Foodsharing, Carsharing und Booksharing: Die „Sharing Economy“, also das Teilen von Eigentum, ist in aller Munde. Auch das „Wallbox Sharing“ ist inzwischen hierzulande angekommen. Und nicht nur das. In Hüfingen will Unternehmer Jürgen Krüger seine Wallbox für alle bereitstellen – gegen eine Spende für den guten Zweck. Warum macht er das?

Umweltschutz ist für ihn selbstverständlich
„Wir betreiben seit 1970 Umweltschutz“, sagt Jürgen Krüger, Geschäftsführer der Firma Reinhard Krüger Kunststoffbau, nicht ohne Stolz. „Nehmen Sie die Chipproduktion: Da machen wir von vorne bis hinten alles“, fasst Krüger zusammen. „Und deshalb will ich auch hier alles Mögliche tun, um Ressourcen zu sparen.“
2010 baute er also die erste Photovoltaikanlage aufs Dach. Schon da hatte er überschüssigen Strom, den er ins Netz einspeiste. Mit den Jahren wurden die Erträge zwar weniger. Dennoch baute Krüger 2022 eine neue, leistungsfähigere Anlage.
Behörden machten ihm einen Strich durch die Rechnung
„Damals stand ohnehin eine Dachsanierung an und die Elektronik war veraltet“, berichtet der Selbstständige. So kam noch mehr Energieüberschuss zustande. Den wollte er ebenfalls weitergeben und ins Netz einspeisen. Aber die Behörden störten sich an einem fehlenden Trafo. „Dabei hätte ich fünf Absicherungsmechanismen“, sagt Krüger.

Weil der Hüfinger aber ein Verrückter im besten Sinne ist, spann er die Idee weiter. Könnte man den Strom nicht gleich verschenken? „Die benachbarten Betriebe brauchen ihn nicht“, sagt der Geschäftsführer. „Da habe ich gedacht: Was wäre, wenn einfach jeder die Wallbox zum Laden seines E-Autos benutzen könnte?“ Zumeist sei sie ohnehin unbesetzt. „Und Strom haben wir zur Genüge.“
Die Idee finden alle gut – aber mitmachen will keiner
Also stellte er seine Idee in einer Facebook-Gruppe vor. Die Kommentare sind ausnahmslos positiv. Doch bisher hat sich niemand gemeldet, der das Angebot in Anspruch nehmen will. „Dabei kann jeder das zahlen, was er will oder kann“, sagt Krüger.
Dass er überhaupt auf die Idee gekommen ist, seine Wallbox gegen eine Spende zur Verfügung zu stellen, hängt mit dem Einsatz zweiter Ersthelfer in Hüfingen zusammen. „Die beiden haben damals einem bewusstlosen Baby das Leben gerettet. Das Geld will ich dem Roten Kreuz spenden“, erklärt der Unternehmer.
Klimaschutz auf allen Ebenen
Ein Sinnbild für Klimaschutz: Jeder findet ihn gut, doch so richtig anfangen will keiner. Jürgen Krüger hat angefangen. Und das nicht nur mit seinen Photovoltaikanlagen. Die drei Produktionshallen in der Seemühle umgeben Wiesen und sogar ein Biotop.

„Deshalb wird das ganze Abwasser zurück in die Natur geleitet“, erklärt der Hüfinger. Eigentlich wollte er sogar einen Wärmetauscher wie im Bodensee einsetzen. Aber auch das wurde ihm untersagt.
„Jeder kann einen kleinen Teil beitragen“
Krüger appelliert deshalb an alle – von der Einzelperson bis zum Großunternehmen: „Wenn jeder einen kleinen Teil beitragen würde, dann wäre ein großer Schritt getan. Aber viele schauen nur auf mögliche Förderungen.“ Dabei seien etwa die Kosten für die Installation einer Photovoltaikanlage für einen Betrieb finanziell überschaubar.
Fragen und Antworten zum Wallbox Sharing
Die Anlage könnte zwei Tage lang ohne einen Sonnenstrahl Strom liefern, so Krüger. „Dann wären die Akkus aber auch erst zu 50 Prozent entladen.“ Und auch im Winter gebe es keine Probleme: „Wenn es schneefrei bleibt, ist das kein Thema.“

Vollständige Energieautarkie in Hüfingen
Selbst bei einem Blitzeinschlag im Juni 2023, als ganz Hüfingen ohne Strom blieb, konnte sein Betrieb weiterproduzieren. „Der Nachbar hat mich gefragt, ob ich Strom habe. Ich habe die Frage erst gar nicht verstanden“, berichtet Krüger. Es sei schön zu sagen, dass man energieautark sei. „Wir sind eine Energieinsel. Hier kann es auch keine Angriffe von außen geben“, sagt Krüger.

Auch betrieblich kann eine Vorreiterstellung im Klimaschutz von Vorteil sein. Laut Europäischer Investitionsbank achten 81 Prozent der jungen Deutschen auf die Haltung des Arbeitgebers. Trotzdem sucht Krüger händeringend nach Lehrlingen. Nun kommen sogar drei Männer aus Indonesien. „Keiner kennt unsere Branche. Das ist das Problem.“