Blick auf das ehemalige Kasernengelände der Franzosen in Villingen, Mangin.
Blick auf das ehemalige Kasernengelände der Franzosen in Villingen, Mangin.

Eine Verwaltungszentrale für rund 300 Mitarbeiter plus Wohnbebauung – diesen Beschluss hat der VS-Gemeinderat 2018 zur Neunutzung des Villinger Kasernengebiets Mangin gefasst. Im Juli 2018 votierte der Gemeinderat für das Konzept. Eine knappe Mehrheit stimmte seinerzeit mit 18 gegen 14 Stimmen für die seinerzeitige Planung mit Wohnbebauung und Verwaltungszusammenführung. Das war vor der OB-Wahl – dann kam Jürgen Roth. Er hatte im Wahlkampf versprochen, die Wirtschaftlichkeit des von Bürgern viel diskutierte Vorhabens genau untersuchen zu lassen.

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Acht Monate ist Roth jetzt im Amt und das Mangin-Projekt ist keinen Millimeter vorangekommen – meinen Außenstehende. Tatsächlich geschieht hier sehr viel hinter den Kulissen und deshalb hat der SÜDKURIER den OB zum Gespräch gebeten.

  • Wie verhandelt VS: Das Mangingebiet zwischen Richthofen- und Pontarlierstraße ist riesig, Eigentümer ist immer noch der Bund. 7,6 Hektar (76 000 Quadratmeter) umfasst das Gelände insgesamt. Roths Amtsvorgänger Rupert Kubon hat es nicht geschafft, das Grundstück noch zu seiner Amtszeit für die Stadt zu erwerben, obwohl Kubon den Kauf für Frühsommer 2018 in einem SÜDKURIER-Interview angekündigt hatte. Heute, August 2019, führt Jürgen Roth die Gespräche. Diese finden in Freiburg statt, die Immobilien des Bundes verwaltet die Bima, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, der das SPD-geführte Bundesfinanzministerium übergeordnet ist. Bürgermeister Detlev Bührer, Rathaus-Juristin Karin Feger, Vermessungsamts-Mitarbeiter Wölfle und Bauamtsleiter Ulf Millauer arbeiten dem Verhandlungsführer vorrangig zu. „Die Gespräche mit der Bima laufen gut“, sagt Jürgen Roth, die Stadt habe ein Angebot zum Kaufpreis unterbreitet, die Bima ebenso, sagt der Rathaus-Chef zum faktischen Stand der Dinge. Er bestätigt, dass die beiden Angebote deutlich auseinander lägen.
So könnte das neue Verwaltungszentrum der Stadt auf dem Mangingelände aussehen.Entwurf: Büro Andreas Flöß
So könnte das neue Verwaltungszentrum der Stadt auf dem Mangingelände aussehen.Entwurf: Büro Andreas Flöß
  • Die Details in den Verhandlungen: Der Kaufpreis für Mangin, das mittlerweile einen entmilitarisierten Namen mit der Bezeichnung Oberer Brühl trägt, ist keine reine Quadratmeterbepreisung. Einzelne Faktoren sind dabei wichtig. Roth erläutert: „Preisabschläge gibt es für Einrichtungen wie Kindergarten, Schule oder auch eine Volkshochschule und soziales Wohnen.“ Preisgestaltend wirke sich auch aus, wie Altlasten entsorgt werden müssten. Hier gehe es vor allem um Ölrückstände aus den alten Franzosenhallen, ganz schwierige Stoffe seien nicht festgestellt worden, so Roth.
  • Der nächste Schritt: Mitte September will der OB mit dem neu gewählten Gemeinderatsgremium in einer Klausursitzung die Fakten und Pläne zu Mangin besprechen. 60 Prozent Wohnbebauung und 40 Prozent offene Fläche seien zusammen 100 Prozent Mangin. Die 40 Prozent offene Fläche bildeten den Abschnitt, der für die Zusammenfassung der Stadtverwaltung vorgesehen sei.
ehemaliges Kasernengelände der Franzosen in Villingen, Mangin
ehemaliges Kasernengelände der Franzosen in Villingen, Mangin
  • Gemeinderat entscheidet: Ist der Kauf vollzogen – über den ausgehandelten Vertrag muss final der Gemeinderat entscheiden – kann der Bebauungsplan erstellt werden. Roth rechnet dafür mit einem Jahr. 2024/2025 will er das Gebiet für die Bewohner freigeben können. Der OB weiß, dass der Zeitplan ambitioniert ist. Zumal das Projekt Verwaltungsbündelung in der Luft hängt. Die insgesamt 13 Außenstellen sollen in einem Bürokomplex unter einem Dach eine neue Heimat finden. Das war der Plan. Roth hat im Wahlkampf eine Berechnung dazu versprochen. Er räumt ein, dass es „diese Berechnung so lange nicht geben kann, wie er auch keinen Kaufvertrag abgeschlossen hat“. So lange steht auch kein Grundstückspreis fest.
  • Verwaltung organisiert sich derzeit neu: Der vor Jahren angestrebte Verkauf städtischer Gebäude wie Stadtkasse und Josefsgasse 7 „ist derzeit vom Tisch“. Das bestätigt Jürgen Roth. Die Detailplanung laufe noch, aber „Sozialamt und wohl auch das Feuerwehramt“ würden an der Josefsgasse einziehen können. Und überhaupt, so unterstreicht der OB: „Neuberechnungen des Gesamtvorhabens sind auch deshalb angeraten, weil wir bei der Stadtverwaltung zugelegt haben.“ Allein das Sozialamt habe zahlreiche zusätzliche Stellen, auch das Amt für öffentliche Ordnung soll wohl weiter wachsen. Roth betont: „Die Neunutzung von Josefsgasse 7 ist eine Übergangslösung.“
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  • Die großen Fragen: „Ich habe diese Mangin-Berechnung noch nicht in Auftrag gegeben“, sagt OB Roth. Kosten für das Grundstück, für die Ertüchtigung der alten Kommandanten-Villa, des Pferde-Lazaretts und der Waffenmeisterei sowie für laufende Kosten wie etwa Straßenunterhalt seien hier zu berücksichtigen. Die großen Fragen, welche die Rechnung beantworten soll, sind diese: Was kostet es, wenn die Verwaltung in ihren Gebäuden verbleibt und diese grundsaniert und modernisiert werden? Zweitens: Welche Kostenersparnis bringt der Beschluss vom Juli 2018 des Gemeinderats tatsächlich? Eine Entwicklung, die über allem schwebt ist, ist die Digitalisierung: Muss alles unter ein Dach, wenn sich heutzutage vieles mit Videokonferenzen oder mit Hilfe moderner Medien besprechen lässt? Und ist ein Verwaltungsneubau für rund 50 Millionen Euro wirklich vertretbar, wenn reihenweise Schulen einer Sanierung bedürfen und 420 Kita-Plätze wie aktuell im Oberzentrum fehlen?

Es gibt auch eine Berechnung aus der Amtszeit von Rupert Kubon. 83 Millionen Euro Kosten und 26 Millionen Einnahmen heißen die Kernzahlen hieraus. Für den ungedeckten Rest von 57 Millionen waren auch Fördergelder in Aussicht gestellt. An diesen bislang bekannten Dimensionen machen sich auch OB Roths Wahlkampf-Ankündigungen fest, die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens überprüfen zu wollen. Roth hält daran fest. Jetzt, im August 2019, bestätigt er: „Ich habe hier einen Wählerauftrag.“

  • Die Kostensteigerung: Der Kaufpreis fürs Mangin-Areal hat sich in den letzten beiden Jahren stark verteuert. Zur reinen Verwaltungsansiedlung wurden diese Kosten geschätzt: Ein Ratsaal für vier Millionen Euro wurde als optional bezeichnet. 700 000 Euro für Parkplätze, acht Millionen Euro Erschließungskosten, 7,2 Millionen Euro für ein neues Stadtarchiv, 1,7 Millionen Euro für die Kantine, 8,4 Millionen Euro für die Altlastensanierung.
  • Lösung für bedeutsame Probleme: Auf dem Areal lassen sich neue Kindergartenplätze schaffen. Laut dem Oberbürgermeister würde auch eine Turnhalle gut auf das Gelände passen. Auch die VS-Musikschule könnte hier die gesuchten, neuen Räume finden, unterstreicht er.
  • Inspiration Gartenschau: Jürgen Roth hat die Bundesgartenschau (bis 6. Otober in Heilbronn) besucht und sich dort von Hochbauprojekten begeistern lassen. Vor allem Mehrfamilienhäuser aus Holz mit Flachdächern haben ihn beeindruckt. Seine Idee für Mangin: Gebäude unterschiedlicher architektonischer Detailprägung sollen das neue Viertel speziell machen. Roth will „die Dächer der Gebäude als Gemeinschaftsfläche und nicht für Penthäuser“, so wünscht er sich das urbane Wohnen hier. Dazu eine lockere und nicht rein Investment-getriebene Bebauung, die Luft für Freiflächen lässt „mit Wasser und Sitzgelegenheiten mit viel Grün“. Vor allem habe er bei der Bundesgartenschau Miethäuser gesehen, die in Heilbronn für acht Euro je Quadratmeter am Wohnungsmarkt erhältlich seien, lobt Roth.