Renate Bökenkamp

Mit der Umsetzung der neuen Bundespflegesatzverordnung dürfte der Lebensnerv des städtischen Krankenhauses in St. Georgen arg getroffen werden. Verwaltungschef Wolfgang Houben sieht äußerst kritisch in die Zukunft. Mit sogenannten Fallpauschalen soll die Kostenlawine im Gesundheitswesen gestoppt werden, erläutert er im SÜDKURIER vom 11. März 1994. Das St. Georgener Krankenhaus genieße bisher den Ruf eines mustergültig geführten Hauses "nicht nur aus medizinischer, sondern auch in ökonomischer Sicht", so Houben. Seit Jahren muss die Stadt nichts zuschießen, es werden sogar kleinere Gewinne erwirtschaftet.

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Die Verwaltung komme mit den mit den Krankenkassen ausgehandelten Pflegesätzen gut aus. Das könne sich nun ändern, wenn die individuell auf die Bedürfnisse einzelner Krankenhäuser abgestellte Pflegesatzreglung Zug um Zug in ein System der Kostenübernahme umgewandelt und neben sogenannten Basis-, Abteilungs- und Sonderzahlungen die Krankenhäuser durch Fallpauschalen finanziert werden. Mit diesen Fallpauschalen stellten sich, so Houben, die größeren Krankenhäuser gut, in denen im Gegensatz zum St. Georgener Spital die Möglichkeit zu "Fließbandmedizin" bestehe. Houben befürchtet durch die Änderung auch einen Personalabbau. Derzeit seien 120 Mitarbeiter beschäftigt.

Bürgermeister sieht die Zukunft nicht ganz so schwarz

Ganz so kritisch sieht Bürgermeister Wolfgang Schergel eine Woche später (18. März 1994) die Lage nicht. Ab sofort werden auch ambulante Operationen vorgenommen. Morgens auf den OP-Tisch, abends wieder daheim. Das Angebot sei vor dem Hintergrund des Sparzwangs im Gesundheitswesen als Maßnahme zur Bestandssicherung des Spitals zu sehen. "Wenn sich solche Häuser nicht mehr halten können, dann gibt es im Prinzip im gesamten ländlichen Raum keine Krankenhäuser mehr", ist er sicher.

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Das Krankenhaus wurde als Nachfolgebau des alten Spitals, das zwischen Mühl- und Gewerbehallestraße stand, an der westlichen Peripherie errichtet und 1954 eingeweiht. Die Arbeitnehmer der Stadt stellten dazu den Erlös von je 40 Überstunden als zinsloses Darlehen der Stadt zur Verfügung. Es war der erste und modernste Krankenhausneubau im weiten Umkreis nach dem 2. Weltkrieg, wurde mehrfach erweitert und ist heute Geschichte.