Nachfrage sei immens gewesen – vom einfachen zwischenmenschlichen Austausch bis hin zu schweren Themen wie Ängste, Sorgen und Probleme.
Auch im Sommer war Hilfe gefragt
Im Sommer konnten die Ehrenamtlichen etwas aufatmen, das Leben normalisierte sich. Doch es zeigte sich auch gleichzeitig, dass viele Menschen dauerhaft und beständig auf Hilfe angewiesen wären und so ging‘s weiter. Das Angebot wuchs: Hilfe bei Pflegefragen und -anträgen, Begleitung, Beschäftigung, Besuche, Gespräche mit Ratsuchenden, den Angehören und Behörden. Menschen mit Hilfsmitteln wie Rollstühle oder Gehilfen konnte wieder die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden.
„Den Grundstein haben wir mit unserer ‚Einkaufs- und Alltagshilfe‘ gelegt, die wir nun stückweise ausbauen werden“, sagt Bettina Heinemann im Namen der Gruppe. Im Oktober bot das Rote Kreuz Hüfingen die Basis, das Projekt nachhaltig auf organisiertem Grund aufzubauen. Das Ziel: umfassende soziale Dienste für die älteren, kranken, hilfe- und pflegebedürftigen Menschen zu gewähren. „Selbstverständlich ist dieses Projekt weiterhin auf das herzliche Engagement von allen angewiesen, denn eine Sinfonie kann man nicht allein spielen, dafür braucht es ein Orchester“, sagt Heinemann.
Neben der Corona-Hilfe gibt es in diesem Jahr noch einen zweiten Preisträger: denn das jahrzehntelange ehrenamtliche Handeln der Gruppenleiter der Katholischen jungen Gemeinde (KJG) hat die Jury ebenso überzeugt. „Seit Jahrzehnten engagiert sich diese besondere Gruppierung, die immer jung bleibt, auch wenn Anfänge Jahrzehnte zurückliegen“, so Kollmeier. Jedes Jahr findet ein Jugendlager statt, jede Woche eine Gruppenstunde. Und die Gruppenleiter der KJG, die zwischen 16 und 23 Jahre alt sind, würden viel Freizeit opfern.
KJG bietet viele Angebote
Bei den Jugendlagern beispielsweise würden 50 bis 60 Kinder zwölf Tage betreut und viele Aktionen und ein spannendes Programm geboten. Dafür würden die Jugendleiter nicht nur auf ihre eigenen Ferien verzichten, sondern sie würden auch keine Entschädigung für ihren Einsatz bekommen. Stellvertretend für alle Generationen von Jugendleiter nnahmen Anna-Maria Boos und Thorsten Hermanns den Preis entgegen. „Ich weiß, ihr hättet noch viele andere mitbringen können. Wie beispielsweise Markus Leichenauer – also richtig alte Männer, die früher die Gruppenleitung gemacht haben“, sagt Kollmeier und erntet dafür Lachen aus den Reihen der Stadträte. Schließlich saß Leichenauer noch bis vor zwei Jahren ebenfalls in ihrer Mitte und gehörte damals noch zu den jüngeren Mandatsträgern.
Beide Sozialpreisträger erhalten für ihr Engagement ein Preisgeld in Höhe von jeweils 1.250 Euro. Dieses soll wieder für einen sozialen Zweck eingesetzt werden. Kollmeier selbst zeigte sichtlich stolz auf das Engagement in seiner Stadt. „Als wir damals über die Einführung des Sozialpreises beraten haben, stand ja schon die Frage im Raum: Werden wir jedes Jahr würdige Preisträger finden“, blickt der Bürgermeister zurück. Er selbst sei aber auch noch im dritten Jahr über die Vorschläge begeistert. Und gab gleich zukünftigen Preisträgern ein Motto auf den Weg: „Weiter so: Es gibt viel zu tun, gerade auch 2021“, sagt Kollmeier.