Im Gespräch mit dem SÜDKURIER schildert Blum, wo die Herausforderungen für einen Architekten bei einem historischen Gebäude liegen, welche Faktoren die Kosten während der Laufzeit eines Projekts in die Höhe treiben und wie er persönlich mit Kritik gegen die Sache und gegen ihn selbst umgeht.

Mehrkosten ohne Keller?

Ein Kostensprung von ursprünglich veranschlagten 4,3 Millionen auf aktuell 5,16 Millionen Euro gab jüngst Anlass für kritische Fragen aus dem Gemeinderat. Vor allem, dass die Kosten steigen, obwohl ein zunächst geplanter Keller im Anbau des Gebäudes nun doch nicht gebaut wird, sorgte für Erklärungsbedarf.

Blick in den Roten Löwen. Die marode Bausubstanz ist deutlich zu erkennen. An dieser Stelle unter dem Dach soll der Bürgersaal ...
Blick in den Roten Löwen. Die marode Bausubstanz ist deutlich zu erkennen. An dieser Stelle unter dem Dach soll der Bürgersaal entstehen. Archivbild: Roland Sprich | Bild: Sprich, Roland

Um annähernd zu verstehen, wie ein Architekt arbeitet, holt Stefan Blum ein Stück aus. „Als Architekt muss man schauen, wie man das Anforderungsprofil des Bauherrn mit den baulichen Voraussetzungen des Gebäudes bestmöglich zusammenbringt. In diesem Fall lautete die Vorgabe des Bauherrn, der Stadt St. Georgen, „durch ein hochdifferenziertes Anforderungsprofil eine langfristige und breite Ermöglichung von vielfältigen Nutzungen wie Begegnung, Beratung, Betreuung, Bildung und Förderung und Partizipation unter dem Aspekt eines sozialen Zentrums zu schaffen“.

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In der Theorie sei es durchaus möglich, bereits vor Bau- beziehungsweise Sanierungsbeginn ein fix und fertiges Konzept vorzulegen. „Die Praxis sieht anders aus. Das ist ein inhaltlich dynamischer Prozess, der sich in der baulichen Umsetzung abzeichnen muss.“ So müssen bereits jetzt zukünftige soziale Aufgaben der Stadt der nächsten 20 Jahre mit berücksichtigt werden. Die Aufgabe sei demnach gewesen, das Anforderungsprofil in eine möglichst vorhersehbare, langfristige Funktionalität einzubetten.

Der Rote Löwen wird für viel Geld in ein Bürgerzentrum umgestaltet.
Der Rote Löwen wird für viel Geld in ein Bürgerzentrum umgestaltet. | Bild: Sprich, Roland

So entstand beispielsweise das Funktionskonzept des Anbaus. „Dieser Anbau sichert die flexible Benutzung des Hauses unter unterschiedlichen Vorgaben, die sehr differenziert sein können“, sagt Stefan Blum. So müsse der Bürgersaal genutzt werden können, ohne dass die Begegnungsstätte in Betrieb ist. Und der Jugendraum funktioniert als eigenständige Einheit. Toilettenanlagen werden dagegen gemeinsam genutzt.

So konnten weitere Mehrkosten abgewendet werden

Bei einer Altbausanierung kämen zudem Notwendigkeiten hinzu, die einem das Objekt als solches abverlangt. „Altbau muss man wollen“, sagt der Fachmann. Am Beispiel des zunächst geplanten und jetzt wieder verworfenen Kellers im Anbau beschreibt Stefan Blum, dass nach einem geologischen Gutachten der Kellerbau „ein hochproblematisches Unterfangen gewesen wäre“. Dass es auf den ersten Blick im Gegensatz zueinander steht, dass der Anbau jetzt ohne Keller teurer wird als mit Keller, kann der Architekt zunächst nachvollziehen. „Wir sind bei der Kalkulation davon ausgegangen, einen Keller in normalem Rahmen zu erstellen.“ Zwar könne dieser jetzt nicht realisiert werden. „Aber gleichwohl muss der Anbau ja sicher stehen.“ Der eigentliche Profit sei, dass unabwendbare Mehrkosten abgewendet werden konnten, die entstanden wären, wenn der den Keller gebaut worden wäre.

Materialkosten schnellen in die Höhe

Auch die gewünschten, beziehungsweise erforderlichen Standards müssen berücksichtigt werden, etwa Be- und Entlüftung sowie Barrierefreiheit. Dazu kommt, dass seit dem zweiten Halbjahr 2020 die Materialkosten derart in die Höhe geschnellt sind, „wie wir es seit Ende des Zweiten Weltkriegs noch nicht erlebt haben“. Der Kupferpreis sei um 67 Prozent gestiegen, Betonstahl habe sich um 30 Prozent verteuert. „Bei Kunststoffprodukten gab es einen Riesenpreissprung. Nicht zu vergessen die Verknappung von Bauholz, die im globalen Kontext steht.“ Mit den Schilderungen will Stefan Blum aufzeigen, „dass so ein Projekt immer in einem größeren Zusammenhang zu sehen ist und dieser Zusammenhang endet nicht hinter der Stadtgrenze“.

Kritiker, bitte melden!

Dass Projekte wie der Roten Löwen auch immer Anlass für Kritik geben, ist für Stefan Blum als Dienstleister kein Problem. Allerdings störe ihn die Art und Weise, wie Kritik vor allem aus der Bürgerschaft in manchen Fällen geäußert werde. „Kritik ist höchst willkommen und ist im Meinungsbildungsprozess unabdingbar und hilfreich“, sagt er. Er würde sich auch freuen, wenn Kritiker das offene Gespräch mit ihm als Architekt suchen würden und machte das Angebot, dass man ihn auch direkt anrufen könne. Aber: „Bisher hat das Telefon noch nicht einmal geklingelt.“