Unbewohnt, vernachlässigt, krumm und schief: Als Klaus und Silke Richter im Jahr 2001 erstmals vor dem Röthenlochhof in Unterkirnach standen, war der keine Augenweide. Eher ein Sanierungsfall. Das war der Beginn ihres Abenteuers: Wir ziehen von der Stadt aufs Land und sanieren einen Bauernhof.

Inzwischen erstrahlt der alte Schwarzwaldhof, der seit den 80er-Jahren unter Denkmalschutz steht, in neuem Glanz. Wie schön er geworden ist, davon können sich alle Interessierten vom 5. bis zum 14. September selbst ein Bild machen. Die Familie Richter präsentiert ihr kleines Paradies der Öffentlichkeit mit einem zehntägigen Veranstaltungs- und Festreigen. Anlass bietet das 350-jährige Bestehen des Gehöfts.

Schwarzwaldidyll. Der denkmalgeschützte Röthenlochhof in Unterkirnach wird 350 Jahre alt.
Schwarzwaldidyll. Der denkmalgeschützte Röthenlochhof in Unterkirnach wird 350 Jahre alt. | Bild: Sprich, Roland

Ihre Kinder geben den Ausschlag

Die Richters hat sich in dem einsamen Zinken zwischen Unterkirnach und Friedrichshöhe ihren Traum vom Landleben realisiert. Doch wie kommt man darauf, einen Bauernhof zu sanieren? Es war wegen der Kinder, berichten Klaus und Silke Richter beim sonnigen Frühstück auf dem Freisitz vor ihrem Hof.

Die Familie, sie wohnte damals in ihrer Stadtwohnung in der Villinger Zinsergasse. Vier Buben im Haus, drumherum begrenzte Auslaufmöglichkeiten. Deshalb kamen die Eheleute auf die Idee, sich ein Objekt auf dem Land zu suchen. Fürs Wochenende und den Urlaub.

Hier wird gefeiert. Klaus und Silke Richter mit ihrem Sohn Mathis, vor der Musik- und Theaterwiese. Im Hintergrund der Hof.
Hier wird gefeiert. Klaus und Silke Richter mit ihrem Sohn Mathis, vor der Musik- und Theaterwiese. Im Hintergrund der Hof. | Bild: Stadler, Eberhard

Der Röthenlochhof passt perfekt

Im Laufe dieser Suche standen sie irgendwann vor dem Röthenlochhof. Als Klaus Richter (63) den Hof und seine Lage vor sich sah, war ihm sofort klar: „Genau das suche ich.“ Der Hof war nicht so groß, erschien insofern als Sanierungsobjekt erschwinglich. Und er hatte noch viel alte Bausubstanz, die sich lohnte, wieder hergestellt zu werden. Sie kauften 2002 das Anwesen auf Erbpachtbasis von der Stadt VS.

Die Mühle kann ebenfalls besichtigt werden.
Die Mühle kann ebenfalls besichtigt werden. | Bild: Stadler, Eberhard

Drei wesentliche Dinge brachte Richter für das Projekt mit: Als gelernter Feinmechaniker und späterer Miteigentümer der Firma VMR in Mönchweiler verfügte er über handwerkliche Fähigkeiten und die nötigen finanziellen Mittel.

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Dazu kommt sein unbändiges Interesse an alten Dingen. „Mich interessiert die Geschichte, das Wohnen und Leben in so einem Haus“, beschreibt er seine Motivation. „Deshalb wende ich viel Geld und Lebenszeit auf, um dieses Gebäude und ein Stück ehemaliger bäuerlich Kultur zu erhalten.“

Blick in die Hofstube mit dem Esstisch, Herrgottswinkel und Kachelofen.
Blick in die Hofstube mit dem Esstisch, Herrgottswinkel und Kachelofen. | Bild: Stadler, Eberhard

Stadtleute tasten sich ans Landleben heran

Für die Stadtbewohner aus Villingen war es zunächst ein allmähliches Herantasten an das Leben auf dem Land. Die Richters nutzten den Hof in den ersten vier Jahren als reine Sommerresidenz. Im Winter war er aufgrund der fehlenden Dämmung und des schlechten baulichen Zustands nicht bewohnbar.

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Doch mit jedem weiteren Sommer reifte bei den Richters der Entschluss, der Stadt den Rücken zu kehren und dauerhaft ins Röthenloch zu ziehen. Die Liebe zum Landleben wuchs mit den Jahren. „Für mich war das zuvor unvorstellbar“, gesteht Klaus Richter. „Ich wollte nie aus meiner Heimatstadt Villingen weg“, sagt der Stadtführer, Theaterspieler und Fastnachter. Doch der Hof mit seiner tollen Alleinlage wurde „zur zweiten Liebe meines Lebens“, berichtet er.

Auch rund um das Gebäude ist alles liebevoll gestaltet.
Auch rund um das Gebäude ist alles liebevoll gestaltet. | Bild: Stadler, Eberhard

Die erste Liebe seines Lebens, seine Frau Silke (54), war ebenso mit dabei wie seine vier Buben Marius, Mathis, Lorenz und Linus, als der Hof von 2007 auf 2008 aufwändig umgebaut wurde. Dieses Jahr wurde für die Familie zu einer prägenden wie einprägsamen Zeit.

„Unser Ziel war es, ihn soweit es geht originalgetreu wieder herzurichten, ohne auf zeitgemäßen Komfort verzichten zu müssen“, beschreibt der Hausherr seinen Plan.

Die Familie lebt im Zirkuswagen

Um den Umbau hautnah mitzuerleben und nichts zu verpassen, verlegte die Familie Richter ihr Leben ein volles Jahr lang in einen beheizbaren Zirkus- und einen Bauwagen unmittelbar neben dem Bauernhof.

Diese Seite des Hausflurs – früher der Stall – dienen heute als Garderobe, WC und für andere Nutzungen.
Diese Seite des Hausflurs – früher der Stall – dienen heute als Garderobe, WC und für andere Nutzungen. | Bild: Stadler, Eberhard

Selbst morgendlicher Raureif auf ihren Schlafsäcken im frostigen Zirkuswagen konnte ihre Begeisterung für den Umbau des Hauses nicht dämpfen. Die Mutter backte jeden Tag einen Kuchen für die Bauarbeiter. Die Jungs wie auch der Vater waren jeden Tag auf der Baustelle.

„Ob drei meiner vier Söhne aufgrund dieser Erlebnisse inzwischen Zimmermänner geworden sind, weiß ich nicht sicher, kann es mir aber gut vorstellen“, sagt Richter rückblickend.

Diese Schilder künden von den bevorstehenden Festtagen.
Diese Schilder künden von den bevorstehenden Festtagen. | Bild: Stadler, Eberhard

Klaus Richter geht es ums Erhalten

Der Hof wurde entkernt und umfassend saniert. Mit dem Denkmalamt habe es kaum Reibungspunkte gegeben. „Wir wollten ja so nah wie möglich am Denkmal leben“, verdeutlicht Klaus Richter. Strittige Fragen wurden im Konsens geklärt.

Moderne Küche unter Jahrhunderte alten Balken. Hier zog einst der Rauch von offenem Feuer nach oben ins Gebälk und schwärzte das Holz.
Moderne Küche unter Jahrhunderte alten Balken. Hier zog einst der Rauch von offenem Feuer nach oben ins Gebälk und schwärzte das Holz. | Bild: Marc Eich

Der Hof präsentiert sich heute als Kleinod. Daneben sind ein schöner Bauerngarten und ein kleines Gebäude-Ensemble entstanden. Schafe grasen auf der Wiese. Einen vom Abriss bedrohten Kornspeicher, Baujahr 1720, hat Klaus Richter ein paar Kilometer weiter abgebaut, in Einzelteile zerlegt und neben seinem Hof wieder neu errichtet. Ebenso eine dem Verfall preisgegebene Kornmühle aus dem nahen Oberkirnach. „Mir geht es ums Erhalten“, unterstreicht Klaus Richter.

Die Nebengebäude, eine Mühle (links) und den Kornspeicher, rettet Klaus Richter vor dem Verfall. Er baut beide Gebäude in der Umgebung ...
Die Nebengebäude, eine Mühle (links) und den Kornspeicher, rettet Klaus Richter vor dem Verfall. Er baut beide Gebäude in der Umgebung ab, errichtet sie neben seinem Hof neu und saniert sie. | Bild: Stadler, Eberhard

So exklusiv wohnt es sich in einem Denkmal

Und wie lebt es sich in einem solchen Denkmal? Es sei noch immer ein Traum. „Hier zu wohnen und den Geist des Hauses spüren zu können, mit moderner Technik und Komfort, ist wie ein Sechser im Lotto“, sagt Klaus Richter. Die Alleinlage weit draußen mit absoluter Ruhe bietet in modernen Zeiten ein exklusives Lebensgefühl. „Du kommst hier in eine andere Welt.“

Holz und Fliesen im Kontrast. So sieht es im Bad der Familie Richter aus.
Holz und Fliesen im Kontrast. So sieht es im Bad der Familie Richter aus. | Bild: Stadler, Eberhard

Immer auf der Suche nach Herausforderung

Dass aus der Festidee jetzt gleich ein zehntägiger Veranstaltungsreigen wurde, hat vor allem mit dem charakterlichen Zuschnitt des Hausherrn zu tun. „Klaus kann nur groß denken“, beschwert sich seine Frau lachend.

Sie hat es schon oft erlebt. Als ihre Kinder noch klein waren, ist die Familie in zwei Monaten von der Schweiz durch die Alpen bis ans Mittelmeer gewandert. Mit zwei Freunden bezwang Klaus Richter den höchsten Berg Alaskas, den Denali.

An seiner Frau liegt es hin und wieder, den Gatten zu erden, wenn er mal wieder hoch hinaus will. „Sie ist die Bremse in meinem Leben“, pflegt er sich dann seinerseits zu beschweren. Dabei stimmt das Gegenteil: Ohne sie hätte er vieles nicht verwirklichen können. Für Silke Richter ist klar: Sie haben sich gegenseitig bereichert, gemeinsam Dinge bewegt, die einer alleine nicht hätte bewegen können. Zum Beispiel dieses große Fest.

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