Weiterhin angespannt ist im Landkreis die Unterbringung von Flüchtlingen. Die Städte und Gemeinden im Landkreis ächzen zunehmend unter den Lasten der Flüchtlingsunterbringung, berichtet Jan Hauser, der Leiter des Sozialamtes beim Landratsamt Schwarzwald-Baar, auf SÜDKURIER-Anfrage.

Jan Hauser leitet das Amt für Soziale Sicherung, Pflege und Teilhabe beim Landratsamt Schwarzwald Baar.
Jan Hauser leitet das Amt für Soziale Sicherung, Pflege und Teilhabe beim Landratsamt Schwarzwald Baar. | Bild: Stadler, Eberhard

Seit Kriegsbeginn im Februar 2022 wurden im Schwarzwald-Baar-Kreis fast 4000 Menschen aus der Ukraine registriert. Wie viele von diesen tatsächlich noch hier leben, darüber gibt es keine Statistik. Aber der Flüchtlingsstrom aus der Ukraine versiegt allmählich. Wurden allein im März 2022 fast 1500 Ukrainer im Landkreis registriert, ist der Zustrom seit diesem Jahr deutlich zurückgegangen. Zuletzt waren es pro Woche nur noch rund zehn bis 20 ukrainische Flüchtlinge, die dem Landkreis zugewiesen wurden.

Weniger Ukrainer, mehr andere Flüchtlinge

Dagegen schwillt der Zustrom von der Menschen aus anderen Krisengebieten wie etwa Syrien oder Afghanistan wieder deutlich an. Kamen Anfang dieses Jahres wöchentlich nur rund 20 Flüchtlinge aus dieser Kategorie in den den Erstaufnahmeheimen des Kreises an, sind es inzwischen wieder 50 bis 60 pro Woche.

Was bedeutet das für die Gemeinschaftsunterkünfte im Kreis? Derzeit sind von den 1143 Plätzen in 14 Flüchtlingsheimen rund 770 Plätze belegt. Die Bewohner stammen zu etwa einem Drittel aus der Ukraine, zwei Drittel kommen aus den zahlreichen anderen Krisengebieten dieser Welt. Für die Erstunterbringung von Flüchtlingen in den Sammelunterkünften, die auf maximal ein halbes Jahr befristet ist, gibt es also derzeit noch größere freie Kapazitäten.

Zwei Unterkünfte fallen weg

Das kann sich aber schnell ändern: Zwei Unterkünfte, die der Landkreis von der Privatklinik Mediclin in Donaueschingen und Königsfeld angemietet hat, „fallen Ende des Jahres weg“, berichtet Sozialamtsleiter Jan Hauser. Die beiden Gebäude müssen bereits bis Oktober geräumt sein. „Dann fehlen uns 300 Plätze in der Erstaufnahme“, sagt Hauser.

In diesem Apartmenthaus in der Gartenstraße will die Gemeinde Mönchweiler Ukrainische Flüchtlinge unterbringen. Das ließ bei Anwohnern ...
In diesem Apartmenthaus in der Gartenstraße will die Gemeinde Mönchweiler Ukrainische Flüchtlinge unterbringen. Das ließ bei Anwohnern in der Sitzung des Gemeinderates die Emotionen hoch kochen. | Bild: Cornelia Putschbach

Deshalb bemüht sich das Landratsamt intensiv, neue Unterkünfte für die Erstaufnahme zu finden. Sie werden ab Oktober benötigt. Derzeit verhandle das Landratsamt mit dem Eigentümer eines größeren Objekts, berichtet Hauser. Er äußerte sich „verhalten optimistisch“, dass ein Vertragsabschluss gelingen wird,

Auch die Nutzung des ehemaligen Altenheims Heilig-Geist-Spital in Villingen mit derzeit 400 Plätzen sowohl für Erstaufnahme als auch Anschlussunterbringung sei nicht von unbegrenzter Dauer. Der Mietvertrag werde derzeit bis Sommer 2024 verlängert. Ob dann erneut verlängert wird, sei offen. Insofern bleibe die Suche nach neuen Unterkünften „bei uns eine Daueraufgabe“.

Turnhallennutzung wird vermieden

Der Landkreis werde auf jeden Fall alles tun, so unterstreicht Hauser, um zu vermeiden, dass Flüchtlinge in Turnhallen einquartiert werden müssen. Hauser zeigte sich zuversichtlich, dass dies gelingen werde, zumindest in den nächsten Monaten.

Schwieriger sieht die Lage im Landkreis aktuell bei der Anschlussunterbringung aus. Spätestens nach einem halben Jahr sollen die Flüchtlinge die Sammelunterkünfte der Erstaufnahme verlassen. Wenn sie keine Unterkunft auf dem freien Wohnungsmarkt finden, sind die Städte und Gemeinden für die „Anschlussunterbringung“ zuständig. Hier klemmt es aber immer öfter. „Wir spüren deutlich, dass sich die Kommunen zunehmend schwer tun, Wohnraum zu finden“, berichtet Jan Hauser. Freie Kapazitäten auf dem Wohnungsmarkt seien kaum noch vorhanden.

Die Solidarität schwindet

Von den Bürgermeistern bekommt Hauser zwei alarmierende Rückmeldungen. Die Solidarität mit den Flüchtlingen, die mit Beginn des Ukrainekrieges noch groß war, lasse merklich nach. Belegt wird diese Aussage durch die jüngste Auseinandersetzung: In Mönchweile wehrten sich Anwohner mit massiver Kritik an Gemeinderat und Bürgermeister gegen die Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft. Kein Einzelfall: In St. Georgen protestieren 23 Anwohner gegen eine neue Flüchtlingsunterkunft in der Schramberger Straße. Die Zeiten werden offenbar rauer.

In diesem ehemaligen Firmengebäude in der Schramberger Straße wird die Stadt St. Georgen bis zu 50 Flüchtlinge unter. Der Gemeinderat ...
In diesem ehemaligen Firmengebäude in der Schramberger Straße wird die Stadt St. Georgen bis zu 50 Flüchtlinge unter. Der Gemeinderat hat bereits zugestimmt, allerdings unter Protest von Anwohnern. | Bild: Sprich, Roland

Ein weiterer Kritikpunkt aus den Kommunen: Eine wachsende Zahl von Bürgermeistern kritisiert, dass sie sich von Land und Land mit der Unterbringung und Integration von Flüchtlingen allein gelassen fühlt.

Klare Erwartungen an den Bund

Dieser Kritik schließt sich auch der Landkreis ausdrücklich an, wie Sozialamtsleiter Hauser betont. „Wir sagen ebenfalls, wir haben keine verlässliche Gesamtfinanzierung mehr.“ Da ändere auch der „Flüchtlingsgipfel“ im Mai im Kanzleramt nichts, bei dem der Bund eine Milliarde Euro zusätzlich bereitgestellt hat. „Das ist nur eine Einmalzahlung“, beklagt der Amtsleiter. Die Kommunen, die hier Bundes- und Landesaufgaben übernehmen, hätten aber die ganz klare Erwartung, dass die oberen Ebenen diese Dienstleistung angemessen bezahlten. Für den Kreis bedeute dies, dass er jährlich Millionen von Euro draufzahlen müsse.

Nicht die alten Fehler wiederholen

Hausers zweiter Wunsch an die Flüchtlingspolitik der übergeordneten Ebenen: Bund und Land dürfen nicht wieder den selben Fehler machen wie nach der Flüchtlingswelle von 2015/16. Nach Ende der großen Fluchtwelle wurden fast alle Flüchtlingsheime wieder aufgegeben. Welch großer Fehler diese Entscheidung war, zeigte sich mit Ausbruch des Ukraine-Krieges. Hauser: „Wir erwarten, dass Bund und Land künftig eine Unterkunftsreserve vorhalten und finanzieren.“

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