Rund 80 interessierte Bürger, darunter eine größere Gruppe der Interessensgemeinschaft „Lückenschluss“, waren am Freitagabend ins Franziskaner Museum gekommen, um mit Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) das Thema Mobilitäts- und Antriebswende zu diskutieren.
Nicht immer konnte der Minister dabei mit seinen Antworten glänzen.
Eingeladen zu der Veranstaltung hatten der Grünen-Kreisverband Schwarzwald-Baar und die Landtagsabgeordnete Martina Braun.

Gleich zu Beginn betonte Martina Braun den notwendigen Fokus auf eine Mobilitätswende mit stärkerer Nutzung von Fahrrad, Bahn und ÖPNV.
Gleichzeitig stellte sie aber klar: „Insbesondere im ländlichen Raum wird das Auto weiterhin eine bedeutende Rolle spielen, wie ich am eigenen Beispiel bestätigen kann.“ Das sieht auch der Verkehrsminister so, beklagt aber, dass der Wandel einfach noch mehr Zeit brauche. Denn: „Die Trägheit der Menschen ist das größte Problem.“
Außerdem stellte er klar, dass er es nicht alleine richten kann: „Ich bin nicht der König von Württemberg“. Vielmehr sei Politik in einer Demokratie bisweilen kompliziert und ohne einen Konsens in den diversen Parteien und Gremien gehe es eben nicht. „Alle müssen ihren Job machen und wenn wir die Menschen nicht mitnehmen, kann es nicht funktionieren“, so sein Resümee.
Das treibt die Bürger um
Die Fragen der Bürger konzentrierten sich dann aber auf drei große Hauptthemen. Zum einen, warum der Ausbau der Photovoltaik so schleppend voran geht, vor allem auch bei öffentlichen Gebäuden. Hier verwies der Minister auf die komplizierte Rechtslage, wo es an erster Stelle auch immer um die Eigentumsverhältnisse der entsprechenden Flächen und Gebäude ginge.
Gleichzeitig verwies er aber darauf, dass die Landesregierung auf mehr Geschwindigkeit setzt, wie er am jüngsten Beispiel aus Tübingen auch beweisen könne.
Das sagt der Minister zu Ringzug und Gäubahn
Auch zu den aktuellen Problemen beim Ringzug-Ausbau und die immer schlechter werdende Gäubahn-Verbindung nach Stuttgart kamen viele Fragen. 120 Tage lang war die alleine im letzten Jahr für den Zugverkehr gesperrt.
„Wir sind in einem konstruktiven Dialog mit der Bahn, um die Baustellensituation im Netz zu verbessern“, erklärte Hermann. Ganz neu war im dagegen die „Eisenbahnbetriebswissenschaftliche Untersuchung“ der Bahn vom Januar, in dem die Bahn jetzt die Zweigleisigkeit zwischen Schwenningen und Trossingen für notwendig hält. „Das können wir erst prüfen, wenn uns das zugestellt wird“, vertröstet dazu der Verkehrsminister.
Hermann rudert beim Lückenschluss zurück
Den größten Raum nahm aber die Diskussion rund um den Lückenschluss der B523 ein. Auch hier rudert Herman zurück: „Das ist eine Planungs- und Bauhoheit des Bundes, da habe ich keine direkten Entscheidungsbefugnisse, und das Regierungspräsidium hat den Auftrag, zu bauen.“
Peter Sachse von der IG Lückenschluss konterte mit der Feststellung, dass das Kosten-Nutzenverhältnis schon lange nicht mehr gegeben sei und forderte den Minister auf, sich hier wenigstens eindeutig zu positionieren.
Seine Antwort: „Wir werden das genau beobachten, aber derzeit ist das alles erst in einer sehr frühen Planungsphase, da kann man noch gar nichts Konkretes rechnen.“
Jane Schiller monierte, dass das Regierungspräsidium bei der öffentlichen Bürgeranhörung mit alten Daten und Kartenmaterialien arbeiten würde.
Auch das hörte Hermann zum ersten Mal, will den Sachverhalt aber von seinem Ministerium prüfen lassen. Er merkte aber süffisant an: „RP-Präsidenten sind zum Teil richtig mächtig.“
Alles in allem gab es zu den Themen Gäubahn, Ringzug 2.0 und B523 keine wirklich guten Antworten seitens des Ministers. Dennoch überzeugte er die Anwesenden durch seine offene und ehrliche Diskussionsbereitschaft.
Nach einer Rekordamtszeit von zwölf Jahren hat der grüne Minister eine einzigartige Kompetenz aufgebaut, die ihm niemand absprechen kann. Viele der Fragen wolle er auch mit nach Stuttgart nehmen, um die vorgetragenen Sachverhalte nochmals genauer prüfen zu lassen und gegebenenfalls entsprechend zu agieren.
Keine Proteste während der Veranstaltung
Vor dem Franziskaner sorgten vor und während der Veranstaltung die Polizei für Sicherheit.

Auch das Ordnungsamt stand bereit, die Zufahrtsstraßen durch das Riettor und die Rietstraße bei Bedarf sofort abzusperren.
Froh waren alle Beteiligten, dass es dazu nicht kommen musste. Weit und breit war kein einziger Demonstrant oder gar Traktor zu sehen.