Das Rottweiler Landgerichtsgebäude soll sicherer werden, mit Glastüren, die die Seitengänge abtrennen und gerne auch mit mehr Justizwachtmeistern. Das erklärte Florian Diekmann, seit einem Jahr Landgerichtspräsident, bei seiner ersten Pressekonferenz im schicken Schwurgerichtssaal.
Hintergrund sind auch die Reichsbürgerprozesse der vergangenen Monate. „Man weiß nie, wann die die Prozesse stören“, so Diekmann. Die zunehmende Gewaltbereitschaft, mehr psychisch auffällige Menschen und die Fälle, bei denen im Gericht die Familien von Opfer und Täter aufeinandertreffen, machen dem Gericht Sorge.
Immer wieder auf der Suche nach Messern
In der Kaiserzeit, aus der das Gerichtsgebäude stammt, habe man sicherlich wesentlich mehr Wachtmeister gehabt, vermutete Diekmann. Heute helfen schon jetzt der kameraüberwachte und mit zusätzlichen Glaswänden ausgestattete Eingangsbereich sowie die Kontrollen der Besucher bei heiklen Prozessen. Da finde man immer wieder Messer, betonte Ralph Rohrer, einer der Wachtmeister. Meist sind es nicht solche, die unter das Waffengesetz fallen – abgenommen würden sie dennoch und am Ende zurückgegeben. In den Handtaschen der Damen seien es oft Pfeffersprays, die man ebenfalls konfisziere.
„Die Gesellschaft ist dünnhäutiger geworden“, so das Fazit von Florian Diekmann. Dennoch plädiere er nicht für Verbote. „Man muss mit schlechten Meinungen umgehen und erklären, warum sie Quatsch sind.“ Denn in seinen Bereich fällt auch das Presserecht, wo die Arbeit mehr geworden ist. Nicht wegen der anwesenden Journalisten, „aber da fällt ja auch jeder Blogger drunter.“
Die Arbeit der Justiz vereinfacht jetzt schon die digitale Akte, die bis Ende des Jahres überall eingeführt wird. In Rottweil hat man in Pilotprojekten schon gute Erfahrungen gesammelt. „Sie sparen viel Zeit, wenn sie nicht alle Akten für die Anwälte kopieren müssen“, so Florian Diekmann.
Auch die Künstliche Intelligenz (KI) wünscht sich Diekmann als Helfer, und das werde auch kommen. Seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterin sprach er ein großes Kompliment aus. Trotz der Veränderungen habe man es geschafft, weiterhin zu vermeiden, dass Häftlinge in Untersuchungshaft wegen zu langer Verfahrensdauer entlassen werden mussten. „Das können Sie den Bürgern auch wirklich schlecht erklären.“
Einige größere Fälle stehen in den nächsten Monaten an
Auch die Rechtsmittelquote, also die der Klagen, die neu aufgerollt werden müssen, sei in Rottweil sehr gering. Einige größere Fälle stehen noch an, darunter der des Buben, dem sein Kumpel ins Gesicht schoss und der nun blind ist. „Aber ich hoffe, dass die Menschen sich wieder beruhigen, nicht, dass wir im Herbst wieder viele neue Fälle haben.“
Auch als Ausbildungsstandort habe sich Rottweil bewährt. Obwohl manch einer der Referendare die Stadt nicht auf der Wunschliste habe, blieben doch aktuell gleich zwei hier. Dies liege auch an guten Teilzeitangeboten, die vermehrt Frauen Führungspositionen ermöglichen, vermutet Florian Diekmann.
Das muss ein Wachtmeister mitbringen
Leider noch nicht bei den Justizwachtmeistern, für seinen Beruf durfte Ralph Rohrer Werbung machen: Er selbst ist Metzgermeister und stieg dann um – Berufsausbildung und -erfahrung sind Voraussetzung für die Ausbildung zum Justizwachmeister. Dazu braucht es körperliche Fitness, Deeskalationstechniken,, viel Rechtskenntnis und manchmal Geschick, um verfeindete Parteien auseinander zu halten.