An der mündungsfernsten Quelle, deren Wasser in die Donau fließt, betreibt die Familie Dold in dritter Generation den Kolmenhof, ein Restaurant und Ausflugsziel, das fast jeder kennt, beliebt bei Einheimischen, Wanderern und bei Touristen als Hotel mit 30 Betten. Hier, in direkter Nachbarschaft der Bregquelle, wo immer frisches Wasser sprudelt, sitzen die Betreiber Christoph und Katharina Dold förmlich auf dem Trockenen. sie finden einfach keine Mitarbeiter mehr. Nun muss der Familienbetrieb die Reißleine ziehen, die Öffnungszeiten drastisch reduzieren und auf sichere Einnahmen verzichten.
Hoffnungen enttäuscht
„Es ist ein Gefühl der Machtlosigkeit“, beschreibt Gastronom Christoph Dold die Situation. Nach den Corona-Lockerungen hätte er jetzt eigentlich wieder voll durchstarten können. Die Kunden stehen im Sommer zuverlässig parat. Er kann seine Gäste aber nicht mehr wie gewohnt empfangen. Der Familienbetrieb, den er und seine Frau seit 13 Jahren in dritter Generation betreiben, hat nur noch samstags und sonntags von 12 bis 20 Uhr geöffnet. Unter der Woche können die Dolds lediglich noch Hotelgäste bewirten.

Corona verschärft Personalmangel
Nun haben die Folgen des siebenmonatigen Corona-Lockdowns den Kolmenhof bei Furtwangen doch noch eingeholt, ein Betrieb, den eigentlich so schnell nichts erschüttern konnte. „Wir dachten immer, dass wir jeder Herausforderung gewachsen sind“, erzählt Katharina Dold, „aber was nach dem Lockdown kam, darauf waren wir nicht vorbereitet.“
Bereits vor Corona litt die Gastronomie unter einem Personalmangel. Corona hat diesen nun noch einmal dramatisch verstärkt. Wie auch bei vielen anderen Hotels und Restaurant hatten Mitarbeiter während dem Lockdown ihr Arbeitsverhältnis gekündigt. „Viele sind in die Industrie abgewandert“, erinnert sich Christoph Dold. Seine Frau fügt hinzu: „Es ist nachvollziehbar für uns, dass nicht jeder Mitarbeiter die unglaublich lange Zeit der Schließung und der Kurzarbeit finanziell durchhalten konnte.“
Dankbar sind die Dolds, dass ihnen einige treue Mitarbeiter weiterhin als Aushilfen zur Verfügung stehen. Ohne sie hätten sie die letzten Wochen nicht geschafft. Jetzt fielen unerwartet auch noch zwei Mitarbeiter durch Krankheitsfälle längerfristig aus. „Unter diesen Umständen können wir mit einer Auszubildenden und einer neuen Hilfskraft, die unser derzeitiges Stammteam darstellen, natürlich nicht mehr unser Angebot und die Qualität von früher aufrechterhalten“, berichtet der Firmeninhaber. Vor Corona habe das Team aus insgesamt 20 Mitarbeitern bestanden.
„Es ist keine leichte Entscheidung“, sagt Christoph Dold, „aber die Umstände zwingen uns dazu.“ Und es tue weh, nach all den Jahren des Aufbaus und der Investitionen und auch nach dem langen Lockdown. „Wir hätten Zulauf ohne Ende und müssen die Gäste nun enttäuschen.“ Viele Gäste würden jedoch Verständnis zeigen, wenn man ihnen die Situation erkläre.
Sieben Vollzeitstellen offen
Sieben Vollzeitkräfte würde Dold sofort einstellen. Gesucht sind Mitarbeiter für alle Bereiche. Allerdings: Seit März blieb die intensive Personalsuche bereits ohne Erfolg. An den Arbeitszeiten in der Gastronomie und an der Bezahlung liege es nicht, da ist er sich sicher. Geregelte Arbeitszeiten sind bereits seit einiger Zeit Standard im Familienbetrieb. „Und am Gehalt ist eine Einstellung bislang noch nie gescheitert.“ Zudem sei das allgemeine Lohnniveau bereits angestiegen. „Jetzt planen wir nur noch Woche für Woche und sehen, was wir schaffen, ohne unsere eigene Gesundheit, die unserer Mitarbeiter und unserer Familie zu gefährden“, sagt der Gastronom, und fügt hinzu: „Wir werden sehen, wie es weiter geht.“
Auch die Systemgastronomie leidet
Weiter flussabwärts, wo Brigach und Breg sich zur Donau vereinen, ist die Personaldecke ebenfalls mehr als dünn. Seit Tagen bleibt der Gastraum des Schnellrestaurants „McDonalds“ geschlossen. Speisen und Getränke gibt es aktuell nur noch am Autoschalter, und das auch nur noch innerhalb der stark eingeschränkten Öffnungszeiten, wie ein Schild am Schalter den Kunden verrät.

„Ich würde sofort 40 Leute in Teilzeit einstellen“, sagt Systemgastronom Jörg Deitlaff gegenüber dem SÜDKURIER, der auch die Restaurants in VS-Villingen und Bad Dürrheim betreibt. In Donaueschingen sei die Situation jedoch am schlimmsten, Gäste seien unzufrieden. „Und wir haben bereits Dienstpläne angepasst und Stundenzahlen der verbliebenen Mitarbeiter erhöht“, so Deitlaff weiter. „Trotz allem können wir die Schichten jetzt nicht mehr besetzten.“
Viele Mitarbeiter abgesprungen
Der Weg über die Agentur für Arbeit und die Kammer bleiben erfolglos. Auch der Versuch, über eine ausländische Vermittlungsagentur Personal zu finden, brachte keinen Erfolg. Viele Mitarbeiter seien in den Lockdowns abgesprungen, hätten Jobs in der Industrie oder bei Discountern angenommen. „Und das, obwohl wir keine Kurzarbeit hatten und es für die Mitarbeiter dadurch keine Verdienstausfälle gab“, blickt Deitlaf zurück, der nun eine sehr düstere Zeit auf die Gastronomie zukommen sieht. „Ich weiß nicht, ob und wann die Situation wieder bessern wird.“ Auch viele seiner Kollegen würden von ähnlichen Problemen berichten.

Arbeitskräfte aus dem Ausland
Michael Steiger, Vorsitzender der Kreisstelle Schwarzwald-Baar des Hotel- und Gastronomieverbandes Dehoga, kennt das Problem – das seiner Meinung nach kein neues ist und auch nicht nur Gastronomen betrifft. Dienstleister und Handwerksbetriebe würden ebenfalls kaum noch Mitarbeiter finden. Corona habe den Engpass nur verstärkt. Als mögliche, längerfristige Lösung nennt er das Anwerben von Mitarbeitern aus dem Ausland. Entsprechende Initiativen könnten von der Agentur für Arbeit, der IHK oder von Wirtschaftsförderern ausgehen. Kurzfristig löst dieser Ansatz das Problem aber kaum. Hier könne die Bezahlung einen entscheidenden Faktor darstellen.
Steiger, selbst Betreiber von mehreren Lokalen, hat keine durch Corona bedingte Abgänge zu verzeichnen. Lücken beim Personal zu füllen, die aus anderen Gründen entstanden sind, gelingt ihm aber auch nur schwer, was mittlerweile zwei zusätzliche Ruhetage in einem Betrieb zur Folge hatte. Im Sommer rechnet er noch nicht mit einer Entspannung. Erst im Herbst könnte sich die Lage bessern. Entscheidend wird sein, dass Gastronomen seitens der Politik eine Perspektive bekommen. Kaum ein Arbeitnehmer werde sich in solch unsicheren Zeiten für einen Beruf in der Gastronomie entscheiden, so Steiger.