Sich nach Feierabend noch einen Joint anzuzünden bringt einen seit zwei Monaten auch im Schwarzwald-Baar-Kreis nicht mehr in Schwierigkeiten. Denn seit dem 1. April 2024 gilt in ganz Deutschland das Cannabisgesetz.
Seit diesem Tag dürfen also erwachsene Menschen bis zu drei Cannabispflanzen besitzen oder sich über einen Social Club als Mitglied eines spezialisierten Vereins Zugang zu dem Betäubungsmittel verschaffen.
Großes Versprechen
Doch wie läuft es mit der Umsetzung des Gesetzes? Eines der großes Versprechen der Legalisierung war schließlich, die Polizei von der Verfolgung kleiner Betäubungsmitteldelikte zu entlasten.
Umgekehrt gibt es die Befürchtung, dass nun die Hemmschwelle sinken könnte, sich unter Cannabiseinfluss ans Steuer eines Autos zu setzen und Gefährdungen im Straßenverkehr zunehmen. Der SÜDKURIER hat nachgefragt.
Daniel Brill, Pressesprecher der Polizei, erklärt, dass die zwei Monate ein kurzer Zeitraum für eine genaue Analyse des Cannabisgesetzes aus polizeilicher Sicht sei. Eine Prognose sei daher noch recht schwer zu stellen, sagt der Polizeisprecher.
Mehr Cannabis im Straßenverkehr?
Dennoch gebe es erste Zahlen aus dem April 2024. Bei den Verkehrsdelikten mit Cannabisbezug sei tatsächlich eine Veränderung sichtbar. „Hier lässt sich eine Steigerung erkennen“, so Daniel Brill.
Allerdings müsse das nicht heißen, dass diese Fälle auf die Legalisierung zurückzuführen seien, fügt der Polizeisprecher erklärend hinzu.
Es könnte demnach auch ein reiner Zufall sein, dass im April 2024 mehr Menschen mit Cannabis im Blut am Steuer unterwegs waren. Denn dazu fehlten wiederum verlässliche Vergleichszahlen, die erst in den kommenden Monaten folgen werden.
Neue Grenzwerte beim Autofahren
Wobei dies auch noch eine Weile dauern könnte, da der Bundestag erst am 6. Juni 2024 einen neuen Grenzwert für Cannabis im Straßenverkehr verabschiedet hat. Dieser Grenzwert liegt nun bei 3,5 Nanogramm THC (dem entscheidenden Wirkstoff von Cannabis) pro Milliliter Blut.
So werden Fahrer auf Cannabis geprüft
Die Polizei kontrolliert das Einhalten des Grenzwertes ähnlich wie bei Alkohol, wenn ein Anfangsverdacht besteht. Dies können zum Beispiel gerötete Augen sein.
Dann folgen kleine Tests der Reaktionsfähigkeit. Wenn der Verdacht dann immer noch besteht, kann die Polizei einen Schnelltest anbieten. Das kann eine Speichelprobe oder ein Urintest sein.
Sollte der Schnelltest positiv sein, kann eine Blutentnahme durch einen Amtsarzt angeordnet werden. Bis auf die Blutentnahme sind diese Maßnahmen der Polizei freiwillig.
Der deutsche Hanfverband kritisiert jedoch die Herangehensweisen bei den Kontrollen, da das THC auch Tage nach dem Konsum noch nachweisbar sei, auch wenn keine Beeinträchtigung des Fahrverhaltens mehr vorliege.
Polizei stellt auf neue Rechtslage um
Während die Prüfung von THC im Straßenverkehr noch relativ einfach ist, ist es bei Straftaten im Zusammenhang mit Cannabis, wie dem illegalen Handel, noch schwerer, erklärt Daniel Brill vom Polizeipräsidium Konstanz.
Denn: „Wir müssen uns auf die neue rechtliche Situation umstellen“, so Brill. Daher gibt es hier noch gar keine belastbaren Zahlen. Auch Schwerpunktbereiche lassen sich dort aufgrund der mangelnden Datenlage derzeit noch nicht ausmachen, so Brill.
Nicht weniger Verwaltungsaufwand
Und wie sieht es jetzt mit dem Verwaltungsaufwand aus? Ist dieser weniger geworden?
Nein, meint der Polizeisprecher. Der Verwaltungsaufwand für die Polizistinnen und Polizisten sei nach wie vor derselbe. „Er hat sich nur verschoben“, gibt der Polizeisprecher zu verstehen.