Es ist ein schöner Herbstabend. Die Sonne geht unter, es duftet. Auf ihrer Veranda hoch über dem Bräunlinger Ortsteil Unterbränder haben Martin und Gudrun Strangfeld das Abendessen serviert.
Alles hat seinen Platz. Der Teller mit gewürfeltem Siedfleisch in Rinderbrühe und Schwenninger Knöpfle garniert mit Petersilie, eine Serviette, auf der das Besteck liegt, ein Glas Trollinger und optional eine Schale mit Kartoffelsalat.
Die Knöpfle können lang sein, länger und dicker als Spaghetti und werden mit Gabel und Löffel gegessen. Alles ist perfekt aufeinander abgestimmt und schmeckt köstlich.

Schwenninger Spezialität
Martin Strangfeld ist ein Genießer. Er kostet jede Sekunde aus, von der Zubereitung bis zum Essen. Und er stammt wie seine Frau aus Schwenningen. Das, was woanders Spätzle sind, wird hier Knöpfle genannt. Und hier erfand der Schlosser Philipp Mehne 1786 die erste Knöpfle-Maschine.
Alles beginnt mit Eiern, Mehl und Wasser. Es wird gerührt, bis der Teig homogen ist. Danach knetet der Hausherr den Teig mit Mehl so lange, bis er die richtige Konsistenz hat, ehe er in den Teigbehälter der dreibeinigen Knöpfle-Maschine gegeben wird, dessen Boden gleichmäßig mit kleinen Löchern versehen ist.

Drei Fakten über Spätzle
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Maschinen werden nicht mehr hergestellt
Diese Maschine wird über einen Topf mit kochendem Wasser gestellt, in das vorher Salz gegeben wurde. Der Teig wird über einen Spindelantrieb durch die Löcher gedrückt, „durchgetriebelt“, wie der Schwenninger sagt. Je öfter man das Drehen absetzt und die Knöpfle unter dem Behälter abschneidet, desto kürzer werden sie. Martin Strangfeld macht das einmal und erreicht eine Länge von über 50 Zentimetern.
Knöpfle-Maschinen werden heute nicht mehr hergestellt. Martin Strangfeld sammelt sie, restauriert sie und kämpft um deren Erhalt. „Sie sind unwiederbringlich“, sagt er. So manches Exemplar ist mittlerweile im Metallcontainer gelandet, weil niemand mehr den Nutzen erkennt.
„Als Kind war es das Größte, wenn ich triebeln durfte. Ich bin auf einen Hocker gestanden und habe mit beiden Händen den Teig reingetrieben, während meine Mutter die Maschine festgehalten hat.“Martin Strangfeld
Spätzle aus Kalbsleber
Auch wenn Spätzle oder Knöpfle wohl im Schwäbischen entstanden sind, werden sie auch im Badischen geschätzt und lecker zubereitet. Wer badische Küche aus heimischen Produkten genießen möchte, ist im Landgasthof Hirschen in Mundelfingen bei Küchenchefin Verena Martin gut aufgehoben. Vieles hat sie von ihrer Großmutter gelernt. So wird die Brühe für eine Suppe noch wie früher viele Stunden im Kessel mit Knochen, Fleisch, Gemüse und Gewürzen gekocht.

Auf der aktuellen Speisekarte findet sich als Vorspeise eine besondere Leckerei, natürlich alles selbst gemacht: Tafelspitzbrühe mit Leberspätzle. Hierbei wird dem Teig, der aus Mehl, Eiern und Salz besteht, gemahlene Kalbsleber zugemischt.
In Baden kommen sie in die Suppe
Während Leberspätzle im Schwäbischen in der Pfanne gebraten werden mit einem Ei darüber, sind sie hier im Badischen eine klassische Suppenbeilage. Der Spätzle-Teig ist dünnflüssig, denn in Mundelfingen wird er gehobelt oder klassisch in das heiße Wasser geschabt. Geschabte Spätzle sind daran zu erkennen, dass sie ungleichmäßiger sind.
Wichtig ist es, die Spätzle schnell aus dem heißen Wasser zu schöpfen und abzukühlen. Einerseits, um das Klebereiweiß zu entfernen, damit man sie nachher wieder auseinanderbekommt, andererseits, „um den Garprozess zu stoppen, damit sie nachher nicht matschig werden“, so Verena Martin.
„Ich war zehn Jahre weg, habe vieles gesehen. Spätzle und Knöpfle, das ist für mich Heimat.“Verena Martin
Serviert werden die Leberspätzle dann mit einer Mischung aus frischem Gemüse garniert mit frischen Kräutern. Die heiße Brühe kann der Gast aus einem kleinen Suppentopf, der separat steht, individuell dazu schöpfen. Zum liebevollen Arrangement in dem gemütlichen Mundelfinger Lokal von Verena Martin gehört natürlich auch ein kleiner Hirsch.

Und was ist das Besondere an dieser Vorspeise?
„Man stelle sich vor, es ist ein Tag, an dem es kalt und stürmisch ist und es regnet und man friert von innen heraus und dann bekommt man eine solche Suppe serviert. Dann ist alles wieder gut“, sagt Martin.
Spätzle gibt es in vielen Varianten, je nach Jahreszeit als Bärlauchspätzle, Leberspätzle, Wirsingspätzle, Pilzspätzle, als Beilage zum Wild oder zum dunklen Braten, oder als Gericht für sich.