Seit Juni 2024 dürfen die Gaststätten in der Villinger Färberstraße ihre Gäste im Außenbereich eine Stunde länger als bisher bewirten: wochentags bis 23 Uhr und am Wochenende bis 24 Uhr. Damit wurden sie, was die Sperrzeiten angeht, mit ihren Wirtskollegen im restlichen Stadtgebiet wieder gleichgestellt. Hat sich die Regelung bewährt?

Domenico Wittkopf, Inhaber des Gasthauses Ott und einer der Wirtesprecher in der Färberstraße, lächelt entspannt, wenn er auf die Thematik angesprochen wird. „Wir haben inzwischen eine total ruhige Färberstraße“, gibt er zu Protokoll.

Färberstraße Villingen. Domenico Wittkopf, Betreiber des Gasthauses Ott, freut sich über die verlängerten Öffnungszeiten für die ...
Färberstraße Villingen. Domenico Wittkopf, Betreiber des Gasthauses Ott, freut sich über die verlängerten Öffnungszeiten für die Außenbestuhlung in der Sommersaison. | Bild: Stadler, Eberhard

Das Partyvolk feiert woanders

Die wilde Kneipenmeile, wo das Partyvolk bis in den Morgen abfeiert, ist aus seiner Sicht ein Stück Vergangenheit. „Die Party- und Discobetriebe sind raus aus der Straße“, stellt er fest. Und zwar schon „seit über einem Jahr“. Die letzten beiden Musik-Bars hätten damals aufgegeben. Grund: „Für die hat sich das nicht mehr gelohnt.“

Das könnte Sie auch interessieren

Dazu hat die Stadt einiges beigetragen: Vor allem mit dem Instrument der Sperrzeitenregelung. Die Gaststätten in der Doppelstadt müssen am Wochenende um 3 Uhr morgens dicht machen, wochentags bereits um 1 Uhr. Das junge Partyvolk, das früher noch bis zum Morgengrauen um 5 Uhr in der Färberstraße feierte, ist damit wohl weitgehend vergrämt worden.

Wirte sind mit ihren Gästen älter geworden

Aus Sicht des Gastwirts sind die wilden Zeiten wohl vorbei. Die Färberstraße ist verbürgerlicht. Das Publikum, das früher fröhlich in den Kneipen gezecht und gefeiert hat, kommt heute zum gediegenen Speisen oder konsumiert gepflegt einen Prosecco. Und die Wirte? Sind ebenfalls mit ihrem Publikum älter und ruhiger geworden. „Manchmal ist man ja froh, wenn man abends um 22 Uhr Feierabend machen kann“, räumt Domenico Wittkopf ein.

Bei schönem Sommerwetter genießen diese Gäste ihr Essen vor dem Gasthaus Zum Kuckuck in der Färberstraße.
Bei schönem Sommerwetter genießen diese Gäste ihr Essen vor dem Gasthaus Zum Kuckuck in der Färberstraße. | Bild: Sprich, Roland

Gezähmte Färberstraße „ein Traum“

Die dergestalt gezähmte Färberstraße ist nach der Wahrnehmung des Ott-Wirts „ein Traum geworden“. Er selbst wohnt im Ott-Gebäude und findet, dass die Lärmbelästigung kein Vergleich mehr zu früher sei, als die Bässe aus einigen der Mini-Discos durch die Straße wummerten.

Die Färberstraße ist inzwischen mehr Feinschmecker- als Partymeile. Hier ein eine Impression im Außenbereich vom Gasthaus Ott.
Die Färberstraße ist inzwischen mehr Feinschmecker- als Partymeile. Hier ein eine Impression im Außenbereich vom Gasthaus Ott. | Bild: Sprich, Roland

Den ersten Sommer mit verlängerter Freibewirtschaftung beurteilt Wittkopf: „Absolut positiv und toll.“ 2023 noch seien die Besucher spätestens um 22 Uhr aufgestanden und in eine andere Gaststätte außerhalb der Färberstraße weitergezogen, wo sie eine Stunde länger draußen sitzen konnten. „Diese Wanderbewegung ist jetzt weg“, freut sich der Gastronom.

Die neue Situation jetzt sei für Gäste wie die Wirte deutlich entspannter. Wittkopf hofft daher, dass die Stadt nach Ablauf der einjährigen Frist diese Regelung dauerhaft verlängern wird.

Das könnte Sie auch interessieren

„Kein Vergleich mehr zu früher“

Was sagen Anlieger der Färberstraße? Keine Probleme mit den verlängerten Außenbewirtschaftung hat Handwerksmeister und Stadtrat Dirk Gläschig. Er wohnt mit seiner Familie in der südlichen Färberstraße. „Die Situation ist nur positiv“, lobt er. „Seit Leo‘s Bar ausgezogen ist, haben wir Ruhe. Das ist kein Vergleich mehr zu früher.“

Die verlängerte Freibewirtschaftung in der Sommersaison sei für ihn nicht störend. „Wir haben beim Schallschutz auch alles Erdenkliche getan“, erläutert er. Insofern, so sein Fazit, sei die derzeitige Situation für ihn sehr in Ordnung.

Dirk Gläschig, Anwohner der Färberstraße: „Das ist kein Vergleich mehr zu früher.“
Dirk Gläschig, Anwohner der Färberstraße: „Das ist kein Vergleich mehr zu früher.“ | Bild: Fw

Das sieht Brunhild Sprissler, wohnhaft im nördlichen Teil der Färberstraße, gänzlich anders. Dass die Lärmbelästigung durch einige Musikbars im südlichen Bereich inzwischen Geschichte ist, stellt sie nicht in Abrede. Doch das, sagt sie, „ist nicht mein Thema“. Ihr geht es um die Außenbewirtschaftung. Und da hat sich an ihrer Meinung, die sie seit vielen Jahren vertritt, nichts geändert.

„Für die Anwohner viel zu laut“

„Ich weiß, dass ich mitten in der Stadt wohne und damit ein bestimmtes Maß an Lärm hinzunehmen habe“, betont sie. „Aber nach 22 Uhr hat jeder Menschen in Deutschland ein Recht auf Nachtruhe.“

Brunhild Sprissler kritisiert im Februar im Gemeinderat die Sperrzeitenpläne der Stadt aus Sicht der Färberstraßenbewohner. Vergeblich.
Brunhild Sprissler kritisiert im Februar im Gemeinderat die Sperrzeitenpläne der Stadt aus Sicht der Färberstraßenbewohner. Vergeblich. | Bild: Stadler, Eberhard

Wenn sich vier Personen an einem Tisch an den Gaststätten gegenüber nachts angeregt unterhalten, stellt Sprissler fest, würden die Lärmgrenzwerte bereits überschritten. Der Stadt wirft sie daher Rechtsbeugung vor.

„Dass man hier am Wochenende bis zwölf Uhr draußen sitzen kann, ist nicht rechtens“, kritisiert die ehemalige Stadträtin. Die Färberstraße vor ihrer Haustüre sei sehr eng, gerade elf Meter breit. In der Straße halle es, der Lärm steige nach oben. Damit würden die gesetzlichen Grundlagen, die TA-Lärm und die städtische Polizeiverordnung, einfach missachtet.

Das könnte Sie auch interessieren

„Die Außenbewirtschaftung ist für uns Anwohner viel zu laut“, betont sie. Die vom Gemeinderat im Februar beschlossene Lockerung hält sie für völlig daneben. Und sie stellt klar: Mit dieser Auffassung stehe sie längst nicht alleine da.