Schon zehn Jahre ist es wieder her, dass 2014 der Grundstein für den Testturm auf dem Berner Feld oberhalb der mittelalterlichen Stadt Rottweil gelegt wurde.
Zuvor hatte es so manche Debatten in der Stadt gegeben, ob so ein enormes Gebäude zu Rottweil passen kann. Am Ende gab die Stadt ihre Zustimmung. Und die Firma ThyssenKrupp baute den 246 Meter hohen Turm dann in Rekordzeit.
Seit Ende 2016 werden hier Aufzüge getestet. Und obendrein trägt der Turm die höchste Aussichtsplattform Deutschlands. 2016 war auch das Jahr, in dem Beate Höhnle in ihren Job als Turmmanagerin eingestiegen ist.
Turm sollte auch der Stadt Nutzen bringen
Das war eine Bedingung der Rottweiler: Einen Turm, der nur der Technik dient, wollten sie nicht haben. Er sollte auch dem Tourismus und der Stadt Nutzen bringen.
Und das hat bestens funktioniert. An schönen Tagen kommen bis zu 1600 Leute, fahren mit dem verglasten Aufzug in Windeseile nach oben und haben im besten Fall von der Plattform aus Weitsicht bis zu den Alpen.
Anfangs waren es noch viel mehr Leute, die neugierig auf den Rottweiler Testturm und den Rundumblick waren, 2200 täglich an guten Tagen.

Selbst das britische Fernsehen kommt
Der anfängliche Hype hat zwar etwas nachgelassen. Die Leute kommen dennoch aus der ganzen Welt. Erst kürzlich hat der britische Fernsehsender BBC einen 45 Minuten langen Bericht über den Turm ausgestrahlt.
Und oft kommen Menschen und erzählen, dass sie irgendwo vom Turm gelesen oder gehört haben und sich das mal anschauen wollten, aus der Schweiz, aus Österreich, aus Hamburg.
Seit der Eröffnung 2017 sind schon mehr als 800.000 Besucher auf die Plattform gekommen.
Turmbesuch als Herzenswunsch
Für manche war der Besuch sogar ein Herzenswunsch, wie Beate Höhnle erzählt. „Das war wirklich eine tolle Begegnung: Ein Mann, der einen Schlaganfall hatte, hat sich den größten Wunsch erfüllt und kam mit seinem Freund, der ihn im Rollstuhl schob, auf den Turm.“
Ab und zu gibt es auch besondere Termine hier oben, wenn Spenden aus Aktionen übergeben werden. Für die Nachsorgeklinik Tannheim beispielsweise und für die Wärmestube in Rottweil.
Die Besuche auf der Plattform sind übrigens nur an den Wochenenden möglich. Denn unter der Woche ist der Turm für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.
ThyssenKrupp ist nicht mehr Eigentümer
Dann kommen, wie Beate Höhnle erzählt, am Montag die Techniker aus Neuhausen auf den Fildern, wo TK Elevators seinen Hauptsitz hat. Die Firma gehört inzwischen nicht mehr zu ThyssenKrupp, sondern ist eigenständig mit weltweit 50.000 Mitarbeitern.

Kunden aus der ganzen Welt kommen unter der Woche zum Testturm, wo in drei Schächten die neuen Entwicklungen in Sachen Aufzüge auf Herz und Nieren getestet werden.
Revolutionäres Aufzugskonzept
Auch der fahrende Multi: Dieser Aufzug hängt nicht an Stahlseilen. Sondern seine Kabinen fahren die Wand senkrecht und waagrecht die Wand entlang wie eine Magnetschwebebahn. Diese Innovation muss immer noch einige Hürden nehmen, bis sie in die höchsten Hochhäuser eingebaut werden kann.

Doch es gibt nicht nur die Aussichtsplattform und die Aufzugtestschächte: Hoch oben an der Turmspitze befinden sich Räume, die man auch mieten kann.
Konferenzräume auf der Spitze
Und so finden hier regelmäßig Firmenevents statt – in den großen Konferenzräumen oder auch oben auf der Plattform. „Während Corona haben manche von hier oben aus sogar digitale Veranstaltungen gemacht“, erzählt Beate Höhnle. Die Mitarbeiter durften dann den Panorama-Rundumblick auf dem Bildschirm genießen.
Heiraten ganz oben
Ab und zu feiert auch mal jemand seinen Geburtstag hier oben, sogar Konzerte gab und gibt es hier: Gregor Meyle spielte schon auf dem Turm, in diesem Jahr wird eines der Konzerte aus der Reihe des Rottweiler Sommersprossen-Festivals mit klassischer Musik oben stattfinden. Und einmal hat sich ein Hochzeitspaar hier oben das Ja-Wort gegeben.
Als Beate Höhnle 2016 ihren Job antrat, war ihr Arbeitsplatz noch unten in einer Baubaracke. Und: Sie selbst war nicht schwindelfrei.
Nicht schwindelfrei und trotzdem ins Turmbüro
Der Umzug ins Büro hoch oben war so eine echte Herausforderung. Anfangs war ihr ständig schwindelig.
Das kam nicht nur alleine durch die Höhe, sondern auch dadurch, dass der Turm bisweilen schwankt. Was er auch können muss, schließlich sollen die Aufzüge unter realistischen Bedingungen getestet werden. Denn Hochhäuser können ganz normal in Schwingungen geraten, etwa durch einen Sturm.
Riesiges Pendel gleicht Schwingungen aus
So hängt sogar eine riesige Metallkugel an einem ebenso riesigen Stahlseil im Testturm drin, die den Turm zum Schwingen bringen kann, wenn es draußen mal ruhiger ist. Oder aber auch starke Schwingungen ausgleichen, falls nötig.
Beate Höhnle hat die Herausforderung angenommen und sich längst daran gewöhnt. „Hier oben ist jeder Tag anders, manchmal sind wir wirklich über den Wolken.“ Für sie ist es ein Privileg, hier oben arbeiten zu dürfen, „das ist wirklich etwas ganz Besonderes“.
Immer wieder staunen
Ob Sonnenschein, Schnee, Gewitter oder mal ein Regenbogen, es sieht aus der Höhe einfach beeindruckend aus. Das bringt nicht nur sie immer wieder zum Staunen, sondern auch die Besucher.
Manche haben sich eigens Dauerkarten zugelegt, um bei jedem Wetter und unterschiedlichsten Lichtverhältnissen hier oben zu sein.
Ein wenig fühlt man eben die Freiheit, die Reinhard Mey einst besang. Hoch oben im Testturm geht das ebenso wie im Flugzeug.