Die Grünen fahren mit der Linacher Landwirtin Martina Braun einen denkwürdigen Abstimmungssieg ein. im Wahlkreis 54 Villingen-Schwenningen kommt die Partei auf 34,6 Prozent. Sie hängt damit die Christdemokraten markant ab und holt nach 2016 erneut das Direktmandat ins Landesparlament.

Für die CDU bedeutet der 14. März 2021 eine weitere, schwere Wahlniederlage. Die Christdemokraten bleiben 12,1 Prozent hinter den Grünen – und das in einem Wahlbezirk, in dem man vor noch nicht allzu langer Zeit sagte, es sei fast schon egal, wen die CDU nominiert, das Ticket ins Parlament sei so oder so sicher.

Die Prophezeiung wird real

Diese Zeiten sind vorbei. Die Union musste sich auch im Südschwarzwald für die Korruptionsfälle im Bundestag um Provisionen für Coronamasken eine Woche vor der Abstimmung rechtfertigen. Dazu kommt: Die Partei war in die Ära nach Karl Rombach mit Raphael Rabe gestartet. Der 29-jährige Finanzfachwirt sollte den Mut der Partei zum Generationswechsel ausdrücken. Aus dem erhofften Umbruch und Aufbruch wurde ein Einbruch der Ergebniszahlen.

Wahlgewinner neben den Grünen ist eindeutig die FDP. Sie profitierte in der Region erkennbar von der sich zuletzt von Woche zu Woche verstärkenden CDU-Schwäche in den Umfragen. Der Unternehmensberater Frank Bonath konnte diesen Steilpass nun mit einem Topergebnis vollenden. 12,2 Prozent holt er mit den Freien Demokraten und hängt damit auch mit fast einem Prozent Abstand die Rechtspopulisten von der AFD ab.

Brauns Stärke ist überall

Die CDU war mit dem Makel der mutmaßlichen Spaltung in diese Wahl gegangen. Bei der Nominierung von Raphael Rabe wurde 2020 die Mitbewerberin Susanna Ciampa knapp geschlagen. Die Unterkirnacherin postete noch in der Nacht ihrer Niederlage voller Enttäuschung einen Satz, der sich nun als Prophezeiung herausstellt. Ciampa verbreitete seinerzeit, Martina Braun könne angesichts des unerfahrenen, jungen CDU-Kandidaten Rabe jetzt schon eine Flasche Schampus öffnen.

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Tatsächlich blieb Rabe in Abstimmbezirken wie Unterkirnach, Sankt Georgen, Königsfeld oder Vöhrenbach besonders schwach. Und genau hier konnte Martina Braun für die Grünen mit deutlichen Abständen prunken. Dass Rabe von der Partei zu früh ins Feuer geschickt worden sein könnte, deutet sein schwaches Abschneiden im Oberzentrum ab. Hier muss sich Rabe der Linacher Landwirtin mit 33,1 zu 20.ß Prozent geschlagen geben.

Der Heimatort des bisherigen CDU-Bewerbers um Landtagsmandate, Karl Rombachs Schonach, bescherte Raphael Rabe übrigens eines seiner besseren Ergebnisse. In CDU-Kreisen galt es am Sonntagabend als gesichert, dass Rombach sich daheim im Ort für seinen jungen Nachrücker nicht unerheblich werbend ins Zeug gelegt haben dürfte. 30,4 Prozent darf Rabe im Ort der Olympiasieger einstreichen.

Aber: Auch in Schonach bleiben Martina Braun und die Grünen vorne. 34,6 Prozent holt die Landwirtin hier, 4,2 mehr als Rabe. Besonders auffällig: Martina Braun hat in allen Wahlkreisgemeinden gewonnen. Am deutlichsten gestärkt schicken sie die Furtwanger mit über 41 Prozent nach Stuttgart ins Parlament, Königsfeld beschert ihr ebenfalls ein Votum mit einer Vier vorne dran.

Einen politischen Niederschlag einstecken muss auch die SPD. Sie fällt mit 9,1 Prozent deutlich in die Einstelligkeit. Kandidat Nicola Schurr konnte offenkundig den Umkehrschwung nicht mit seiner Partei nicht schaffen. Ob ihm auch die Neuausrichtung der Führungsspitze bei der Bundespartei in die Karten gespielt haben könnte, ist eine der offenen Fragen dieses Wahlabends.

Scherbenhaufen AfD

Die AfD verliert im Wahlkreis 54 fast vier Prozent und ist damit klar auf der Verliererstraße. Nach einer Legislaturperiode im Landesparlament, die bei den Rechtspopulisten geprägt war von Streitigkeiten und Austritten, bleibt hier unübersehbar ein Scherbenhaufen übrig. Zur Erinnerung: im Land war die AfD mit 23 Mandaten 2016 gestartet, mit nur noch 15 Repräsentanten kam sie 2021 dezimiert ins Ziel.

Mit ein Wahlgewinner sind ganz klar all jene Teams und Verantwortliche, dies es in Corona-Zeiten geschafft haben, diese Wahl sicher und stabil vorzubereiten und über die Bühne zu bringen, Hunderte von Helfern, viele davon aus den Amtsstuben der Verwaltungen, zeigten ihr Können, übrigens mit einer neuen Software.