Rolf Hohl

Zwischen der Bergstadt und der türkischen Grenze liegen etwa 1500 Kilometer, und trotzdem gibt es hier eine Straße, die die Türkei im Namen trägt. Wer sich auf die Suche nach den Gründen dafür begibt, stößt unweigerlich auf den Namen Joseph Ettwein. Im Alter von 22 Jahren zog es den St. Georgener 1805 in die Türkei, wo er fortan Uhren verkaufte. Doch es waren nicht alleine geschäftliche Interessen, die ihn in die Ferne lockten. Im baden-württembergischen Landesarchiv steht als Motiv seiner Ausreise: „der (Militär-)Auswahl entwichen“.

Der 1981 eingeweihte „Türkenseppbrunnen“ erinnert an den Uhrmacher.
Der 1981 eingeweihte „Türkenseppbrunnen“ erinnert an den Uhrmacher. | Bild: Stadtarchiv

Wohin er damals auswanderte, wusste notabene kaum jemand. Erst nach seiner Heimkehr sorgte der Uhrenhändler für Aufsehen in der Bergstadt. So erschien er zum Gottesdienst in seinen lieb gewonnenen, traditionellen türkischen Gewändern. Das hatte den Effekt, dass die Leute während der Predigt oft mehr nach ihm als nach dem Pfarrer schauten und Ettwein zu einer städtischen Berühmtheit wurde. Auch das Gebiet auf der Sandreute, wo er wohnte, wurde fortan schlichtweg „Türkei„ genannt. Dort verläuft auch die heutige Türkeistraße, an der der Steinmetz Rudolf Tress in den 1980er-Jahren Joseph Ettwein mit dem „Türkenseppbrunnen“ ein Denkmal setzte. Auf dem Relief ist unter anderem der Uhrenhändler abgebildet, wie er vor der Hagia Sophia in Istanbul steht. Ettwein, so darf man annehmen, hätte das Bild sicherlich gefallen.

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