Geschenke einkaufen, Weihnachtsmärkte besuchen, Freunde treffen: Was in der Advents- und Weihnachtszeit für die meisten dazu gehört, kann für die rund 55.700 Inhaftierten in deutschen Gefängnissen nicht stattfinden.

Advent – Tage wie andere auch

„In der Adventszeit herrscht bei uns normaler Betrieb. Im Prinzip bekommen die Gefangenen von außerhalb gar nichts mit“, sagt Tim Zell. Zell ist seit 1999 Justizvollzugsbeamter und arbeitet in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Rottweil, zu der die Außenstellen in Villingen, Hechingen und Oberndorf gehören.

Auch im Gefängnis – hier das Gebäude in Rottweil – wird Weihnachten gefeiert.
Auch im Gefängnis – hier das Gebäude in Rottweil – wird Weihnachten gefeiert. | Bild: Monika Marcel

Rund 20 Männer sitzen derzeit – Stand Dezember 2024 – in der JVA in der Hinteren Höllgasse in Rottweil. Hier bleiben sie, bis sie rechtskräftig verurteilt sind. Wie findet Weihnachten hinter Gittern statt?

„Es gibt Weihnachtsgottesdienste, entweder am 23. oder 24. Dezember, und es wird auch ein Christbaum aufgestellt“, schildert Tim Zell. Die Ausnahme ist Oberndorf: Die JVA wird gerade renoviert und steht leer.

Jedes Gefängnis wird zu Weihnachten von Geistlichen besucht. Es gibt eine etwa einstündige Andacht, danach Punsch und Musik: In Villingen spielt eine Kapelle, in Rottweil ist es der Posaunenchor, der weihnachtliche Stimmung hinter die Mauern trägt.

Dorothee Kommer ist Pfarrerin und Gefängnis-Seelsorgerin.
Dorothee Kommer ist Pfarrerin und Gefängnis-Seelsorgerin. | Bild: Stefanie Siegmeier

„Das ist für die Menschen etwas sehr Wichtiges“, sagt die evangelische Pfarrerin Dorothee Kommer, die seit 2022 die Gefangenen in Rottweil betreut. Für die katholische Seite ist ihr Kollege Michael Leibrecht zuständig.

„Man muss zwischen Tat und Person unterscheiden.“
Dorothee Kommer, Pfarrerin

Die promovierte Theologin aus Wehingen hat erst vor Kurzem in ihrer eigenen Gemeinde das Thema „Gefangene in der Weihnachtszeit“ in einem Gottesdienst angesprochen: „Man muss auch im Gefängnis zwischen der Tat und der Person unterscheiden.“

Viele fühlen sich vergessen

Dorothee Kommer weiß um die Probleme, die Weihnachten für Gefangene mit sich bringen kann: Einsamkeit, Langeweile, Traurigkeit. Sie war zuvor bereits in Hechingen als Gefängnis-Seelsorgerin im Einsatz, hatte sich auch gezielt auf die Stelle beworben.

Wenn der Prozess in der Luft hängt

„Gerade in der ruhigen Weihnachtszeit, wo gefühlt keiner an die Gefangenen denkt, wo sie von ihrem Anwalt vielleicht auch schon drei Wochen nichts mehr gehört haben und ihr Prozess in der Luft hängt – da ist es ein schönes Gefühl, dass Leute an sie denken“, sagt sie.

Die neue JVA in Rottweil ab 2027 dis bisherigen Gefängnisse in Rottweil, Villingen, Oberndorf und Hechingen ersetzen. Das Bild zeigt die ...
Die neue JVA in Rottweil ab 2027 dis bisherigen Gefängnisse in Rottweil, Villingen, Oberndorf und Hechingen ersetzen. Das Bild zeigt die Baustelle im Oktober 2024. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Das, wonach sich die meisten über die Feiertage sehnen – Ruhe, Freizeit, eine Pause von der Arbeit – werde im Gefängnis oft zur Belastungsprobe. „Weihnachten ist schon eine schwierigere Zeit“, sagt Dorothee Kommer. „Alle haben ja ihre Erinnerungen an die Zeit, als vermeintlich alles gut war und Weihnachten so, wie es eigentlich sein sollte.“

Arbeit heißt auch: Sozialkontakte

Gerade die Tatsache, dass der Betrieb in jeder Hinsicht zurückgefahren werde, mache die Tage schwer. Schließlich bedeute gerade die Arbeit im Gefängnis für die Häftlinge auch Sozialkontakte mit anderen Menschen.

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Aus diesem Grund versuche man auch, den Arbeitsbetrieb so lange wie möglich aufrecht zu erhalten und zugleich etwas mehr Freizeitmöglichkeiten anzubieten, sagt der Justizbeamte Tim Zell.

Freizeit, das heißt im Fall der Insassen: Etwas mehr Zeit außerhalb ihrer Zelle, so dass sie Karten spielen oder Gespräche führen können.

Längerer Hofgang und eine Weihnachtstüte

An Heiligabend dauert auch der Hofgang etwas länger. Außerdem bekommen die Gefangenen an Heiligabend eine Weihnachtstüte, gefüllt mit Süßigkeiten, Tabak, Kaffee, Tee und Obst. „Das ist immer ein Highlight“, weiß Tim Zell. Bei Gesprächsbedarf nehme man sich auch die Zeit. „Wir ersetzen aber natürlich keine Familie.“

Eine Stunde Besuch pro Monat

Extra Besuchszeiten zu Weihnachten gibt es übrigens nicht: Die Gefangenen können eine Stunde im Monat besucht werden – entweder am Stück oder aufgeteilt in zwei Mal 30 Minuten. Auch Skype-Besuche sind möglich. Ein Angebot, das gerne angenommen werde, gerade, wenn die Familien weiter weg leben.