Mehr als sechs Monate sind vergangen, seit die Hochschule Furtwangen (HFU) ins Visier von Cyberkriminellen geraten ist – und noch immer laufen die Ermittlungen und der Aufbau der Systeme.

Ein Rückblick: Es ist Mitte September 2023, an der Hochschule Furtwangen laufen die Vorbereitungen für den Start ins bevorstehende Wintersemester. Alles geht seinen geregelten Weg – bis in die Nacht auf Montag, 18. September 2023.

Digitaler Eindringling

Kurz danach herrscht Aufruhr: Ein digitaler Eindringling hat sich in die Systeme der Bildungseinrichtung gehackt. Umgehend fährt die Hochschule ihre gesamte IT-Infrastruktur herunter und schaltet die Polizei ein.

Heute, beinahe ein halbes Jahr später, läuft der Betrieb an der Bildungseinrichtung in weiten Bahnen wieder normal.

Dennoch: Der Wiederaufbau nach dem Angriff dauert noch an. Was hat sich seit dem Angriff getan? Und wie ist die aktuelle Situation an der Hochschule?

HFU-Kanzlerin Andrea Linke gibt auf Anfrage unserer Redaktion eine Einschätzung der aktuellen Lage.

Wie hat die HFU auf den Cyberangriff reagiert?

Aus Sicherheitsgründen hat die Hochschule nach dem Cyberangriff sämtliche Systeme außer Betrieb genommen, erklärt Kanzlerin Linke als Chefin der Hochschulverwaltung.

Seitdem laufen die Arbeiten, um eine „ganz neue IT-Struktur“ aufzubauen. Zudem schaltete die Bildungseinrichtung die Polizei ein.

Unter anderem nahmen das Landeskriminalamt sowie die Cybersicherheitsagentur Baden-Württemberg die Ermittlungen auf. Die Öffentlichkeit hielt die Hochschule über eine eigens eingerichtete Webseite auf dem Laufenden.

Kanzlerin Andrea Linke.
Kanzlerin Andrea Linke. | Bild: Anja Bieber, Hochschule Furtwangen

Welche Auswirkungen hatte die Attacke?

„Vor allem in den ersten Tagen nach dem Angriff war es eine große Herausforderung, wieder handlungsfähig zu werden“, erinnert sich Linke. Die HFU-Mitarbeiter konnten nicht auf die gewohnten Arbeitsmittel und Prozesse zurückgreifen. „In vielen Bereichen mussten Übergangslösungen gefunden werden.“

Auch das WLAN an den einzelnen Standorten stand vorübergehend nicht zur Verfügung – und bis dieses wieder in allen Gebäuden der Bildungseinrichtung funktionierte, dauerte es Linke zufolge etwas. „Wir sind sehr dankbar, dass sich unsere HFU-Gemeinschaft der Situation so motiviert und geduldig anpasste.“

Eine Herausforderung sei es derzeit zum Beispiel, „alle Studierenden wieder mit HFU-Mailadressen zu versorgen“, erläutert Linke. „Hier sind wir aber auf einem sehr guten Weg.“

Laufen noch Ermittlungen?

Ja. Wie Linke weiter mitteilt, sind die polizeilichen Ermittlungen infolge des Cyberangriffs im September „noch nicht abgeschlossen“. Was ist über die Täter und deren Motive bekannt? Dazu macht die HFU derzeit keine Angaben.

Wurden persönliche Daten abgegriffen?

„Aufgrund der uns vorliegenden Informationen aus den Analysen des Cyberangriffs auf unsere Hochschule wissen wir, dass Daten abgeflossen sind“, hatte die Hochschule Ende September auf ihrer Webseite erklärt.

„Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Angreifer die abgeflossenen Daten unbestimmten Dritten zugänglich machen. Teile dieser Daten können von erheblicher datenschutzrechtlicher Relevanz sein“, hieß es.

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Verbunden war diese Information mit einer ganzen Reihe an Handlungsanweisungen, um sich vor Datenklau zu schützen.

Die gute Nachricht laut Kanzlerin Linke: „Bislang wurden in diesem Zusammenhang keinerlei Daten von der Hochschule Furtwangen veröffentlicht.“

Wie weit ist der Wiederaufbau der IT-Infrastruktur?

Infolge des Cyberangriffs entwickelt die HFU eine vollkommen neue IT-Architektur – ein aufwendiger Prozess, wie Linke betont. Bereits kurz nach dem Angriff hatte die HFU prognostiziert, dass es noch Monate dauern könne, bis alle Systeme wieder in Betrieb sind.

In vielen Bereichen entwickelte die Bildungseinrichtung temporäre Lösungen. „Derzeit sind wir dabei, die Übergangslösungen in nachhaltige neue Strukturen zu überführen“, teilt Kanzlerin Andrea Linke auf SÜDKURIER-Anfrage mit.

Welche Lehren wurden aus der Cyberattacke gezogen?

Bereits Ende September hatte die HFU verlauten lassen, dass für den Wiederaufbau der Systeme „die im Zuge des Vorfalls gewonnenen Erkenntnisse und Empfehlungen“ der Ermittlungsbehörden und der Cybersicherheitsagentur „hochschulspezifisch in der neuen Sicherheitsarchitektur umgesetzt“ würden.

Darüber hinaus betont HFU-Kanzlerin Linke: „Unsere Sicherheitssysteme waren auch schon vor dem Angriff auf dem neuesten Stand.“ Die Situation biete allerdings nun die Gelegenheit, die IT-Infrastruktur neu zu strukturieren.

„Bei einem gewachsenen komplexen System wie unserem, mit drei Standorten, einem Studien-, einem Forschungszentrum und vielen Instituten, ist ein Neuaufbau auch eine Chance für mehr Übersichtlichkeit.“

Wie sieht das vorläufige Fazit aus?

Linkes Zwischenbilanz fällt positiv aus. Sie betont: „Ich bin enorm stolz auf die Art und Weise, wie die Hochschule Furtwangen diese Krise gemeistert hat.“ Im Vergleich zu anderen Hochschulen, die ebenfalls Opfer von Cyberangriffen wurden, sei die HFU „extrem schnell und effektiv mit den Herausforderungen fertig geworden“.