Kaum ein anderes Industrieunternehmen in St. Georgen ist derart emotionsbehaftet wie die Firma Grässlin. In der Vortragsreihe des Forums am Bahnhof (FAB) rückte das Unternehmen jetzt für einen Abend ins Rampenlicht.

Zahlreiche überwiegend ehemalige Mitarbeiter kamen ins Forum, wo ehemalige und aktuelle Geschäftsführer und ehemalige und aktuelle Entwicklungsleiter zurück und nach vorne blickten. Wolfgang Haas blickte auf die Anfänge zurück, als Dieter Grässlin 1956 in der Luisenstraße ein kleines Fabrikle für Feinwerktechnik gründete. Und zunächst Teile in Lohnarbeit für örtliche Unternehmen herstellte. Die Zuverlässigkeit und hohe Präzision der Teile sprach sich schnell herum, die Aufträge wurden größer, die Stückzahlen mehr. Als ein großer Auftrag über Nacht wegbrach, entschloss sich Dieter Grässlin, eigene Produkte zu entwickeln, um dadurch unabhängig von Auftraggebern zu sein. Es entstanden erste Betriebsstundenzähler und Mitte der 1960er Jahre kam die erste Zeitschaltuhr auf den Markt. Wolfgang Haas ließ das Publikum tief hinter die Kulissen der harten Anfangszeiten blickt. So erzählte er, dass seine Schwester Anna, Frau von Dieter Grässlin, Teile in die Galvanik bringen musste – im Kinderwagen, da die kleine Firma über kein Fahrzeug verfügte.

Als Dieter Grässlin 1976 im Alter von nur 50 Jahren überraschend verstarb, übernahm Wolfgang Haas die Geschäftsleitung der Firma Grässlin. Bis 1998, danach gab er die Leitung an Thomas Grässlin ab. Haas streifte wichtige Eckpunkte des Unternehmens. Darunter der Bau des markanten Sechseckgebäudes an der Bundesstraße 1971, um die Produktion, die bis dato an 14 verschiedenen Stätten in St. Georgen verteilt war, unter einem Dach zu vereinen. Den Erfolg des Unternehmens beschrieb Wolfgang Haas so: „Der Hauptfaktor für den Unternehmenserfolg war der menschliche Umgang mit Mitarbeitern und Kunden.“

Siegbert Hils ging auf die Produkte ein, die die Firma Grässlin entwickelte und damit auch immer Vorreiterrollen auf dem Markt der Zeitschaltuhrentechnik übernahm. Unter seiner Ägide als Ingenieur und Leiter der Entwicklungsabteilung wurde die Entwicklung innovativer Produkte vorangetrieben. Dabei kamen immer neue Technologien wie mikroprozessorgesteuerte Einheiten zum Einsatz.
Wohin die Reise der Firma Grässlin gehen soll, darüber informierte der aktuelle Entwicklungsleiter Michael Bartle. Wo früher Steckerchen gesteckt oder Knöpfe gedrückt werden mussten, um eine Zeitschaltuhr zu programmieren, reicht künftig ein Smartphone aus, wo per App bequem nicht nur Geräte ein- und ausgeschaltet werden können. Dank intelligenter Technik sollen auch ganze Szenarien mühelos programmierbar sein.
Julian de la Cuesta, heutiger Geschäftsführer von Grässlin, ging über die Unternehmenshistorie hinaus. Grässlin war zwischenzeitlich dem amerikanischen Konzern General Electric (GE) zugeschlagen und gehört jetzt zum Intermatic-Konzern.
Die Folgen für St. Georgen sind deutlich. Die Produktion wurde komplett nach Mexiko verlagert. Nahezu alle Produktionsmitarbeiter wurden entlassen.
Umzug 2020
Wie Geschäftsführer Julian de la Cuesta ankündigte, wird die Firma Grässlin 2020 in die Industriestraße umziehen, an den ehemaligen Standort der Firma ebm-papst. Wie Unternehmenssprecherin Dorothea Fichter-Fechner sagte, werden dort 50 Mitarbeiter in den Bereichen Vertrieb, Entwicklung, Marketing und Produktmanagement sowie Buchhaltung und Einkauf beschäftigt.