Jetzt ist der Startschuss endlich gefallen. Seit zwei Wochen laufen die Bauarbeiten inmitten der bestehenden Gebäude der Nachsorgeklinik Tannheim. Mit schwerem Gerät wird die Baugrube aus dem Untergrund geschnitzt, der größtenteils aus Buntsandstein besteht. Baggerfahrer haben es da nicht einfach. Lastwagen für Lastwagen verlässt das Gelände, um das Geröll auf einer Deponie zu entsorgen.

Bei früheren Arbeiten waren einige dieser Steinblöcke für die Gestaltung der Außenanlage verwendet worden, erinnern sich die beiden Klinik-Geschäftsführer Thomas Müller und Roland Wehrle. Mit den Mengen, die jetzt abgebaut werden, könnte man einen ganzen Berg aufschütten.

Die Erdarbeiten sind nicht ganz einfach. Der Untergrund besteht aus Buntsandstein.
Die Erdarbeiten sind nicht ganz einfach. Der Untergrund besteht aus Buntsandstein. | Bild: Fröhlich, Jens

Mittlerweile ist die Grube mehrere Meter tief. „In ein bis zwei Wochen beginnen dann die Arbeiten für das Fundament und ersten Mauern“, freut sich Thomas Müller. Denn eigentlich wollte man zum aktuellen Zeitpunkt schon weiter sein.

Lieferschwierigkeiten bremsen das Projekt

Der Spatenstich fand bereits Ende 2021 statt. Seither ging es nicht wirklich voran. Lieferengpässe und volle Terminkalender der Baufirmen hatten den Baustart immer weiter nach hinten rutschen lassen.

Mit solchen Problemen haben die beiden Geschäftsführer wohl auch in den kommenden Monaten zu tun. Die Situation in der Baubranche hat sich kaum verändert. Bei Zement, Stahl und auch Holz gebe es immer wieder Lieferschwierigkeiten. „Man muss dann flexibel sein eventuell auch auf andere, verfügbare Materialien ausweichen“, so Roland Wehrle.

Die beiden Klinik-Geschäftsführer Thomas Müller (links) und Roland Wehrle freuen sich, dass es nun endlich losgeht mit dem Bau des neuen ...
Die beiden Klinik-Geschäftsführer Thomas Müller (links) und Roland Wehrle freuen sich, dass es nun endlich losgeht mit dem Bau des neuen Kinderhauses. Baggerfahrer Mladen Zivkovic ist bereits dabei, die gewaltige Baugrube auszuheben. | Bild: Fröhlich, Jens

Trotz aller Schwierigkeiten sind die Geschäftsführer optimistisch, dass das neue Haus bis zum Sommer 2023 stehen wird. „Bis zum Herbst sollen Dach und Fassade dicht sein, damit über den Winter der Innenausbau stattfinden kann“, skizzieren die beiden den weiteren Ablauf. Die ersten Ausschreibungen laufen bereits.

Das ist geplant

Etwa zwei Millionen Euro sind für den Neubau einkalkuliert. Und diese Summe ist auch schon finanziert. Eine halbe Million Euro habe die Stiftung Deutsche Kinderkrebsnachsorge beigesteuert. Ein Großteil stamme aber aus Spenden der SÜDKURIER-Leser, die zuletzt pro Jahr weit über 600.000 Euro gespendet hatten, so viel wie noch nie.

„Dafür sind wir sehr dankbar“, sagen Müller und Wehrle. Nur durch diese Spenden seien die Erweiterung und der laufende Betrieb überhaupt möglich. „Sie helfen damit, unser Therapieangebot zu verbessern und auszubauen sowie der Raumnot entgegenwirken“, sagt Roland Wehrle. Zuletzt war es nämlich langsam eng geworden in den bestehenden Gebäuden und in den über die Jahre hinweg angebauten Bereichen.

Der Neubau soll vor allem ausreichend Platz für drei Gruppen der Kinderbetreuung bieten. „Wir haben die Raumgrößen sogar noch einmal deutlich nach oben angepasst“, sagt Müller. Hinzu kommen ein Teamraum und sanitäre Anlagen.

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Das Folgeprojekt

Die durch den Umzug frei werdenden Bereiche im Haupthaus sollen im Anschluss zu Therapieräumen umgebaut werden, was ebenfalls noch einmal über 100.000 Euro verschlingen wird. Dieses Raumangebot ist laut den Geschäftsführern dringend nötig, um der großen Nachfrage gerecht zu werden. Zusammenhängende Therapiebereiche sollen räumlich gebündelt werden für kürzerer Wege.

Baustart für das neue Kinderhaus Video: Fröhlich, Jens

Nicht zuletzt sei das auch eine Reaktion auf eine sich verändernde Arbeitswelt. „Wir haben immer mehr Teilzeitkräfte“, erklären Thomas Müller und Roland Wehrle. Mehr Räumen würden mehr Flexibilität bei der Therapieplanung bieten. „Wenn viele Teilzeitkräfte nur vormittags arbeiten, dann sind in dieser Zeit Räume knapp.“

Eine Herzensangelegenheit ist den Geschäftsführern auch, dass sie den Trainingsbereich mit Geräten eines Hüfinger Herstellers bald an einen geeigneten Ort nahe der Physiotherapie verlegen können.

Spenden immer wichtiger

Ohne solche Zuwendungen von Freunden und Gönnern der Klinik und ohne die Spendengelder vieler SÜDKURIER-Leser wäre der Klinikbetrieb nicht aufrecht zu erhalten, da sind sich die Geschäftsführer einig. Immer mehr strukturelle Anforderungen und steigende Kosten bei Löhnen und anderen Bereichen, seien durch Pflegesätze der Krankenkassen und Rentenversicherungen kaum noch zu erwirtschaften.

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Es komme hinzu, dass die Sätze der Krankenkassen in den vergangenen Jahren nur unzureichend angepasst worden seien, so die Meinung der Geschäftsführer. Etwas besser sehe es bei den Sätzen der Rentenversicherer aus, aber auch das reiche nicht aus, alle Kosten zu decken.

Ein großer Bagger frisst sich Stück für Stück in den felsigen Untergrund aus Buntsandstein.
Ein großer Bagger frisst sich Stück für Stück in den felsigen Untergrund aus Buntsandstein. | Bild: Fröhlich, Jens

Und auch Corona belastet die Klinik bis heute. „Wir können fünf bis zehn Prozent der Plätze nicht belegen“, rechnet Thomas Müller vor. Grund sind vor allem Absagen wegen Corona-Infektionen. „Wenige Tage vor Therapiebeginn lassen sich Plätze nicht mehr neu belegen.“