Zirka 300 Portionen am Tag, eine Mahlzeit für einen Euro, etwa 400 Freiwillige – die Schwenninger Vesperkirche ist seit 17 Jahren fester Bestandteil der Doppelstadt und seit Montag wieder geöffnet. Zum letzten Mal mit dabei: Andreas Güntter.

„Ich wechsle die Kirche und fange im März in Villingen an“, sagt der Pfarrer. Der Mann aus der evangelischen Pauluskirche in Schwenningen hat die Vesperkirche vor 17 Jahren mitbegründet. Zusammen mit Pastor Hans-Ulrich Hofmann und Diakoniepfarrerin Karin Ott organisiert er jedes Jahr aufs Neue die Aktion.
In diesem Jahr helfen etwa 400 Menschen, dass die Vesperkirche von 19. Januar bis 16. Februar täglich von 11 bis 15 Uhr geöffnet sein kann. „Unter den Helfern sind Berufstätige, Rentner, Konfirmanden, aber auch Mitglieder des Rotary-Clubs, von der Deutschen Bank, vom muslimischen Elternverein oder einfach Menschen, die gerne helfen wollen“, erzählt Güntter.
Die Vorbereitung auf die Vesperkirche fange bereits im September an. „Dann finden die ersten Treffen und Termine statt“, ergänzt der Pfarrer. Inklusive der Nachbereitung sei das Thema Vesperkirche dann etwa im März abgeschlossen.
Das Essen komme auch in diesem Jahr vom Franziskus-Heim in Schweningen: Güntter: „Sie sind schon seit dem ersten Jahr dabei. Weil in dieser Zeit viel mehr Portionen gekocht werden müssen, gibt es während der Vesperkirchenzeit eine Urlaubssperre im Altenpflegeheim.“ Mittlerweile werden sogar zwei Gerichte – ein vegetarisches und ein anderes – angeboten. An zwei Tagen in der Woche gebe es sogar nur ein vegetarisches Essen.
„Die Vesperkirche ist keine Armenspeisung, sondern ein Begegnungsprojekt“, erläutert Güntter. Natürlich, so fährt er fort, sei das Essen günstig, sodass auch Menschen mit geringerem Einkommen kommen könnten. Aber: „Es kommen wenige Menschen, die auf der Straße leben.“
Das Publikum sei generell völlig verschieden. „Wir denken beim Thema Bedürftigkeit immer an zu wenig Geld. Viele, die zu uns kommen, suchen aber auch einfach das Gespräch. Es kommen etwa Männer, die keine Frau mehr haben. Wir bieten Menschen am Rand einen Platz“, sagt Pfarrer Güntter. Auch einige von denen, die helfen, freuen sich, wenn sie gebraucht werden: „Bedürftig sind wir alle.“
Wichtig war Güntter und seinem Team stets, dass die Vesperkirche kein Rekrutierungsprogramm für neue Gemeindemitglieder ist. Er frage nicht nach, woher jemand kommt oder welche Religion jemand hat: „Mich hat mal jemand gefragt, ob er kommen dürfe, obwohl er nicht in der Kirche sei“, erzählt Güntter und lacht. Natürlich dürfe er das, habe der Pfarrer damals geantwortet: „Hier kann jeder kommen, wie er ist. Und auch wieder gehen, wie er will. Hier muss keiner was.“
Und wie geht es nach der Vesperkirche 2020 weiter? „Wir versuchen gerade, die Aufgaben auf mehrere Schultern zu verteilen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Vesperkirche auch in Zukunft hervorragend funktionieren wird“, sagt Pfarrer Güntter.