Schwarzwald-Baar Ein Zugvogel macht wieder einmal Station in seiner alten Heimat. Wolfgang Faller, 1952 in Villingen geboren und aufgewachsen, hat nach dem Abitur an der renommierten Kunstakademie in Mailand studiert und im französischen Lille als Meisterschüler bei Eugène Leroy sein Kunststudium abgeschlossen. Anschließend hatte er ein Atelier in Montpellier und für einige Jahre eines in Berlin. Der Künstler, der mittlerweile in Mühlheim im Markgräflerland ansässig ist, hat die Verbindung zu seiner Heimatstadt und zur Region immer aufrecht erhalten. So ist seine große Einzelausstellung zum Thema „Kopfbilder und Weltsichten“ in der Städtischen Galerie Tuttlingen quasi ein Heimspiel. Kunst, ob sie sich nun in farbenfrohen „Kopfbildern“, „Zugvögeln“, „Zeitgeistern“ oder „Weltsichten“ äußert, bedarf stets der Vorbilder und der Impulse. Bei dem breiten Spektrum der Ausdrucksformen ist Fallers Hang zum Seriellen unübersehbar. Auch in den steten Variationen demonstrieren die einzelnen Werke Individualität. In den „Kopfbildern“, die man als Solitäre, als übermalte Kunstpostkarten oder in seinen Tapetenbüchern findet, wird der Mensch in dieser massiven Farbigkeit zum Träger einer Position, die jeder Betrachter wie in einem Spiegel für sich selbst erschließen kann. In dem Zyklus „Zugvögel“ löst sich die Figur vom Bildträger und befreit sich in den Raum. Sie stehen zugleich als Metapher für den Menschen, genauer: für den Künstler, der selbst wie ein Zugvogel viel herumgekommen ist und sein Werk zu den unterschiedlichsten Ausstellungsorten dieser Welt auf Reisen schickt. Mit den „Weltsichten“ wird schließlich die Übersättigung mit Bildern, die mit der Digitalisierung in allen Lebensbereichen einhergeht, thematisiert. Liefert uns Faller mit seinen aktuellen Collagen nun die Antworten auf seine künstlerischen Befragungen der Zeitläufte, wie es sein „Sag es einfach“ suggeriert? Mitnichten, denn im nächsten Bild erfahren wir: „Nichts ist einfach“. So bleibt sich Wolfgang Faller auch in diesem Sujet treu. Er gibt mit seinen Kopfbildern lediglich vor, die jeweiligen Bilder entstehen im Kopf des Betrachters. Charakter und Eigensinn hat eben Ecken und Kanten. Diese ziehen sich wie ein roter Faden durchs Gesamtwerk. Die Kompositionen, die aus verschiedenen Schichten bestehen, zeichnen sich durch Brüche aus, durch mehrfache Übermalungen und gezielt gesetzte dissonante Farbklänge. Fallers Figuren zeigen sich ungeglättet, verhalten sich widerspenstig gegenüber der schönen Form und der perfekten Oberfläche. Der Blick wird gelenkt hinter die Hochglanzfassaden.
Die Ausstellung in der Galerie der Stadt Tuttlingen (Rathausstraße 7) ist bis Sonntag, 4. Mai, zu sehen. Geöffnet ist täglich, außer montags, von 11 bis 18 Uhr. Am Sonntag, 4. Mai, gibt es ab 16 Uhr ein Künstlergespräch mit Wolfgang Faller.