48 Stunden zwischen Sandsäcken, Wassermassen und Erschöpfung: So hat Theo Huber das Pfingstwochenende erlebt. „Sehr krass“, fasst der 49-Jährige zusammen. 260 Kilometer und 3,5 Autostunden entfernt von seinem Heimatort Bräunlingen war er in der Hochwasserregion im Saarland im Einsatz.

Huber ist mit seiner international vernetzten Hilfsorganisation „Nit quatsche, mache“ bestens aufgestellt in Sachen Flut- und Katastrophenhilfe. Deshalb beginnt der Einsatz auch vor der Katastrophe.

Wetterdienste kündigen das Unheil an

„Durch die Wetterdienste war bereits kommuniziert, dass vergangenes Wochenende im Saarland besonders starke Niederschläge fallen sollen“, so Huber im Rückblick auf den Einsatz. Am frühen Samstagmorgen macht er sich mit seiner Ausrüstung auf den Weg.

Die braunen Fluten dringen überall ein.
Die braunen Fluten dringen überall ein. | Bild: Theo Huber

Erster Einsatzort ist Hangard, ein Stadtteil der Kreisstadt Neunkirchen. Dort war der Wasserstand der Osters bereits so hoch, dass in den betroffenen Häusern noch nicht abgepumpt werden konnte.

Also weiter. Durch sein Netzwerk wusste Huber, dass in Saarbrücken-Güdingen in direkt an der Saar gelegenen Häusern ebenfalls Keller vollgelaufen waren. Huber brachte seine Pumpen in Einsatz. Zunächst erfolgreich, aber als der Saar-Pegel stieg, musste der Einsatz in Rücksprache der Feuerwehr enden. Eine vernünftige Entscheidung. Der Pegel stieg in der Nacht so stark, dass selbst die Zufahrtsstraßen überflutet und gesperrt wurden.

Kampf gegen die Wassermassen Video: Theo Huber

Die nächste Whatsapp-Nachricht aus der nächsten Ortschaft. In Kleinblittersdorf war der Keller im Schloss vollgelaufen, das Wasser der Saar droht in das Erdgeschoss einzudringen. Also werden Sandsäcke bei der örtlichen Feuerwehr geholt, um Türen und bodentiefe Fenster zu sichern, Möbel und Elektrogeräte werden in den ersten Stock tragen.

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Halb zwei in der Nacht. Schlafen ist nicht möglich. Nächster Anruf. Dammbruch bei Ottweiler, die Blies steigt acht Zentimeter pro halbe Stunde. Ein Helfer, selbst betroffen von der Flut 2021 im Ahrtal, ist mit Stromerzeuger und Pumpen vor Ort, um die Feuerwehr zu unterstützen.

Pumpen befördern Wasser aus Kellern Video: Theo Huber

Huber fährt nach Bliesmengen-Bolchen im Mandelbachtal. „Bis in die frühen Morgenstunden haben wir es gemeinsam mit der Feuerwehr geschafft, die Häuser vor einem größeren Schaden zu bewahren“, erzählt er.

„Nach zwei Stunden Schlaf, einer tollen Verpflegung der Dorfgemeinschaft und der Feuerwehr konnten wir nach und nach unsere Pumpen ausschalten und im Nachbarort Habkirchen weitere Keller auspumpen“, fasst der Bräunlinger den Rest des Sonntags zusammen.

An Pfingstmontag sei die Lage wieder entspannt gewesen. Man habe den Betroffenen in Saarbrücken-Güdingen geholfen, Keller und Wohnungen auszuräumen.

Gearbeitet wird bis in die frühen Morgenstunden. Hier Mitglied Markus in Aktion.
Gearbeitet wird bis in die frühen Morgenstunden. Hier Mitglied Markus in Aktion. | Bild: Theo Huber

Und was Theo Huber in Ausnahmesituationen an?

Letztlich gehe es um Solidarität. Beschreibt Theo Huber, was ihn in einer solchen Ausnahmesituation antreibe. Angefangen mit den Feuerwehren, deren Helfer weit über 50 Stunden im Einsatz sind und teilweise selbst von Schäden betroffen sind.

Und da sind auch die ganz normalen Menschen, Nachbarn. Ganze Ortschaften sind auf den Beinen und weit über 1000 Helfer in den Gebieten unterwegs.

Während der Fluthilfe in Saarbrücken erlebt Huber viele bewegende Momente. „Menschen haben vor Freude und Dankbarkeit geweint“, erzählt er. „Das ist unser Helferlohn und mein Antrieb.“

Als junger Mann hilft ihm keiner

Theo Huber hilft, seit er denken kann. Sein einschneidendes Erlebnis hatte er, als er in jungen Jahren selbst einmal Hilfe benötigt habe, alle aber weggesehen hätten. „In der Not darf man nicht wegschauen, ganz im Gegenteil.“

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„Wenn jemand mit dem Rücken zur Wand steht und nicht mehr weiter weiß, genau dann ist es unsere Aufgabe zu helfen und ihn ein Stück seines Weges zu begleiten“, sagt er.

Kritische Bilanz

Der Metallbauer und Landwirt sieht aber auch kritisch, wo es besser laufen könnte. Mit seinen Pumpen könne er 53.000 Liter Wasser pro Stunde pumpen. „Wir müssen aber besser werden, um noch effektiver helfen zu können. Insgesamt war das Schadensgebiet sehr groß und wir hätten mehr Gerätschaften einsetzen können.“

Sandsäcke sollen vor den Fluten schützen.
Sandsäcke sollen vor den Fluten schützen. | Bild: Theo Huber

Ein großes Problem sieht Huber in der Versicherungsfrage. „Ich verstehe nicht, dass nicht alle Versicherungen die Flut decken“. sagt er. Die hohen Policen, insbesondere an Flussnähe seien für einen Großteil der Menschen untragbar. „Das Kostet teilweise über 1000 Euro pro Monat und ist frustrierend, wenn die Existenz der Menschen plötzlich zerstört wird und
die Versicherungen ein Schlupfloch findet“.