Er begann erst mit 40 Jahren zu malen und nannte seine Werke stets bescheiden „Bildchen“: Literaturnobelpreisträger Hermann Hesse verstand es, nicht nur mit Worten, sondern auch mit Pinsel und Aquarellfarben umzugehen. Mehr als 100 seiner Werke, darunter zehn illustrierte Briefe, 14 Gedichte und drei Federzeichnungen sind ab Sonntag, 27. September, in der Städtischen Galerie zu sehen (siehe Infokasten).

Hinter der städtischen Galerie liegt kein einfaches Jahr. Zum Jahresende 2019 hatte Galerieleiterin Vanessa Charlotte Heiland das Lovis-Kabinett nach nur eineinhalb Jahren verlassen, kaum hatte das neue Jahr begonnen, kam Corona. Seit Heitlands Weggang leitet Kulturamtsleiter Andreas Dobmeier die Galerie interimsmäßig.
Kein leichtes Unterfangen, wie er sagt. Die Hesse-Ausstellung gehe auf eine Idee von Kunsthistoriker Johann-Karl Schmidt zurück, den er vor einiger Zeit wieder einmal getroffen habe. Schmidt brachte dabei Hesse ins Spiel. „Und als Hesse-Bewunderer war ich spontan angetan“, so Dobmeier. Die Vielzahl der Werke – Hesse hat eine Lebenskrise mit rund 3000 Aquarellen zu bewältigen versucht – habe ihn selbst erstaunt.

Für Hesses Werkschau hat Dobmeier ein wohlbekanntes Gesicht der doppelstädtischen Kunstszene mit ins Boot geholt. Wendelin Renn, langjähriger Leiter der Galerie und momentan in der Freistellungsphase seiner Altersteilzeit, sagte spontan seine Unterstützung zu.
Klassiker der Weltliteratur
Warum Hesse? „Neben Thomas Mann war Hesse der wohl bedeutendste deutschsprachige Autor des 20. Jahrhunderts“, sagt Dobmeier. Hesses Werke, darunter Klassiker der Weltliteratur wie „Siddharta“, „Narziss und Goldmund“ oder der „Steppenwolf“ wurden in mehr als 60 Sprachen übersetzt. Hesses Werk sei sehr authentisch, sagt Dobmeier. Stets habe sich der Literaturnobelpreisträger des Jahres 1946 mit sich selbst und der Suche danach auseinandergesetzt.

Flankiert wird die Ausstellung von 20 Farblithografien von Milton Glaser, der diese im Auftrag eines New Yorker Verlags für Hesse-Titel entwarf und drei Andy-Warhol-Lithografien, die 1984 im Auftrag des Suhrkamp-Verlags geschaffen wurden. Hesse ist übrigens bereits der zweite Literaturnobelpreisträger, dem das Lovis-Kabinett eine Ausstellung widmet: 2009 wurde „Tuschmalerei 1983-1993“ von Gao Xingjian gezeigt. Der chinesischstämmige Erzähler, Regisseur, Maler, Übersetzer und Dramatiker hatte den Preis im Jahr 2000 erhalten.