Vielerorts regt sich derzeit Protest gegen die Corona-Maßnahmen des Landes Baden-Württemberg. Das beschäftigt in vielen Fällen auch den Verwaltungsgerichtshof Mannheim. Dort hat auch der Handels- und Gewerbeverein (HGV) Klage eingereicht. In Mannheim sind seit März 2020 über 250 Eilanträge gegen infektionsschutzrechtliche Vorschriften eingegangen.

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  1. Was ist der aktuelle Stand? Beide Seiten, also die Landesregierung und der HGV, werden nun vom Verwaltungsgerichtshof gehört, wie Matthias Hettich, Pressesprecher, sagt. Hettich ergänzt: „Der Antrag wurde der Landesregierung zur Stellungnahme zugestellt, der Verein erhielt Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme.“ Noch seien, so die Auskunft am Montagvormittag, keine Stellungnahmen eingegangen. Claudius Fichter, HGV-Vorsitzender, wollte sich am Montag auf eine Anfrage des SÜDKURIER zum aktuellen Sachstand nicht äußern.
  2. Wann ist mit einem Ergebnis zu rechnen? Angaben dazu, wann eine Entscheidung gefällt wird, könne der Verwaltungsgerichtshof nicht machen. „Üblicherweise wird in solchen Verfahren nach Eingang der Stellungnahmen, die jeweils der Gegenseite übersandt werden, entschieden.“
  3. Gibt es Unterstützung für die St. Georgener Händler? Bei Einreichung der Klage hatten die Verantwortlichen gehofft, dass sich eventuell weitere Einzelhandelsvertreter, beispielsweise Verbände, anschließen. Forderungen, die in eine sehr ähnliche Richtung gehen, sich aber nicht direkt auf die Klage beziehen, gibt es nun von den drei Industrie- und Handelskammern im Regierungsbezirk Freiburg. In einem gemeinsamen Papier fordern die Kammern Schwarzwald-Baar-Heuberg, Hochrhein/Bodensee und Südlicher Oberrhein am Montag eine sofortige Öffnungsstrategie. Diese solle den umgehenden Ausstieg aus dem Lockdown ermöglichen. Sie äußern Kritik daran, dass die pauschale Schließung ganzer Branchen, die laut IHK im Frühjahr 2020 geboten sein mochte, nicht längst zugunsten einer differenzierten Strategie aufgegeben wird. „Unsere Mitgliedsunternehmen haben im vergangenen November die schmerzliche Erfahrung gemacht, dass ein Teil-Lockdown in seiner schädlichen Wirkung kaum hinter einem totalen zurückbleibt. Eine Öffnungsstrategie muss deshalb auf die ganzheitliche Wiederbelebung unserer Städte zielen“, ist sich Birgit Hakenjos, Präsidentin der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg, sicher. „Und dafür brauchen die Unternehmen Planungssicherheit“, ergänzt Hauptgeschäftsführer Thomas Albiez. Die Klage der St. Georgener Händler sei „ein ganz besonderes Zeichen dafür, dass das Ende der bisherigen Strategie erreicht ist“, wie Philipp Hilsenbek, Geschäftsbereichsleiter Standortpolitik der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg, sagt. Der Protest des HGV habe Seltenheitscharakter, zeige aber zugleich das aktuelle Stimmungsbild vieler Einzelhändler der Region. Laut Hilsenbek seien die St. Georgener aber bislang der einzige Gewerbeverein in der Region, der eine Klage angestrebt hat.
  4. Was sagen die Landtagsabgeordneten des Wahlkreises? Martina Braun (Grüne) sagt: „Es ist das gute Recht des Handels- und Gewerbevereins, eine Klage einzureichen, wenn er den anhaltenden Lockdown für ungerechtfertigt hält. Wir leben in einem Rechtsstaat und da gehört das einfach dazu. Natürlich prüft die Landesregierung immer wieder die Verhältnismäßigkeit des Lockdowns, aber es bleibt die Spannung bestehen zwischen zwei Grundrechten: dem Recht auf Gesundheitsschutz und dem Recht auf Freiheit.“ Sie habe Verständnis für die Sorgen der Einzelhändler und dafür, dass es um existenzielle Nöte geht. Dass die Überbrückungshilfen vom Bund nicht fließen, sei mehr als ärgerlich. Braun habe zusammen mit dem Vorsitzenden ihrer Fraktion, Andreas Schwarz, ein Nothilfepaket des Landes für den Einzelhandel angeregt, analog zur Gastronomie. Karl Rombach (CDU) sagt, er spüre den wachsenden Drang vieler Menschen und Betriebe nach einer echten Öffnungsperspektive. „Ich kann dies auch persönlich sehr gut nachvollziehen und befürworte angesichts gesunkener Inzidenzwerte einen Stufenplan für eine schrittweise und sinnvolle Öffnung des Einzelhandels, so wie dies auch Minister Guido Wolf vorgeschlagen hat“, so sagt der Landtagsabgeordnete.