Villingen-Schwenningen: Heimat – A-Z – Heute M wie Musik: Wieso klassische Musik identitätsstiftend sein kann

Sinfonieorchester Villingen-Schwenningen wirkt als Kulturträgern der Region nach innen und nach außen. Der Klangkörper gehört zum immatriellen Kulturerbe

Gunter Faigle

Das Sinfonieorchester Villingen-Schwenningen ist für die Stadt selbst und für die ganze Region Schwarzwald-Baar-Heuberg ein Instrumentalensemble zum Vorzeigen. Sein international erfahrener Dirigent Achim Fiedler entwickelt dank seiner umfassenden Repertoirekenntnis, einer motivierenden Probenarbeit und konzeptionell überzeugender Konzerte etwas weiter, das für eine gute Lebensqualität unserer Region unverzichtbar ist: kulturelle Identität durch klassische Musik.

Auch Solisten, wie hier die Sopranistin Julia Sophie Wagner aus Leipzig, treten gerne mit dem Sinfonieorchester Villingen-Schwenningen auf. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Dafür steht das Sinfonieorchester Villingen-Schwennignen

Die OrchestermitgliederDas Sinfonieorchester VS setzt sich aus Berufsmusikern, Musiklehrern, Musikstudenten und besonders qualifizierten Laien zusammen. Aktuell stehen 52 Streicher, 19 Holzbläser, 18 Blechbläser und sechs Schlagwerker auf der imposanten Liste der Orchestermitglieder. Darüber hinaus zählen drei Harfenistinnen und zwei Pianisten zum Ensemble. Je nach Anlage der einzelnen Konzertprogramme und auch je nach individueller Verfügbarkeit wirken pro Konzert in der Regel zwischen 45 und 75 dieser insgesamt 100 Instrumentalisten mit. Für ein Orchester, das strukturbedingt projektbezogen arbeitet, bedeutet dies, dass es über drei Eigenschaften verfügen muss: über ein hohes kollegiales Einvernehmen, über ein ausgeprägtes Engagement und über eine persönliche Flexibilität, die auch mit einem eventuell notwendigen Verzicht keine Probleme hat.Der ChefdirigentWer solch ein komplexes Gebilde wie ein Sinfonieorchester zum Erfolg führen möchte, braucht Charisma. Das ist ein großes Wort, bedeutet es für Theologen doch nichts weniger als Gnadengabe. Personalanalytiker definieren den Begriff nüchterner und bezeichnen damit ein ideales Zusammentreffen von beruflichen Fähigkeiten, konzentrierter Präsenz, Führungsstärke und persönlicher Ausstrahlung. Achim Fiedler, jetzt seit gut einem Jahr Chefdirigent des Sinfonieorchesters VS, hat in diesem Sinn Charisma. Den überzeugenden Nachweis dafür hat er bereits in rund einem Dutzend von ihm geleiteten Konzerten erbracht. Wer wie er zum Beispiel vierzehn Jahre lang als künstlerischer Leiter der Festival Strings Lucerne gewirkt hat, konnte schon zur Genüge zeigen, was er kann.Die ProgrammqualitätWas das Sinfonieorchester VS besonders in der letzten Zeit geboten hat und in der Saison 2020 noch bieten wird, ist mehr als bemerkenswert. Die Konzertprogramme haben Charakter und Niveau, sie sind thematisch interessant und halten eine kluge Balance zwischen vertrauten Repertoire-Klassikern und wirklichen Entdeckungen aus den feinen Verästelungen der Musikgeschichte. Dabei spielen Fiedler und seine Musiker subtil mit den Emotionen des Publikums. Je nach äußerem Anlass gelingt ihnen zum Beispiel 100 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg eine ernste musikalische Mahnung zum politischen Frieden genauso stimmig und farbenreich wie der bewusst optimistische und locker beschwingte Eintritt in ein neues Jahr.Der LeitgedankeMusik prägnant in Worte zu fassen, ist bekanntlich nicht einfach. Wenn Fiedler und sein Orchester die Konzertprogramme unter einen bestimmten Leitgedanken stellen, dann ist das für sie als aktive Musiker wie auch für das Publikum hilfreich und interessant. Bekannte Kompositionen werden unbekannten Werken gegenübergestellt, Stücke aus unterschiedlichen Epochen zu einem gleichen Thema öffnen das Ohr dafür, wie sich die musikalische Empfindung verändern kann. Philosophisches Nachdenken über Raum und Zeit findet da ebenso Platz wie eine facettenreiche Beschäftigung mit einem Land wie Spanien oder mit historischen Persönlichkeiten namens Beethoven und Napoleon.Der StellenwertEs mag vollmundig tönen, ist aber richtig, wenn man darauf hinweist, dass das Sinfonieorchester VS zum „Immateriellen Kulturerbe“ unserer Gesellschaft zählt. Die UNESCO und damit die für Kultur zuständige Organisation der Vereinten Nationen hat die vielfältigen deutschen Orchester unter anderem so gewürdigt: Sie sind ästhetische Mitgestalter unseres Gemeinwesens, sie reagieren flexibel auf kulturelle Entwicklungen und sie sind lokal verankerte Akteure in besonderen kulturellen Räumen – für das Sinfonieorchester VS trifft das uneingeschränkt zu. .

Ein Sinfonieorchester

Mehr als jede andere Formation ist ein Sinfonieorchester durch und durch typisches Symbol für klassische Musik. Mehrere Dutzend Instrumentalisten spielen gemeinsam, ein Dirigent sorgt für den optimalen spieltechnischen und gestalterischen Zusammenhalt. Der Klangkörper setzt sich in der Regel aus drei großen Instrumentenfamilien zusammen: den Streichern, den Holz- und Blechbläsern sowie den Schlagwerkern. Aus Gründen der akustischen Ausgewogenheit musizieren die Streicher normalerweise im Vordergrund, hinter ihnen die Bläser und schließlich die Schlagwerker. (gf)

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