Noch herrscht Ruhe vor dem Sturm: Bis Dienstag sind erst 50 Geflüchtete aus der Ukraine im Landkreis Tuttlingen eingetroffen, die privat untergebracht worden sind. Der Kreis bereitet dennoch neue Unterkünfte vor.
So hat die gemeinsame Anlaufstelle (GASt) von Stadt und Landkreis an der Eisenbahnstraße ihre Arbeit aufgenommen – erste Meldungen von freiem Wohnraum sind bereits eingegangen.

Menschen werden über zwei System untergebracht
„Wir haben noch nicht wirklich einen kompletten Überblick“, erklärte der Tuttlinger Landrat Stefan Bär in einer extra anberaumten Presse-Konferenz am Dienstag. Der Zustrom werde zweigleisig laufen: Zum einen über die staatliche Verteilung von Bund und Land auf die Landkreise, zum anderen weiter auf der privaten Schiene.

Die bei Gastfamilien untergekommenen Ukrainer melden sich laut Bär nun sukzessive bei der GASt, um sich registrieren zu lassen. „20 waren es heute und für Mittwoch sind schon weitere angemeldet“, berichtet er.
Gleichmäßige Verteilung auf Gemeinden
Die Herausforderung für den Landkreis sei es nun, ausreichend Wohnraum für die Flüchtlinge zu finden, so Bär. „Trotz der großen Hilfsbereitschaft der Bevölkerung wird das eine Herkulesaufgabe“, sagte er.

Ziel sei es, die Ukrainer gleichmäßig auf alle Gemeinden zu verteilen. Wer Wohnraum zur Verfügung stellen kann, soll sich mit Hilfe des auf der Homepage des Landkreises hinterlegten Datenblatts bei der Kreisverwaltung melden, die dann Kontakt aufnehme. Laut Sozialdezernent Bernd Mager seien bereits 40 freie Wohngelegenheiten gemeldet worden.
Landrat erwartet rasant steigende Flüchtlingszahlen
Steigen die Zahlen flüchtender Menschen jedoch erwartet stark an, werde die Unterbringung allein in privaten Wohnungen nicht mehr möglich sein. Stand Dienstag rechnete Stefan Bär vor, dass von den 50.000 in Deutschland bereits registrierten Ukraine-Flüchtlingen 13 Prozent, also etwa 6500, nach Land Baden-Württemberg kommen würden.
Davon würden rund 80 Menschen an den Kreis Tuttlingen zugewiesen werden. Da diese Zahlen voraussichtlich rasant ansteigen werden, habe sich der Landkreis nach neuen Gemeinschaftsunterkünften umgesehen.
Zwei neue Großunterkünfte stehen fest
Daher sollen zwei Heime für je hundert Flüchtlinge in Trossingen und im Gewerbepark „Take-Off“ in Tuttlingen-Neuhausen entstehen. Auch mit der Stadt Spaichingen führe man Gespräche, so Bär, der zunächst die Gemeinschaftsunterkünfte auf die drei großen Städte im Kreis konzentrieren will.
Sozialdezernent Mager erklärte, die vorhandenen acht Unterkünfte des Landkreises seien bereits mit etwa 300 Flüchtlingen, vorwiegend aus Syrien und Afghanistan, belegt. Etwa hundert davon würden noch auf ihre Anschlussunterbringung warten.
Unterbringung in Sporthallen als Notfall-Option
Als Lösung nannte Mager am Beispiel der voll belegten Immendinger Gemeinschaftsanlage die Möglichkeit, den jetzt geltenden Mindestraum je Flüchtling von sieben Quadratmetern wieder auf den 2015er-Wert von 4,5 Quadratmetern zu senken.
Zudem wollte Landrat Bär auch die vor sieben Jahren praktizierte Unterbringung in Hallen und Sporthallen nicht ausschließen, sollte die Zahl der Flüchtlinge tatsächlich stark steigen. Er vermute aber, dass sich die Flüchtlinge aus der Ukraine anders auf die europäischen Staaten verteilen werden.
Geflüchtete werden biometrisch erfasst
Doch auch die Organisation der Unterbringung ist aufwendig: Um die Geflüchteten zu erfassen und Mehrfach-Meldungen zu vermeiden, verlange der Bund vorerst eine biometrische Erfassung der Flüchtlinge, so Bernd Mager.
Eine solche Registrierung mit Abfragen und Fingerabdruck-Abnahme sei sehr komplex und dauere bis zu einer Stunde, erklärte er.