War es ein Wolf, der am vergangenen Montag eine Straße bei Vöhrenbach überquerte oder nicht? Nicht einmal einen Tag hat es nach Bekanntwerden der Nachricht gedauert, ehe das Umweltministerium Baden-Württemberg die Frage am Mittwoch mit einem klaren Ja beantwortet. Nach Auswertungen der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) und des Dokumentations- und Beratungszentrums des Bundes zum Wolf (DBBW) sei man sich sicher, dass es sich um einen Wolf handle, so Pressesprecherin Silke John auf Nachfrage.
Im Vöhrenbacher Rathaus nimmt man die neuesten Entwicklungen ernst. Der Förster sei in das Thema involviert. Das Rathaus arbeite dabei auch eng mit den Naturschutzbehörden zusammen, heißt es dort. Besorgte Bürger hätten sich aber am ersten Tag nach Erscheinen des Schnappschusses, der das Tier an einem Waldhang zeigt, noch nicht gemeldet. Dennoch hinterlässt der Besuch des Wolfs im Oberen Bergtal viele Verunsicherung.
Artenschutz versus Landwirtschaft
Während sich Tierschützer darüber freuen, dass die Wölfe sich weiter verbreiten, stehen Landwirte und Jäger in der Region dem ganzen Geschehen skeptisch gegenüber. „Diese Nachrichten schaffen natürlich Gefühle der Unsicherheit“, sagt Siegfried Jäckle, Vorsitzender des Vereins Forum Pro Schwarzwaldbauern.
Beim Thema Wolf treffen für Jäckle zwei „elementare Meinungen“ aufeinander: „Das eine sind die ganzen berechtigten Thesen des Artenschutzes. Und das andere ist das Wirtschaften in der Landschaft.“ Hier herrsche ein Konfliktbereich, „der eine unheimliche Hilflosigkeit in der verantwortlichen Szene ausgelöst hat“.
Während es in der Region zwar nur vereinzelt Schaf- und Ziegenhalter gibt, können auch Rinder, allen voran Kälber, Ziel eines Wolfsangriffs werden. Jäckle, der selbst Mutterkuhhaltung betreibt, spricht von einer „völlig neuen Unsicherheit“, in der vor allem die Politik zur Verantwortung gezogen werden müsse. Denn die Mutterkuhhaltung nehme weiter zu. Entsprechende Gesetze sollten die Lebensgrundlage von Tieren und Menschen gleichermaßen sichern.
Auch bei der Jägervereinigung Schwarzwald-Baar-Kreis spricht man von einer „schwierigen Situation“. Kreisjägermeister Knut Wälde sieht vor allem die mangelnde Erfahrung im Umgang mit dem Wolf als eines der Kernprobleme. „Das Problem ist für uns Jäger, dass wir nicht wissen, wie das Wild auf diese Situation reagiert“, sagt er.
Sehen sich die Tiere plötzlich einem ihrer natürlichen Feinde ausgesetzt, der lange Zeit verschwunden war, könnten sich Rehe besser im Wald verstecken. „Man muss einsehen, wir zahlen Jagdpacht. Wir müssen eine gewisse Menge Wild schießen. Das ist vorgegeben“, erklärt er. Wenn weniger Wild im Wald zu finden sei, gingen die Jagdpachten automatisch zurück.
In seiner Funktion als Landschaftsbeauftragter schlägt er indes einen ähnlichen Ton an wie Jäckle: Wenn die Landwirte nicht ausreichend geschützt werden, könnten einzelne Landstriche – etwa starke Hügel, an denen keine Zäune aufgestellt werden können – gemieden werden. Die Folge: Die Hänge verbuschen.
Indes halten auch Alfred Heinzelmann, Forstrevierleiter in Vöhrenbach, und sein Kollege Michael Willmann, der für Urach, Linach und Hammereisenbach zuständig ist, die Augen offen. „Sowas ist für uns Förster und die örtlichen Jäger von besonderem Interesse“, meint Heinzelmann. Man achte daher nun bewusster auf Spuren wie etwa gerissene Rehe. Allerdings, ergänzt Willmann, müsse man sich der Größe des Gebiets und der Lauffreudigkeit von Wölfen bewusst sein. „Wenn ein Wolf bei Vöhrenbach gesichtet wurde, kann er heute schon am Feldberg sein.“ Richard Kugele, Forstrevierleiter in Furtwangen, resümiert: „Erst, wenn sich hier Wölfe richtig ansiedeln, müssen wir handeln.“
Spuren in der Region
Ein Fahrer eines Räumfahrzeugs im Hochschwarzwald hat der Polizei am Montag gemeldet, gegen 4.30 Uhr ein wolfsähnliches Tier beim Überqueren der Landesstraße 172 in Richtung des Gasthauses Ahorn gesehen zu haben, so Clemens Winkler, stellvertretender Leiter des Polizeireviers Titisee-Neustadt. Noch unklar ist, ob zudem ein bei Rötenbach von einem Jäger tot aufgefundenes Rehkitz von einem Hund oder gar dem Wolf gerissen worden ist. (sri)