Statt auf wertvollen Ackerflächen sollten Photovoltaik-Anlagen verstärkt auf Dächern von großen Gebäuden installiert werden. Das fordern immer mehr Fachleute. Doch auch in der Region ist es nicht überall so. Darauf weisen Hermann Krafft und Thomas Schalk von der Kreisgruppe des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu) hin.

Das Geschenk der Sonne sinnvoll nutzen: So kann man die Überzeugung der Photovoltaikbefürworter umschreiben. Mit Krafft und Schalk von der Nabu-Kreisgruppe hat die Region zwei Experten, die sich für eine zukunftsorientierte Nutzung der Sonnenenergie einsetzen.

Bei einer Rundfahrt durch die Gewerbezonen der Doppelstadt zeigte sich, dass es durchaus vorbildliche Firmeninhaber gibt, welche die Dachflächen ihrer Gewerbehallen mit Photovoltaikzellen geradezu bepflastern, bieten diese Dächer mit ihrer flachen Bauweise doch ideale Bedingungen für eine ertragreiche Stromernte.

Auch mit wenigen Photovoltaikelementen kann eine Fassade wie hier im Gewerbegebiet Schwenningen-Ost gestaltet werden.
Auch mit wenigen Photovoltaikelementen kann eine Fassade wie hier im Gewerbegebiet Schwenningen-Ost gestaltet werden. | Bild: Jörg-Dieter Klatt

Traurig stimmen die Beiden allerdings auch die gewaltigen Dachflächen, die bar jeder Solarzelle nur dem Schutz der darunterliegenden Gebäude dienen. „Photovoltaikkraftwerke auf Dächern haben gegenüber Freiflächenanlagen den Vorteil, dass keine weiteren Eingriffe in die Natur notwendig werden“, betont Thomas Schalk mit Blick auf die um sich greifende Nutzung großer Agrarflächen im Schwarzwald-Baar-Kreis.

Ob mit dem Umbau des Schwarzwald-Baar-Centers die riesige Dachfläche auch für ein Solarkraftwerk genutzt wird, steht in den Sternen.
Ob mit dem Umbau des Schwarzwald-Baar-Centers die riesige Dachfläche auch für ein Solarkraftwerk genutzt wird, steht in den Sternen. | Bild: Jörg-Dieter Klatt

Vor dem tendenziell stetig steigenden Strombedarf, sei es durchaus sinnvoll, die riesigen Dachflächen mit Photovoltaikzellen zu bestücken. Nicht nur der sofortige Eigenverbrauch, auch das Einspeisen ins öffentliche Netz oder die Speicherung in Batteriezellen trägt zur Minderung des Kohlendioxid-Ausstoßes durch fossile Kraftwerke bei.

Vor dem Hintergrund der Stilllegung sämtlicher Kernkraftwerke bis zum Jahr 2023, muss sich die Stromwirtschaft überlegen, wie die wegbrechenden Kraftwerksleistungen ersetzt werden können. Dass die Photovoltaik dies nicht in vollem Umfang leisten kann, steht außer Frage.

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„Die großflächige Bestückung mit Solarzellen brächte jedoch einen erklecklichen Beitrag zur Unabhängigkeit von Atomstromeinkäufen aus den Nachbarländern mit sich“, erklärt Hermann Krafft. Hier sieht der Nabu und auch andere Umweltverbände gerade bei den Industriedachflächen ein hervorragendes Potenzial.

Neuste Entwicklung bei der Ausrichtung der Photovoltaikelemente zeigen, dass eine reine Südausrichtung nicht mehr unbedingt die wirtschaftlichste sei. Immer mehr Sonnenkraftwerke nutzen per Ost-West-Ausrichtung auch die weniger ertragreichen Morgen und Nachmittagszeiten, zu denen sich der Strom teurer am Strommarkt verkaufen lässt.

Vorbildlich werden die Dachflächen von Orca und Zisterer-Präzisionsdrehteile zur Gewinnung von Solarstrom genutzt. Das östlich ...
Vorbildlich werden die Dachflächen von Orca und Zisterer-Präzisionsdrehteile zur Gewinnung von Solarstrom genutzt. Das östlich danebenliegende Dach harrt derweil noch auf eine Photovoltaikanlage. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Bei der Rundfahrt galt das Interesse der Nabu-Vertreter im Wesentlichen den großflächigen Hallen in den Industriegebieten Herdenen und Schwenningen Ost. Innovative Fassadenverkleidungen konnten gegenwärtig nur an wenigen Gebäuden gesichtet werden, stellen diese jedoch neben den reinen Dachflächen eine weitere Montagemöglichkeit für Photovoltaikanlagen dar. Selbst Balkongeländer eignen sich für die Stromgewinnung.

Anlässlich der Erkundungsfahrt wurde auch der Neubau der Industrie- und Handelskammer Schwarzwald-Baar-Heuberg (IHK) im Zentralbereich in Augenschein genommen. Das Gebäude weist bislang nicht darauf hin, dass Dach- oder Fassaden mit Solarzellen bestückt werden sollen.

Bislang keine Photovoltaik-Anlage vorgesehen

Auf Anfrage des SÜDKURIER teilen der IHK-Pressesprecher Christian Beck und der Projektleiter des IHK-Neubaus Wolf-Dieter Bauer mit, dass bei der bisherigen Planung keine Photovoltaik-Anlage vorgesehen sei. Dennoch erfülle der Neubau sämtliche Kriterien zur Nachhaltigkeit des Gebäudes, was durch die Gold-Zertifizierung der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen nachgewiesen sei.

Die beiden Nabu-Vertreter bedauern diese IHK-Planung zutiefst, könnte doch der Neubau des IHK-Gebäudes geradezu als Leuchtturmprojekt beispielgebend für viele Industriegebäude modellhaft vorgestellt werden. Nach Auskunft der IHK werden derzeit wirtschaftlich vertretbare Kriterien für eine Photovoltaik-Installation am bestehenden Gebäude geprüft.