Gefälschte Impfpässe sind in jüngster Zeit vermehrt auch bei Villinger Apotheken aufgetaucht. Auch Thomas Karcher, Chef der Paradies-Apotheke, hatte von solchen Fällen erzählt. Ein Anhaltspunkt, um skeptisch zu sein, sind laut dem Apotheker Impfpässe, die außer der Covid-Impfung sonst jungfräulich sind.

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Das war auch bei Milan Zutic der Fall: „Ich hatte über jemanden erfahren, dass es im Schwarzwald-Baar-Kreis einen Hausarzt gibt, bei dem man den Corona-Impfnachweis erhält, ohne sich wirklich impfen lassen zu müssen“, erzählt der Bad Dürrheimer, der in Villingen aufgewachsen ist. Der Name des Hausarztes ist dem SÜDKURIER bekannt, weil es sich um laufende Ermittlungen der Polizei handelt, wird er aber nicht genannt.

Wie Zutic weiter erzählt, ist nicht der Hausarzt, sondern eine seiner Arzthelferinnen für den Betrug verantwortlich. Die habe das hinter dem Rücken ihres Chefs gemacht: „Sie hat so gemacht, als würde sie die Impfung verabreichen. In Wirklichkeit aber hat sie die Impfdosen weggeworfen und für den Covid-Aufkleber im Impfpass 500 Euro verlangt.“

Eigene Infektion führt zu Umdenken

Zutic ergaunerte sich seinen Impfnachweis im Juni. Einige Wochen später wurde der 44-Jährige dann krank: „Ich hatte mich mit Corona infiziert.“ Und sein Krankheitsverlauf war schlimm: „Ich hatte zwei Wochen am Stück Fieber, 14 Tage. Ich hatte Gliederschmerzen, das war schlimm. Ich musste sogar für einen Tag ins Krankenhaus. Und auch jetzt habe ich noch Folgeschäden.“ Zutic, der auf dem Bau arbeitet, sagt, er sei sehr schnell erschöpft und müsse seit der Infektion täglich ein Asthma-Spray inhalieren.

„Das ist kein Spaß. Nach meinen Erzählungen haben sich auch viele meiner Bekannten impfen lassen, die das bis dato nicht gemacht hatten.“
Milan Zutic

„Ich bin auch sehr vergesslich geworden. Ich habe letztens zwei Tage überlegen müssen, wie mein Schwager heißt“, sagt der Bad Dürrheimer weiter. Diese Erfahrungen haben bei ihm ein Umdenken erzeugt: „Das ist kein Spaß. Nach meinen Erzählungen haben sich auch viele meiner Bekannten impfen lassen, die das bis dato nicht gemacht hatten.“

Selbstanzeige

Das Umdenken führte letztlich dazu, dass sich Zutic selbst bei der Polizei in Villingen für den Kauf des Impfnachweises anzeigte – und den Beamten alles erzählte, was er über die offenbar umtriebige Arzthelferin weiß.

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Die Polizei bestätigt Zutic‘ Erzählung auf SÜDKURIER-Anfrage. Über den Stand der Ermittlungen könne zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht viel gesagt werden, die Staatsanwaltschaft prüfe den Vorgang aktuell rechtlich.

Es liefen außerdem Ermittlungen wegen Impfpassfälschungen in mehreren Fällen im gesamten Schwarzwald-Baar-Kreis. Wie viele das sind, konnte die Polizei nicht sagen. Und nicht nur das. Wie die dpa vermeldet, ermittelt das Landeskriminalamt sogar in ganz Südbaden. Auch erste Festnahmen habe es bereits gegeben.

Von Geld- bis Gefängnisstrafe

Doch welche Strafen drohen sowohl der Arzthelferin, als auch dem Käufer des Impfpasses? „Es handelt sich hier um Urkundenfälschung“, sagt Egon Kiefer, Oberstaatsanwalt in Konstanz. Für den Käufer des Impfausweises könnte es grundsätzlich eine „empfindliche Geldstrafe“ geben.

Die sei abhängig vom Verdienst und umfasse mindestens drei Monatsgehälter. Der reine Kauf sei in der Regel aber nicht strafbar, erst beim Benutzen des gefälschten Impfpasses komme es zur tatsächlichen Straftat.

Kiefer ergänzt aber, dass es einen Graubereich gibt, in dem auch die Absicht der Nutzung schon strafbar sein könne. Eine Selbstanzeige, die zur Aufdeckung weiterer Straftaten führt, wirke „erheblich strafmildernd“.

„Bei der Arzthelferin wäre das eine andere Kategorie“, sagt der Oberstaatsanwalt weiter. Sollte sich herausstellen, dass sie mehrfach Impfpässe gefälscht hat, würde man von einer Gewerbsmäßigkeit sprechen. Das Strafmaß betrage dann zwischen sechs Monaten und zehn Jahren Gefängnisstrafe – immer abhängig von möglichen Vorstrafen und Ausmaß der Tat.