Der schwierige Prozess wegen der mutmaßlichen Entführung und Vergewaltigung einer jungen Frau durch zwei Männer aus Villingen-Schwenningen zieht vor dem Rottweiler Landgericht immer weitere Kreise.

Die Verhandlung läuft obendrein in Teilen hinter verschlossenen Türen, um die Intimsphäre des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers zu schützen.

So fand die Vernehmung der Mutter der jungen Frau am Dienstag, 23. April, unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Ebenso wurden die Videos, die bei der polizeilichen Vernehmung des mutmaßlichen Opfers in der Tatnacht im September 2023 gemacht wurden, nur dem Gericht selbst gezeigt.

Gericht will Aussagen auf Verlässlichkeit prüfen

Dabei ging es darum, die „Konstanz der Aussagen“ der jungen Frau gründlich zu prüfen, so der Vorsitzende Richter Karlheinz Münzer.

Hier tauchten inzwischen die ersten Widersprüche auf: Laut Staatsanwaltschaft hatten die Angeklagten dem Opfer nicht nur die Oberbekleidung, sondern auch die SIM-Karte ihres Handys weggenommen, damit sie nicht telefonisch Hilfe holen zu können.

Offene Fragen ums Handy

Das lässt sich nun aber nicht mehr überprüfen: Das Mobiltelefon wurde nach der Tat von der Polizei nicht untersucht. Inzwischen habe die junge Frau das Gerät entsorgt, weil es defekt gewesen sei, wie ein Beamter am Dienstag, 23. April, aussagte.

Allerdings sprach eine Zeugin, die der jungen Frau in der Nacht in Tuttlingen nach der mutmaßlichen Vergewaltigung geholfen hatte, davon, dass die Frau das Handy damals noch benutzt habe.

Darum dreht sich der Prozess

Schwester will Aussage verweigern

Eigentlich sollte auch die Schwester des mutmaßlichen Opfers am Dienstag als Zeugin verhört werden, sie berief sich jedoch auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht.

Vom Richter telefonisch darauf aufmerksam gemacht, dass dieses Recht nur den Angehörigen von Angeklagten zustehe, erklärte die Frau, sie habe einen Magen-Darm-Infekt.

Möglicherweise wird sie am Donnerstag, 25. April, dem nächsten Prozesstag, vor Gericht erscheinen müssen. Die Verteidiger der Männer betonten, dass sie die Schwester der jungen Frau hören wollen.

Waren wirklich K.-o.-Tropfen im Spiel?

Ein Punkt der Anklage scheint inzwischen zu wackeln. So haben die beiden Angeklagten laut Staatsanwaltschaft die junge Frau angeblich mit Lidocain betäubt, das als einer von vielen Wirkstoffen auch für K.-o.-Tropfen Verwendung finden kann.

Doch nun hat eine Untersuchung ergeben, dass in ihrem Blut und Urin so geringe Mengen des Stoffes gefunden worden seien, dass sie keine Wirkung auf das zentrale Nervensystem gehabt haben konnten.

Wirkstoffkonzentration deutlich zu gering

Wäre das Lidocain oral aufgenommen worden, wie sie selbst es aussagte, hätten sich deutlich höhere Konzentrationen nachweisen lassen müssen, so der Laborbericht. Diese geringen gefundenen Werte könnten von einer Lokalanästhesie oder von Gleitmitteln stammen.

Ein Sozialpädagoge, der den jüngeren der beiden Angeklagten mehrere Jahre betreut hatte, berichtete, er habe „nie so gute Jungs gehabt“ wie den Angeklagten und zwei junge Männer in dessen Wohngruppe.

Vorbildlich integriert

Sie hätten ihre Wohnung blitzsauber gehalten, „da konnte man vom Boden essen“, das Verhältnis sei vertrauensvoll und ehrlich gewesen. Der Angeklagte, ein Afghane wie sein Mitangeklagter, habe „Gas gegeben bei der Integration, vorbildlicher ging‘s nicht“.

Als sein Ausbildungsbetrieb in Schwenningen von einer anderen Firma übernommen wurde, hätten die Vorgesetzten den neuen Besitzern empfohlen, ihn zu übernehmen.

Ein Beamter zeigte dann die Bewegungsprofile der beiden Angeklagten in der Tatnacht, ihren Aufenthalt in Tuttlingen, die Fahrt nach Schwenningen zur Wohnung des Jüngeren der beiden, und wie sie danach durch Schwenningen liefen, etwa eine halbe Stunde lang, bevor sie zurück nach Tuttlingen fuhren.

Noch ein Widerspruch in Opfer-Aussage

Auch das passt nach Ansicht der Verteidiger nicht zur Aussage der jungen Frau, die laut Staatsanwaltschaft schon beim Verlassen der Wohnung in Schwenningen kein T-Shirt und keinen BH mehr gehabt haben soll.

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Man könne davon ausgehen, dass das jemandem aufgefallen wäre, so die Aussage – immerhin waren die drei auch am Bahnhof in Schwenningen unterwegs. Das bestätigte auch eine Zeugin, die berichtete, sie habe dem Älteren der beiden ihr Handy geliehen, da sein Akku leer gewesen sei.

Der Prozess wird am 25. April fortgesetzt. Nach derzeitigem Stand könnte am Montag, 29. April, das Urteil gesprochen werden.