Cornelia Spitz

Das Tier sei seelenruhig über die Straße spaziert, erinnert sich Patrik Wagner im Gespräch mit dieser Zeitung. Der Saarländer weilt gerade mit seiner Frau im Urlaub im Schwarzwald und war konnte es kaum glauben: "Wölfe im Schwarzwald, das war mir gar nicht geläufig", gibt er zu.

Das Tier habe am Montagvormittag gegen 11 Uhr die Straße in Richtung Titisee-Neustadt überquert. "Meine Frau hat ihn zuerst gesehen", erzählt Patrik Wagner. Der mutmaßliche Wolf sei dann ins Gestrüpp gelaufen, habe das Auto eine kurze Weile angestarrt, die ausreichte, dass Wagner das Tier aus dem Auto heraus habe fotografieren können. Wenig später sei der mutmaßliche Wolf auf und davon gewesen.

Hundertprozentig sicher, dass es sich bei dem hundeähnlichen Tier auch tatsächlich um einen Wolf gehandelt hat, ist sich Wagner nicht. Das wäre auch sehr schwierig, wie die jüngsten Wolfssichtungen in Baden-Württemberg nahelegen.

Doch alle Vergleiche mit Wolfsbildern lassen für den Saarländer den Schluss zu, dass es sich tatsächlich um einen solchen handeln muss.

Seit rund 150 Jahren galten Wölfe in freier Wildbahn als ausgerottet im Südwesten, doch in jüngster Zeit werden immer häufiger Wölfe in den Wäldern entdeckt, auch wenn es sich noch immer um Einzelfälle handelt. Eine Auflistung dieser Fälle veröffentlichte am zweiten Weihnachtsfeiertag die Deutsche Presseagentur.

Demnach waren 2015 die Raubtiere zum ersten Mal wieder nachgewiesen worden. Damals wurden zwei tote Wölfe gefunden – beide überfahren, das eine am 22. Juni auf der Autobahn 5 bei Lahr (Ortenaukreis), das zweite Tier am 26. November auf der Autobahn 8 bei Merklingen (Alb-Donau-Kreis).

In beiden Fällen handelte es sich, wie Untersuchungen ergeben hatten, um Rüden aus einem Schweizer Rudel, das am Calanda-Massiv heimisch ist.

Am 15. Mai 2016 dann der nächste Fall: Eine Privatperson filmte einen Wolf bei Bad Dürrheim – also im Schwarzwald-Baar-Kreis, so wie jetzt vermutlich auch. Dieser Fall gilt als die erste neuere Sichtung eines lebenden Wolfes in Baden-Württemberg seit 150 Jahren.

Am 8. Juli 2017 wurde ein toter Wolf aus dem Schluchsee geborgen, nachdem er zuvor im Juni und Juli an verschiedenen Orten in Baden-Württemberg gesichtet worden ist. Untersuchungen des toten Tieres hatten ergeben, dass er erschossen wurde. Der Rüde kam demnach aus dem mehr als 600 Kilometer entfernten niedersächsischen Schneverdingen bis in den Südwesten.

Am 7. Oktober soll ein Wolf drei Lämmer bei Widdern im Landkreis Heilbronn gerissen haben. Es handelt sich laut Agenturangaben um den ersten nachgewiesenen Wolfsriss im Südwesten seit mehr als hundert Jahren. Die Herkunft dieses Tieres konnte nicht geklärt werden.

Doch wenig später, am 26. November, sorgten erneut drei gerissene Schafe für Aufsehen, dieses Mal bei Bad Wildbad (Kreis Calw). Auch sie sollen auf das Konto eines Wolfes gehen, wie eine Analyse von Speichel ergab.

Der Rüde stammt laut diesen Untersuchungsergebnissen ebenfalls aus dem Rudel bei Schneverdingen in Niedersachsen. Dasselbe Tier soll Anfang Dezember in der Umgebung von Freudenstadt erneut zugebissen haben und soll bei Bad Rippoldsau-Schapbach Rotwild gerissen haben.

Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) geht davon aus, dass der Rüde außerdem für einen Rotwildriss Ende November bei Simmersfeld (Kreis Calw) verantwortlich ist.

Ob es sich bei dem Rüden um das bei Vöhrenbach gesichtete Tier handeln könnte, ist unklar. Der FVA in Freiburg jedoch werden regelmäßig Wolfssichtungen und Wolfsrisse gemeldet. Die Zahl der angeblichen Sichtungen ist seit dem vergangenem Jahr gestiegen. Wurden der Anstalt 2016 noch 67 Sichtungen gemeldet, waren es 2017 bislang bereits 149.

Doch ebenso wenig wie feststeht, ob das wolfsähnliche Tier, das am Montag bei Vöhrenbach entdeckt worden ist, auch wirklich ein Wolf ist, lassen sich die der Forstlichen Versuchsanstalt gemeldeten Sichtungen überprüfen. Häufig kommt es in solchen Fällen auch zur Verwechslung mit Hunden.

 

Das sagt das Gesetz

Wölfe galten in Deutschland lange als praktisch ausgerottet. Doch inzwischen gibt es wieder etwa 50 Rudel bundesweit, größtenteils im Norden und Osten des Bundesgebietes, und die Tiere stehen unter Naturschutz. Das ist klar geregelt: Der Wolf ist laut Paragraf 7 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) geschützt. Es ist verboten, Wölfe zu fangen, zu verletzen oder zu töten. Darauf stehen laut dem Bußgeldkatalog auch empfindliche Strafen, die bis zu 50 000 Euro reichen können. Den Handlungsleitfaden zum Wolf und Tipps für Verhaltensweisen bei der Begegnung mit einem Wolf gibt es beim Umweltministerium.

Wolf-Handlungsleitfaden im Internet: www.um.baden-wuerttemberg.de