Er hat im beschaulichen St. Georgen Frauen in seiner Nachbarschaft heimlich gefilmt und fotografiert. Er hatte seine Stiefschwester im eigenen Haus heimlich nackt aufgenommen und Aufnahmen davon an eine andere Person weitergegeben. Und er hat eine 15-Jährige Internet-Bekannte unter Druck gesetzt, ihm weitere Nacktbilder zu schicken.

Frauen mit der Kamera verfolgt

Für diese Straftaten wurde der 24-Jährige jetzt vor dem Villinger Amtsgericht angeklagt. Dass er von seinem Zimmer im dritten Stock zwei Frauen in seiner Nachbarschaft mit der Kamera verfolgt hatte, beurteilte der Richter nach der Beweisaufnahme als die geringfügigsten Straftaten. Er hatte sie auf dem Balkon, in der Küche oder auch leicht bekleidet im Schlafzimmer fotografiert und gefilmt. Bei seinen Nachbarinnen, 52 und 77 Jahre alt, entschuldigte er sich, nach dem er aufgeflogen war.

Schwerwiegender beurteilte der Richter beim Strafprozess am Montag seine weiteren Straftaten. Im Internet hatte der junge Mann, der voll umfänglich geständig war, eine junge Frau dazu gebracht, dass sie ihm Nacktbilder von sich zuschickt. Dass die junge Frau keineswegs 18 Jahre alt und damit volljährig war, wie sie vorgab, sondern erst 15, will er nicht gewusst haben.

Nacktbilder als Druckmittel eingesetzt

Als das Mädchen auf sein Drängen keine weiteren Bilder schicken wollte, hat er ihr einige der Aufnahmen zurückgeschickt und ihr gedroht, diese Bilder zu veröffentlichen, wenn sie ihn nicht mit weiteren Nacktbilder von sich versorgt.

Das Verschicken der Bilder an die Minderjährige bewerte die Staatsanwaltschaft als verbotene Verbreitung jugendpornografischer Inhalte, die Drohung mit Veröffentlichung der Bilder als Tatbestand der Nötigung.

Die eigene Stiefschwester gefilmt

In seinem Voyeurismus war der 24-Jährige auch vor seiner eigenen Stiefschwester nicht zurückgeschreckt. Er lauerte ihr mit der Kamera auf, wenn sie auf dem Weg ins Bad war und hat sie heimlich nackt gefilmt. Sechs solcher Vorfälle sind gerichtskundig. Bilder davon hat er auch an eine dritte Person weitergeleitet.

Die 25-jährige Stiefschwester hat davon erst erfahren, als sie im vergangenen Jahr von der Polizei, die gegen den Angeklagten ermittelte, informiert wurde. Was die Juristen nüchtern als „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen“ als Straftatbestand festhalten, hinterließ bei der Betroffenen tiefe seelische Verletzungen.

„Schlimm, traurig, ecklig“

„Ich habe damit nicht gerechnet“, äußerte sich die Stiefschwester im Zeugenstand fassungslos und wütend über die Nachstellungen mit der Kamera. „Für mich ist das schlimm, traurig, ecklig“, sagte sie auf Nachfrage des Richters.

Den Versuch des Angeklagten, sich bei ihr zu entschuldigen, wies sie zurück. Dies sei keine ehrliche Entschuldigung und Reue gewesen, sondern nur der Versuch, gut davonzukommen. Bei den Schreiben seines Anwaltes sei es vor allem darum gegangen, „dass ich die Füße stillhalte“.

Auch die 1500 Euro als Wiedergutmachung, die der Angeklagte zwischenzeitlich auf Anraten des Anwaltes geleistet hat, konnte den Schmerz und die Wut der jungen Frau nicht lindern. Viele Nächte, berichtete sie, habe sie nicht geschlafen. Eine Folge der Filmaufnahmen und des seit Jahren belasteten Verhältnisse zum Stiefbruder und den Stiefeltern. Unter Tränen verließ die Zeugin den Gerichtssaal.

Ein Sonderling ohne soziale Kontakte

Doch was ist das für ein Mensch, der seine Nachbarinnen und die Stiefschwester mit der Kamera verfolgt?

Sein Strafverteidiger zeichnete das Bild eines jungen Mannes, der in seiner Kindheit von anderen gemobbt und geschlagen worden sei und sich daher „zum Sonderling entwickelt“ habe.

Der Angeklagte habe keine Freunde, kümmere sich nur um sein Auto oder sei den ganzen Tag im Internet unterwegs. „Ein armer Mensch, der keinen Kontakt mehr zum richtigen Leben hat“, so der Anwalt.

Er appellierte an den Richter, den Angeklagten nicht, wie von der Staatsanwältin gefordert, zu einer Geldstrafe mit 120 Tagessätzen zu verurteilen. Denn damit wäre er vorbestraft und seine Zukunft wohl vollends verbaut.

Außerdem wies der Strafverteidiger den Vorwurf der Verbreitung jugendpornografischer Inhalte zurück. Der Angeklagte habe die Bilder an die selbe junge Frau zurückgeschickt, die ihm die Bilder zuvor zur Verfügung gestellt habe. Dass sie minderjährig gewesen sei, habe er nicht wissen können.

Das Gericht ging auf diese Argumentation des Verteidigers ein und verurteilte den Angeklagten wegen Nötigung und der Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen mit jeweils 55 Euro, insgesamt also zu 4950 Euro. Damit gilt er noch nicht als vorbestraft.

Eine Chance für den Angeklagten

Er habe, so verdeutliche der Richter, mit diesem Urteilsspruch zugunsten des Angeklagten entschieden, um ihm die Chance auf eine berufliche Zukunft nicht zu verbauen. Denn der Angeklagte habe, nach dem er zwei Ausbildungen abgebrochen habe, nicht aufgegeben und beruflich wieder Fuß gefasst. Er sei damit auf gutem Wege.

Allerdings riet der Richter dem Verurteilten dringend, sich Gedanken zu machen, wie er künftig mit dem anderen Geschlecht umgehen möchte.